Vater klagt an: Behinderte bieten sich als Prostituierte an

Behindertenparkplatz
Foto: © epd-bild / Joker / Hartwig Loh/Hartwig Lohmeyer
Behinderte Bewohner der Diakonie Himmelsthür in Niedersachsen sollen sich prostituiert haben.
Vater klagt an: Behinderte bieten sich als Prostituierte an
Bessern behinderte Bewohner der Diakonie Himmelsthür in Niedersachsen mit Prostitution ihr Taschengeld auf? Ein schwerwiegender Vorwurf, dem Einrichtung und Polizei nun mit Hochdruck nachgehen.

Aufgrund der Behauptung, Behinderte der Diakonie Himmelsthür in Hildesheim gingen der Prostitution nach, hat die Polizei nun Ermittlungen aufgenommen. "Die Polizei nimmt das sehr ernst", sagte der Direktor der größten niedersächsischen Behinderteneinrichtung, Ulrich Stoebe, am Sonntag dem epd.

Zigaretten als Bezahlung

Nach einem Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom Samstag hatte der Vater einer Himmelsthür-Bewohnerin entsprechende Vorwürfe erhoben. Mehrere Betreuer und ein ehemaliger Zivildienstleistender bestätigten der Zeitung gegenüber die Darstellung des Vaters. Der Zivi sprach von einem "offenen Geheimnis". In den Aussagen tauchen wiederholt Hinweise auf, dass Zigaretten als Bezahlung für Sex verwandt worden seien. "Schwarze Zuhälterlimousinen" seien vor den Wohnanlagen im Hildesheimer Stadtteil Sorsum beobachtet worden, die mehrere Frauen mitgenommen hätten.

Die erwachsene Tochter des Mannes, der den Stein ins Rollen brachte, sei aber nicht selbst betroffen, hieß es. Der Vater hatte nach Zeitungsangaben auch behauptet, dass sich Behinderte am Hildesheimer Hauptbahnhof angeboten hätten. "In dieser Richtung haben wir bisher nie Auffälligkeiten beobachtet", sagte ein Sprecher der Polizei in Hildesheim am Sonntag dem epd.

Gespräche mit Bewohnern erbrachten bisher keine Hinweise

Beamte nahmen am Samstag über Stunden Zeugenaussagen von Stoebe und der Himmelsthür-Regionalchefin Judith Hoffmann auf. "Wir haben ein ureigenes Interesse, dass die Sache aufgeklärt wird", betonte Stoebe. Die evangelische Einrichtung werde deshalb in enger Zusammenarbeit mit der Polizei jede Hilfe leisten, um herauszufinden, ob an den Aussagen etwas dran sei oder nicht.

Himmelsthür habe am 9. Januar von den Vorwürfen erfahren und sich dann selbst auf den Weg gemacht, um sie zu prüfen, sagte Einrichtungssprecherin Ute Quednow dem epd. Aus den Gesprächen mit Bewohnern und Beschäftigten hätten sich aber bisher keine Hinweise ergeben. Es könne auch sein, dass die Vorwürfe "in sich zusammenfallen".

Ein Polizeisprecher ergänzte, die Polizisten ermittelten von Amts wegen und suchten konkrete Anhaltspunkte. Es gehe darum, die Vorwürfe "zu verdichten oder zu entkräften". Der Sachverhalt sei "eindeutig strafrechtlich relevant", erläuterte Stoebe. Der sexuelle Missbrauch behinderter sogenannter "widerstandsunfähiger" Menschen ist eine Straftat und wird laut Paragraf 179 des Strafgesetzbuches mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet. Schon der Versuch ist strafbar.

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Zur 1884 gegründeten Diakonie Himmelsthür mit Hauptsitz in Hildesheim gehören landesweit 20 Standorte mit rund 2.000 Wohnplätzen für behinderte Menschen und 2.400 Mitarbeitern. In Hildesheim und Umgebung sind es 860 Bewohner und 800 Beschäftigte.