Filmkritik: "The Interview"

Foto: epd/Sony Pictures Germany
Filmkritik: "The Interview"
Der Diktator war nicht amüsiert - Nun doch ganz regulär im Kino: Seth Rogens und Evan Goldbergs grobe Mediensatire "The Interview" erweist sich als Jungenstreich, der Mühe hat, den hohen Erwartungen gerecht zu werden.
04.02.2015
epd
Jörg Buttgereit

Für die nordkoreanische Staatführung ist "The Interview" eine "unverzeihliche Verhöhnung unserer Staatshoheit und der Würde unseres obersten Führers". Der politische Wirbel hat dem Film von Regisseur Seth Rogen und Koregisseur Evan Goldberg schon vor dem Erscheinen hohe Aufmerksamkeit beschert. Indes kann die Satire um Dikator Kim Jong Un die Erwartungen nicht erfüllen und leidet unter dem postpubertären Humor der Drehbuchschreiber. 

Die Ausgangslage: Aaron Rapaport (Seth Rogen) ist erfolgreicher Produzent der Boulevard-TV-Show "Skylark Tonight". Regelmäßig werden hier von Showmaster Dave Skylark (James Franco) die Geheimnisse und Verfehlungen der Stars ausgeplaudert und breitgetreten. Als der weiße Rapper Eminem live in der Show verkündet, er sei schwul, schießen die Einschaltquoten in den Himmel. Sogar der nordkoreanische Führer Kim Jong Un (Randall Park) outet sich als Fan der Show.

Da die beiden dummdreisten Kindsköpfe Rapaport und Skylark endlich als seriöse Journalisten wahrgenommen werden wollen, laden sie den Diktator in ihrer naiven Überheblichkeit zum Interview in ihre Show. Der fühlt sich tatsächlich gebauchpinselt und sagt zu. Allerdings nur, wenn das Interview in Pjöngjang stattfindet und alle Fragen von Kim vorgegeben werden.

Eine Kröte, die Skylark und Rapaport bereit sind zu schlucken für die Aufmerksamkeit und Anerkennung im seriösen Journalistenolymp, die das politisch brisante Interview "im gefährlichsten Land der Welt" verspricht. Doch nun insistiert die CIA, die beiden Fernseh-Fuzzis sollten bei der Gelegenheit doch gleich ein Attentat auf Kim verüben: Beim Händeschütteln soll er mit einem präparierten Pflaster in der Handfläche von Rapaport vergiftet werden.

Seth Rogen und sein Koregisseur Evan Goldberg gehen in ihrem Film "The Interview" ähnlich unsensibel vor wie die beiden Journalisten, von denen sie erzählen. In einem sowjetischen Panzer, einem Geschenk von Stalin, kommen sich der Moderator und der Diktator in ihrer Einfältigkeit näher. Sie hören amerikanische Pophits und feuern übermütige Salven in den Wald. Nach einem ausgelassenen Saufgelage mit Kims Harem hat Skylark jedoch Skrupel, seinen neuen Freund Kim zu töten.

Im Finale, nachdem die beiden Journalisten als Attentäter enttarnt sind und als Vergeltung nordkoreanische Atomraketen auf Amerika abgefeuert werden sollen, schießen die beiden Dumpfbacken - "in Notwehr" - den Hubschrauber des flüchtenden Diktators mit dessen Lieblingspanzer ab. Kim Jong Un verglüht in der Feuersbrunst.

Bester Onlinefilmstart in der Geschichte

"The Interview" ist eine derbe Komödie, deren politische Relevanz und Originalität unter dem spätpubertären Fäkalhumor von Rogen und Franco leidet. Nachdem die nordkoreanische Regierung den Film in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon als "unverhohlene Förderung des Terrorismus sowie eine Kriegshandlung" gebrandmarkt hat und ein bedrohlicher Hackerangriff auf die Produktionsfirma Sony den gesamten Konzern erschüttert hatte, wurde der US-Filmstart zunächst abgesagt.

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Als Präsident Barack Obama kritisierte: "Wir können nicht in einer Gesellschaft leben, in der irgendein Diktator irgendwo anfängt, in den USA Zensur auszuüben", wurde der Film dann doch am ersten Weihnachtstag in 300 unabhängigen US-Programmkinos gezeigt. Außerdem war er zeitgleich auf diversen Onlinekanälen verfügbar und hat Sony den besten Onlinefilmstart in seiner Geschichte beschert.

USA 2014. Regie: Evan Goldberg, Seth Rogen. Buch: Dan Sterling. Mit: James Franco, Seth Rogen, Lizzy Caplan, Randall Park, Diana Bang. Länge: 112 Minuten. FSK: ab 12 Jahre.