Bundesverwaltungsgericht setzt Sonntagsarbeit enge Grenzen

Bundesverwaltungsgericht setzt Sonntagsarbeit enge Grenzen
An Sonntagen Videos und Bücher ausleihen - das muss aus Sicht der obersten deutschen Verwaltungsrichter nicht sein. Die Niederlage Hessens vor Gericht könnte auch andernorts Sonntagsarbeit eindämmen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot der Sonntagsarbeit gestärkt. So dürfen an Sonn- und Feiertagen zunächst in Hessen keine Videotheken und öffentlichen Bibliotheken mehr öffnen, zudem wurde Call-Centern sowie Lotto- und Toto-Gesellschaften der Betrieb an den geschützten Ruhetagen untersagt. Die Arbeit in diesen Branchen sei am Sonn- und Feiertag nicht nötig, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen, urteilten die obersten deutschen Verwaltungsrichter am Mittwoch in Leipzig (AZ: BVerwG 6 CN 1.13).

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Das Urteil gilt zunächst für Hessen, dürfte aber weitreichende politische Folgen haben. Die Ausnahmen hatte die hessische Landesregierung in einer sogenannten Bedarfsgewerbeverordnung festgehalten. Solche Regelungen gibt es auch in allen anderen Bundesländern. Bernhard Schiederig von der Gewerkschaft ver.di in Hessen sagte, nun müssten auch die anderen Länder ihre Verordnungen überprüfen. 

Konkret beriet das Gericht über sechs Punkte der Rechtsverordnung. Darin wurde - jeweils zeitlich oder saisonal eingeschränkt - die Sonn- und Feiertagsarbeit von Videotheken, Bibliotheken, Eisherstellern, Call-Centern, Lotto- und Totogesellschaften sowie der Getränkeindustrie und dem Buchmachergewerbe erlaubt. Strittig war, ob die Verordnungen in der Form erlassen werden durften oder ob sie zu weitreichend waren.

Verfügbarkeit an Sonn- und Feiertagen nicht notwendig

Die Richter entschieden, dass die Verfügbarkeit von Videotheken und Bibliotheken am Sonn- und Feiertag nicht notwendig ist. Zwar würden Filme und Bücher gern an diesen Tagen genutzt, die Ausleihe könne aber schon vorher erfolgen. Ebenfalls gekippt wurde die Regelung zu den Lotto- und Totogesellschaften. Auch die Ausnahme zu den Call-Centern wurde für nichtig erklärt, da sie sehr weit gefasst war und praktisch alle Dienstleistungsbetriebe einschloss.

Den Streit über die Getränkeindustrie und die Eishersteller wurde an den hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Dieser hatte die Ausnahme streichen wollen, weil er der Ansicht war, dass eine solch weitreichende Regelung nur durch den Bundesgesetzgeber getroffen werden dürfe. Dem widersprach das Bundesverwaltungsgericht, wollte in der Sache aber trotzdem nicht urteilen. Es sei bisher nämlich nicht ausreichend geklärt worden, welche Folgen ein Arbeitsverbot auf die Branchen haben könnte, zum Beispiel bei Hitzeperioden.

Nur beim Buchmachergewerbe hatte das Land Hessen bei seiner Revision Erfolg. Hier sahen die Richter es als erwiesen an, dass sich der Wortlaut der Verordnung auf Sportwetten im Rahmen einer sonntäglichen Veranstaltung bezog, was genehmigungsfähig sei.

Geklagt hatten neben ver.di zwei evangelische Dekanate in Hessen. Der Präses der Synode des Dekanats Vorderer Odenwald, Michael Vollmer, sagte, in Zeiten der Ökonomisierung sei es wichtig, dass die Sonn- und Feiertage geschützt blieben. Die Gesellschaft brauche zumindest einen Tag in der Woche, "wo alle zusammenkommen können", ob in der Kirche oder im Fußballverein, erklärte Vollmer.

Nach Angaben der Bundesregierung aus diesem Frühjahr arbeiteten im Jahre 2012 insgesamt 28,6 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland regelmäßig oder gelegentlich an Sonn- oder Feiertagen. 1992 waren es noch 20,6 Prozent gewesen.