Bundestagsabgeordnete fordern Konsequenzen aus Mord an Lübcke

Bundestagsabgeordnete fordern Konsequenzen aus Mord an Lübcke

Berlin (epd). Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen rechtsextremen Täter hat am Donnerstag auch den Bundestag beschäftigt. Dabei verwiesen Politiker der SPD, der Grünen, von FDP und Linken auf mögliche Verbindungen zu den Morden des rechtsextremistischen NSU und verlangten die vollständige Aufklärung. Die AfD warf allen anderen Parteien vor, das Gedenken an den Kasseler Regierungspräsidenten für Angriffe auf sie zu missbrauchen.

Die neue Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) verlangte: "Wir müssen den Verfolgungsdruck auf rechtsextremistische Gruppen erhöhen." Sie werde in ihrem Amt aber dafür einstehen, dass dies nicht zu Lasten der Grundrechte gehe. Sie machte Hassreden und Intoleranz mitverantwortlich für politisch motivierte Gewalt.

Der frühere Parteichef der SPD, Sigmar Gabriel, forderte, die Akten aus dem NSU-Verfahren müssten ausgewertet werden, statt sie für 40 Jahre unter Verschluss zu stellen: "Wer auf solche Gedanken kommt, muss nicht ganz bei Trost sein", sagte Gabriel. In diesen Akten seien Hinweise auf die Verbindungen in den rechten Netzwerken zu finden. Von der Politik forderte Gabriel eine kühle und konsequente, auf Dauer angelegte Reaktion auf den Rechtsextremismus und rechte Gewalt. Er warnte davor, die Gefahr zu unterschätzen: "Der Feind der Demokratie steht heute rechts", sagte er.

Der Innen-Experte der AfD-Fraktion, Martin Hess, forderte die übrigen Parteien auf, "rhetorisch abzurüsten". Auch die AfD lehne Extremismus und Terrorismus ab, "auch den Rechtsextremismus", sagte Hess. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae forderte die Bildung von Schwerpunktbehörden, um Extremisten zu bekämpfen. Der Innen-Experte der Grünen, Konstantin von Notz, sagte, eine der zentralen Fragen für die Ermittler in Hessen müsse sein, ob altbekannte rechtsextremistische Strukturen wie der NSU weiterbestünden: "Die Hinweise verdichten sich stündlich", sagte von Notz. Die Vielzahl und Militanz rechtsradikaler Netzwerke müsse Behörden und Politik "hochgradig alarmieren".

Von Notz, Lambrecht, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden von SPD und Union, Eva Högl und Thorsten Frei (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) attestierten den Ermittlern im Fall Lübcke indes professionelle Arbeit. Seehofer sagte, auch nach dem Geständnis von Stephan E. werde weiter ermittelt. Anders als in früheren Fällen verfolge man eben nicht die Einzeltäter-These, betonte der CDU-Politiker Frei.

Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war Anfang Juni an seinem Haus ermordet worden. Der in Untersuchungshaft genommene tatverdächtige Neonazi Stephan E. hat die Tat gestanden. Das Trio des neonazistischen NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) ermordete zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen, neun von ihnen, weil sie einen Migrationshintergrund hatten.