Wahrheitskommission legt Bericht über Diktatur in Brasilien vor

Foto: dpa/DB API
Militärs haben während des Putsches im Mai 1964 mit Panzern vor dem Kriegsministerium Stellung bezogen.
Wahrheitskommission legt Bericht über Diktatur in Brasilien vor
Knapp 30 Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur in Brasilien werden die Verbrechen der Junta erstmals offiziell untersucht.

Eine von Präsidentin Dilma Rousseff eingesetzte Wahrheitskommission will am Mittwoch ihren Abschlussbericht vorlegen. Der Report wird mit Spannung erwartet. Denn die Kommission will rund 300 Namen von Militärs, Polizisten und Regierungsbeamten nennen, die für schwere Verbrechen verantwortlich sein sollen.

Während der Diktatur (1964-1985) wurden offiziell 463 Menschen getötet. 160 werden noch immer vermisst. Mehr als 100.000 Menschen wurden aus politischen Gründen inhaftiert. Die Zahl der Folteropfer wird auf 50.000 geschätzt. Die Kommission war 2012 von Rousseff gebildet worden. Die Sozialistin saß selbst als politisch Verfolgte knapp zwei Jahre im Gefängnis und wurde nach eigenen Angaben dort auch gefoltert.

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Für den Leiter der Kommission, Pedro Dallari, sind die Diktaturverbrechen keine einzelnen Straftaten, wie die Militärs dies darstellten. Folter und andere Menschenrechtsverletzungen seien vielmehr Politik des Staates gewesen mit klaren Regeln und Kommandostrukturen, sagte er.

Der Bericht wird voraussichtlich auch die Diskussion über das seit 1979 geltende Amnestiegesetz neu entfachen, das die Verantwortlichen und Täter vor Strafverfolgung schützt. 2009 hatte das Oberste Gericht eine Aufhebung des Gesetzes abgelehnt. Opfer der Diktatur hoffen auf Rehabilitierung und eine Bestrafung der Verantwortlichen.

In den Anhörungen vor der Kommission bekannten sich erstmals Militärs dazu, gefoltert zu haben. Ein pensionierter Oberst hatte detailliert berichtet, wie politische Gefangene getötet und die Leichen anschließend versteckt wurden. Der Wahrheitskommission wurde immer wieder der Zugang zu Militärarchiven verwehrt. Dennoch wies sie nach, dass die Marine 1993, acht Jahre nach der Rückkehr zur Demokratie, eine Reihe von brisanten Dokumenten vernichtet hatte.

Auf Antrag der Wahrheitskommission und der Staatsanwaltschaft wurden im vergangenen Jahr auch die sterblichen Überreste von João Goulart exhumiert, des letzten demokratisch legitimierten Präsidenten vor dem Militärputsch. Gerichtsmediziner sollen klären, wie er 1976 im argentinischen Exil zu Tode kam.

Nach Angaben des Militärs starb er an einem Herzinfarkt. Nach anderen Versionen wurde er vergiftet von Agenten der sogenannten Operation Condor. Unter diesem Decknamen gingen die Geheimdienste der Militärregime von Argentinien, Chile, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gemeinsam gegen ihre Gegner vor.