Hoffnung glitzert

Hoffnung glitzert
mit Pfarrerin Stefanie Schardien
01.01.2022 - 23:25
28.12.2020
Stefanie Schardien

Heute Nacht…. um 0:01 Uhr…. habe ich draußen bei uns im Pfarrhof gestanden, mit einer Wunderkerze in der Hand und hab ein Stoßgebet zum Himmel geschickt: Gott, soll das so?? Soll das wirklich alles so?? Das Gebet war neu – die Wunderkerze war wie immer. Denn an Silvester brauche ich nicht mehr. Schon immer! Als letztes Jahr das Feuerwerk verboten war, da stand ich auch mit meiner Wunderkerze da, aber eben ohne Stoßgebet. Letztes Jahr, da war ich mir in der Silvesternacht total sicher: Zeit für Optimismus – Yeah, die Impfung ist da. Das wird alle wieder fröhlich und freundlich stimmen. Bald sind wir raus aus dem Schlamassel und dem ganzen Elend. Gott sei Dank. Jetzt geht es bergauf.

Diesmal geh ich ganz anders ins neue Jahr. Leiser. Skeptischer: Gott, soll das so? Der Optimismus? Den muss ich suchen, irgendwo zwischen der Aussicht auf neues Homeschooling und der Sorge, wer seine Geschäfte aufgeben oder wer schwer erkranken wird, suchen zwischen dem Kopfschütteln über diesen kleinen, immer aggressiveren Haufen in unserem Land und der Frage, wer eigentlich noch Kraft hat, sich um die vielen humanitären Katastrophen in der Welt zu kümmern. Richtig handfeste Gründe zum optimistischen Blick auf 2022?

Trotzdem, trotzdem. Die Wunderkerze hab ich angezündet. Weil sie für mich ein Hoffnungsbild ist. Mehr als Funken. Weil dieser olle kleine schwarze Stab anfängt zu leuchten. Hoffnung – das ist der Glitzer über dem Leben, auch wenn es ringsum zappenduster ist. Vielleicht gerade dann. Glitzernde Momente, oft nur klein und flüchtig, die mich froh machen. Hoffnungsfroh. Weil sie mir einen kurzen Blick auf das Gute und Friedliche des Lebens geben. Trotz allem: Doch, es geht weiter.

Einen dieser Glitzermomente gibt es schon viel länger als Wunderkerzen. Ein ganz großer Moment. Beschrieben in den alten Schriften der Bibel. Ein ziemlich cooler special Effekt Gottes war das. Als Noah bei der Sintflut-Katastrophe wohl auch gefragt hat: Gott, soll das so? Da hat Gott den Regenbogen in die Wolken gehängt. Für Noah und bis heute für uns: Ein bunt-glänzendes Hoffnungszeichen am Himmel: Mehr als Physik. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Doch, es geht weiter! Ein ewiges Versprechen. In jedem Regenbogen.

Und wo sonst? Man kann ein bisschen üben, nach solchem Glitzern über dem Leben Ausschau zu halten. Ich hab es vergangene Woche nicht nur gesehen, sondern auch gehört. Als die Grundschule bei mir nebenan in die Ferien gegangen ist, da haben sich die Lehrerinnen mit allen Kindern draußen hingestellt. Einfach so, nur für sich. Zufall, dass ich da war. Was sie gerade seit Monaten in den Klassenzimmern nicht dürfen, haben sie draußen getan. Klar, mit Abstand und Maske: Sie haben angefangen zu singen, alle miteinander. Fröhlich, mit Kraft. Das war mehr als Töne und Text. Da ging ein Glitzern und Glänzen über den Schulhof. Ich hatte nicht nur auf einmal ordentlich Tränchen in den Augen, sondern hab gespürt: So kann ich ins neue Jahr gehen. Hoffnungsfroh.

Ich wünsche uns so viele glitzernde Hoffnungsmomente wie möglich für 2022. Wir können sie gebrauchen. Gehen Sie in dieses neue Jahr – hoffnungsfroh, von Gott gesegnet und behütet.

28.12.2020
Stefanie Schardien