Schrei nach Freiheit und Toleranz

Schrei nach Freiheit und Toleranz
Europas Regierungschefs wollen am Sonntag mit Hunderttausenden Franzosen in demonstrieren
Aus ganz Europa kommt politische Prominenz nach Paris. Es soll eine eindrucksvolle Demonstration gegen den Terror werden. Im Entsetzen über die Anschläge rückt Frankreich zusammen. Nur Le Pen erklärt: "Ich bin nicht Charlie".

In Frankreich haben am Samstag erneut rund 100.000 Menschen gegen Terrorismus demonstriert. In Toulouse gingen nach Schätzungen der Polizei um die 30.000 Menschen auf die Straßen, in Orléans etwa 20.000. Für diesen Sonntag ist eine Großkundgebung in Paris geplant, zu der Hunderttausende Teilnehmer und viele ausländische Politiker erwartet werden, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Der "republikanische Marsch" soll die Einigkeit im Widerstand gegen den Terror nach dem Anschlag auf die satirische Zeitschrift "Charlie Hebdo" und den Geiselnahmen in Paris demonstrieren. Zahlreiche europäische Staats- und Regierungschefs haben sich angesagt, um an der Seite von Präsident François Hollande auf die Straße zu gehen.

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Bundeskanzlerin Merkel sagte: "Ich glaube, es ist ein wichtiges Zeichen deutsch-französischer Freundschaft, dass wir in diesen Stunden zusammenstehen." Auch der britische Premierminister David Cameron sowie die Ministerpräsidenten Italiens und Spaniens, Matteo Renzi und Mariano Rajoy, wollen unter dem Banner "Je suis Charlie" (Ich bin Charlie) teilnehmen.

"Ich werde Sonntag in Paris sein", schrieb auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, auf seiner Facebook Seite. Mit ihm kommen die Präsidenten des Europäischen Rats und der EU-Kommission, Donald Tusk und Jean-Claude Juncker. Unter anderem werden auch die Regierungschefs Finnlands, der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs, Maltas und sogar Tunesiens erwartet. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hat sich ebenfalls angesagt.

Sofort nach dem Terrorangriff auf "Charlie Hebdo" am Mittwoch hatten in Frankreich politische Parteien - außer dem rechtsextremen Front National - zu dem "republikanischen Marsch" aufgerufen, zusammen mit Gewerkschaften und Anti-Rassismus Gruppen. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, der heute die Oppositionspartei UMP leitet, erklärte ebenfalls, er werde an der Seite seines Nachfolgers demonstrieren.

"Die Terroristen haben unsere Religion zur Geisel gemacht"

Auch Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche, des Judentums und des Islams forderten zur Teilnahme auf. "Die Terroristen haben unsere Religion zur Geisel gemacht", sagte Hassen Chalgoumi, der Imam von Drancy, einer Vorstadt von Paris. Er fügte hinzu, dass die "Muslime in Frankreich nichts mit diesen Barbaren zu tun haben".

Die Präsidentin des Front National, Marine Le Pen erklärte, ihre Partei sei von dem Solidaritäts- und Gedenkmarsch "ausgeschlossen worden", und wolle nicht dabei sein. Ihren Wählern lasse sie aber die Wahl. Beim Front National war von einer "Gegeninitiative" die Rede, ohne dass bisher Details genannt wurden. Der Gründer und Ehrenpräsident der Partei, Jean-Marie Le Pen, gab am Samstag früh den Ton mit einem Video vor: "Es tut mir leid, aber ich bin nicht Charlie."

Nach dem blutigen Ende der Geiselnahmen am Freitag hatte auch Hollande in einer Fernsehansprache definitiv erklärt, dass er bei der Demonstration dabei sein werde. Premierminister Manuel Valls rief am Samstag nochmal alle Franzosen zum Mitmachen auf: "Das wird eine unglaubliche Demonstration", zeigte er sich überzeugt. Eine Demonstration, "die die Stärke und die Würde des französischen Volks zeigen soll, das seine Liebe zur Freiheit und zur Toleranz herausschreien wird".

Die Demonstration soll am Sonntag um 15 Uhr an der Place de la République in Paris starten. Da mehrere Hunderttausend Menschen erwartet werden, sind drei Routen vorgesehen. Im ganzen Großraum Paris werden die öffentlichen Verkehrsmittel am Sonntag kostenlos sein. Auch in vielen anderen französischen Städten sind Demonstrationen geplant.

Innenminister Bernard Cazeneuve sicherte nach einer Sitzung im Elysée-Palast größtmögliche Sicherheit zu. "Die Franzosen sollen wissen, dass alle Vorkehrungen getroffen werden damit die Demonstration im Namen des Respekts und der Andacht, aber auch sicher, verlaufen kann", sagte der Minister.

Dennoch ist eine gewisse Panik nach drei Tagen Terror im Land nicht ausgeschlossen. Am Samstag erwies sich eine angebliche Schießerei vor einer Synagoge im Nordosten von Paris als falscher Alarm. Die Polizei hatte den Ort schon verriegelt und die Gläubigen waren in ihrem Gotteshaus eingeschlossen worden.