Noch kein Geld aus Hilfsfonds an Opfer der Colonia Dignidad geflossen

Noch kein Geld aus Hilfsfonds an Opfer der Colonia Dignidad geflossen

Berlin (epd). Aus dem neuen Hilfsfonds für Opfer der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile ist bislang noch kein Geld an die Betroffenen geflossen. Wie der Evangelische Pressedienst (epd) am Donnerstag aus dem Auswärtigen Amt erfuhr, müssen zuvor noch einige praktische Fragen geklärt werden. Zum Beispiel sei eine sorgfältige Täter-Opfer-Differenzierung notwendig sowie die Schulung von Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die bei der Antragstellung helfen sollen. Das klare Ziel sei, dass noch in diesem Kalenderjahr erste Gelder fließen, hieß es.

Vor drei Monaten war das Hilfskonzept einer Gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesregierung vom Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen (SPD), in Berlin vorgestellt worden. Als Zeichen der Anerkennung ihrer Leidensgeschichte erhalten demnach Opfer der Colonia Dignidad in Chile finanzielle Unterstützung aus der Bundesrepublik. Sie sollen möglichst schnell und unbürokratisch bis zu 10.000 Euro pro Person bekommen können. Die Gesamtkosten werden auf 3,5 Millionen Euro für rund fünf Jahre beziffert.

Die Colonia Dignidad diente während der Militärdiktatur in Chile (1973-1990) als Folterzentrum des Geheimdienstes. Die Sektensiedlung sorgte auch wegen Fällen sexuellen Missbrauchs und illegalen Waffenhandels für Schlagzeilen. Sekten-Gründer Paul Schäfer starb 2010 in chilenischer Haft. Die Überlebenden leiden bis heute unter den Folgen der Gewalt, des Missbrauchs und der Sklavenarbeit. Das Auswärtige Amt erkennt an, dass deutsche Diplomaten zu wenig für den Schutz ihrer Landsleute getan haben. Rechtliche Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland sind nach Meinung der Bundesregierung aber dadurch nicht entstanden.

Mit den neuen Hilfen sollen die Folgen gemildert werden, die den Betroffenen durch ihren Aufenthalt in der Siedlung entstanden sind. Finanziert werden etwa Psychotherapien oder Leistungen zur Vorsorge und Rehabilitation, zur Pflege oder zur Weiterbildung. Außerdem sollen auch Leistungen von Pflegediensten für bedürftige Personen bezuschusst werden, die keinen Zugang zum deutschen Sozialsystem haben.

Das Angebot richtet sich an die deutschen Bewohner der Colonia Dignidad sowie an die chilenischen Staatsbürger, die als Kinder dort lebten. Straftäter sind von den Leistungen ausgeschlossen, wer Täter und wer Opfer ist, entscheiden Experten nach Gesprächen.