Schäuble stellt Personal für Mindestlohnkontrollen infrage

Schäuble stellt Personal für Mindestlohnkontrollen infrage
Der auf Drängen der SPD eingeführte gesetzliche Mindestlohn sorgt weiter für Streit in der Koalition. Nun gießt Finanzminister Schäuble Öl ins Feuer.

Einen Monat nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland spitzt sich der koalitionsinterne Streit über Dokumentationspflichten für die Arbeitgeber und Kosten für die Kontrollen zu. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte den Umfang der Kontrollen durch den Zoll infrage, um mehr Geld für die Terrorabwehr zur Verfügung zu stellen. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi kritisierte den Streit "als völlig gaga" und wandte sich gegen einen "Mindestlohn light". Auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, lehnte einen Verzicht auf die strengen Dokumentationspflichten für Unternehmen ab.

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Schäuble sagte dem Nachrichtenportal "Welt online" (Samstag): "Wenn wir in Deutschland mehr Personal im Sicherheitsbereich brauchen, würde ich, zum Beispiel, darüber diskutieren, ob wir wirklich so viel Personal bei der Kontrolle eines im internationalen Vergleich sehr komplizierten Mindestlohns brauchen oder ob wir nicht sagen, andere Prioritäten wie die Polizei sind jetzt wichtiger." Die Zahlung des seit 1. Januar geltenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde und die entsprechenden Dokumentationen durch die Arbeitgeber werden vom Zoll kontrolliert. Dazu hat die Bundesregierung 1.600 neue Mitarbeiter vorgesehen.

Fahimi sprach in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagsausgabe) angesichts der Kritik an der Arbeitszeiterfassung von einer "jammernden" Unternehmer-Lobby. Die SPD werde nicht zulassen, dass laut Gesetz zwar 8,50 Euro pro Stunde Mindestlohn gezahlt werden müssen, die Stunde in manchen Unternehmen aber plötzlich 90 Minuten habe. Einen Vorschlag von CDU-Generalsekretär Peter Tauber, sie solle sich während eines Betriebspraktikums den Bürokratieaufwand durch das Mindestlohngesetz anschauen, wies sie zurück. Anders als Tauber habe sie ihr Arbeitsleben "nicht fast ausschließlich in der Politik oder in Banken verbracht".

DGB-Chef Hoffmann sagte am Samstag im Inforadio des RBB, er verstehe überhaupt nicht, warum wenige Tage nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes "aus bestimmten politischen Kreisen oder bestimmten Unternehmen mit Riesengeschützen dagegen geschossen wird". Wenn man zum Beispiel im Internet Waren bestelle, werde man ständig über den Verlauf der Paketsendung informiert. Deshalb müsse auch eine Arbeitszeiterfassung möglich sein. "Dass das ein bürokratisches Monster sein soll, irritiert mich sehr", sagte Hoffmann.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will laut "Spiegel" an den umstrittenen Dokumentationspflichten nicht rütteln. Allerdings habe sie der Schausteller-Branche Erleichterungen in Aussicht gestellt, berichtet das Hamburger Nachrichtenmagazin. Sie wolle sich bei Finanzminister Schäuble dafür einsetzen, dass die Unternehmen des Gewerbes während der Saison künftig Kost und Logis für ihre Beschäftigten auf den Mindestlohn anrechnen können. Entsprechende Regelungen gibt es bereits für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft.