Vornamen: Warum der Messias nicht wie ein Ikea-Regal heißt

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Foto: dpa/Uli Deck
Vornamen: Warum der Messias nicht wie ein Ikea-Regal heißt
Jesus entstammte zwar der Familie eines Zimmermanns, wurde aber trotzdem nicht nach einem Holzregal benannt. Bei der Namensgebung ihrer Kinder können Eltern vieles richtig, aber auch eine ganze Menge falsch machen - Stichwort "Kevinismus". Wie hat sich die Mode bei Vornamen gewandelt, was sind die rechtlichen Bestimmungen?

Bei Jesus war es ganz einfach. "Einen Sohn wirst du gebären", sagte der Engel zu Maria, "dem sollst du den Namen Jesus geben" (Lukas 1,31). Das war der werdenden Mutter vermutlich ganz recht, denn für eine langwierige Namensfindung blieb in Bethlehem wenig Zeit. Die Reise von Nazareth in die Gegend von Jerusalem und die Geburt im Stall waren anstrengend genug. Maria und Josef hatten andere Sorgen, als sich über den Vornamen des Neugeborenen, den sie in eine Krippe legten, Gedanken zu machen.

Ein Kind zu benennen, stellt für Eltern eine große Herausforderung dar. Der Nachname ist nicht das Problem, er ist vorgegeben. Seit dem Mittelalter gibt es Familienbezeichnungen, sie verweisen auf Beruf, Eigenschaften oder Herkunft ihrer Träger. Aber der Vorname? Da gibt es große Freiheit, und ebenso groß ist die Gefahr, daneben zu liegen. Hinter dem Namen verstecke sich "ein ganzes Programm", sagt der Leipziger Professor Peter Ernst. "Alle Eltern wollen damit etwas Bestimmtes ausdrücken, ihren Stil, ihre Erwartungen, ihr Wertesystem."

Welche Konflikte die Namensgebung im engeren Umfeld heraufbeschwören kann, zeigte vor kurzem die wunderbare französische Komödie "Der Vorname". Der Popsänger Patrick Bruel spielt darin einen werdenden Vater, der sich für "Adolphe" entschieden hat. Darf man ein Kind nach dem Massenmörder Hitler nennen, wenn auch in der französischen Version des Namens? Die Diskussion darüber bringt eine ganze Reihe latenter Familienkonflikte zur Explosion.Gezeigt wird in dem Film nicht zuletzt, welche Emotionen Namen hervorrufen können. "Adolf" ist in Deutschland nicht verboten, auch wenn man keinem Kind wünscht, so zu heißen – ebenso wenig wie "Lou Sulola", "Peaches Honeyblossom" oder "Pilot Inspector". Promis wie Heidi Klum, Bob Geldorf und Jason Lee nennen ihren Nachwuchs so.

"London" erlaubt, "Borussia" verboten

An deutschen Standesämtern hätten sie für ihre fantasievollen Kreationen, die die Kinder ein Leben lang mit sich herumschleppen, wohl ein Kopfschütteln geerntet. Doch auch hierzulande ist die Bandbreite der zulässigen Namen größer als gemeinhin angenommen. Grundsätzlich gilt, dass der Kindsname innerhalb eines Monats festzulegen ist und sich von jenem der Geschwister unterscheiden muss. Wird nicht eindeutig klar, ob es sich um Mädchen oder Junge handelt, wie bei "London", "River" oder "Zeta", muss ein weiterer "geschlechtseindeutiger" Vorname gewählt werden. Verboten sind hingegen Bezeichnungen wie "Borussia", "Lindbergh" oder "Woodstock".

Bei Vornamen gibt es Modewellen. Um 1970 nannte man sein Kind Markus, Stefan oder Karin, später hieß der Nachwuchs Anna, Sophie oder Max. Heute geht der Trend wieder zu Urgroßelternnamen wie Johanna, Wilhelm oder Heinrich – zumindest in gutsituierten Familien. Das Gegenteil sind die vielen Jacquelines, Chantals oder Kevins. Wer so heißt, gilt bei Lehrern als verhaltensauffällig und lernschwach, wie Studien ergeben haben. "Kevinismus" wird scherzhaft als Krankheit verstanden. Den Patron von Dublin, Kevin von Glenalough, kann man dafür nicht verantwortlich machen. Zudem trug der Erfolg eines schwedischen Möbelgiganten in Deutschland dazu bei, dass Kinder reihenweise nach Ikea-Regalen benannt wurden: Tjark, Bjarne, Knut.

Jesus, immerhin Sohn eines Zimmermanns und selbst in diesem Beruf ausgebildet, hatte Glück, dass es die betreffende Firma seinerzeit noch nicht gab. Der hebräische Name Jeschua kommt vermutlich vom Wort "jasa", retten. Entsprechend prophezeit der Engel, der Sohn Mariens solle Jesus heißen, "denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen" (Matthäus 1,21). In Deutschland war der Vorname übrigens lange Zeit nicht zugelassen. Seit einem Urteil des Frankfurter Oberlandesgerichts von 1998 ist das anders. Eltern können ihr Kind seither wie den Messias nennen.