Filmkritik: "Madame Mallory und der Duft von Curry"

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Filmkritik: "Madame Mallory und der Duft von Curry"
Krieg der Töpfe: Indische Spezialitäten in Frankreich: In Lasse Hallströms Film "Madame Mallory und der Duft von Curry" nach einem Bestseller von Richard C. Morais steht das Essen im Mittelpunkt. Es überwindet kulturelle Grenzen - nach einigen Anlaufproblemen.
20.08.2014
epd
Gerhard Midding

Die Darstellung bestimmter Genüsse ist eine Wette, auf die sich das Kino wacker einlässt, obwohl es sie eigentlich von vornherein verloren hat. Während die Erotik in der Regel vor allem Schauwert bleiben darf, muss das Kochen stets auch als Metapher dienen.

"Essen ist Erinnerung", heißt es einmal in Lasse Hallströms "Madame Mallory und der Duft von Curry". Der Film, die Adaption eines Bestsellers von Richard C. Morais, nimmt die Redewendung ernst, der zufolge die erste Sehnsucht der Migranten der heimischen Küche gilt. "Man kocht mit Geistern", gab seine Mutter dem jungen Hassan (Manish Dayal) mit auf den Weg, bevor sie dem Feuer zum Opfer fiel, das religiöse Fanatiker im Restaurant der Familie in Mumbai legten. Nun versucht die Familie unter Führung des listigen Papa (Om Puri), in Europa eine neue Heimat zu finden. Dabei lässt sie sich von ihrem Geschmackssinn leiten. England wurde als Option rasch verworfen, weil dort das Gemüse keine Seele hat. In der südfranzösischen Provinz hingegen stoßen die Naturalien auf Wohlgefallen.

Allerdings setzt es sich Papa in den Sinn, seine neue Gaststätte ausgerechnet gegenüber dem Restaurant "Le Saule Pleureur" zu eröffnen, das Madame Mallory (Helen Mirren) mit eisiger Strenge und Traditionsbewusstsein zu einem Michelin-Stern geführt hat. Sogleich entbrennt ein Krieg der Töpfe, der von beiden Seiten mit harten Bandagen geführt wird. Anfangs stößt die gastronomische Invasion aus Indien auf Argwohn unter den Bewohnern der beschaulichen Ortschaft. Der Bürgermeister (Michel Blanc), ein ebenso begabter Opportunist wie Feinschmecker, versucht, zu schlichten. Insgeheim verbrüdern sich die feindlichen Lager bereits, denn Hassan hat sich in eine der Köchinnen von gegenüber (Charlotte Le Bon) verliebt.

Integration einer fremden Kultur

Die Konfliktstellung und ihre Lösung erinnern an Lasse Hallströms ersten großen Hollywooderfolg "Chocolat". Auch hier lässt sich eine stickige Provinzgemeinschaft in Frankreich von einer kulinarischen Innovation verführen, an der sie zunächst moralischen Anstoß nahm. Das Plädoyer für Toleranz weitet "Madame Mallory und der Duft von Curry" auf das Terrain der Integration einer fremden Kultur aus. Sie darf exotisch und der gesellschaftliche Kontext unverfänglich bleiben. Der Kampf um kulturelle Identität beschränkt sich auf die Küche. Diese Engführung ist praktisch, denn im Kern erzählt der Film eine inspirierende Heldenreise: Hassan sucht seinen Platz in der Welt. Aber wie würde diese Reise verlaufen, wenn dieser Migrant keine außerordentliche Begabung besäße?

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Hallström konzentriert sich auf die märchenhaften Züge der Geschichte. Die Kamera schwelgt nicht nur, wenn sie das Kochen zeigt. Die Sonne scheint über dieser Landschaft häufiger und malerischer unterzugehen als anderswo. Und man gewinnt den Eindruck, das Feuerwerk zum 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, würde mehr als einmal im Jahr entfacht.

USA 2014. Regie: Lasse Hallström. Buch: Steven Knight (nach einem Roman von Richard C. Morais). Mit: Helen Mirren, Charlotte Le Bon, Manish Dayal, Om Puri, Amit Shah. Länge: 117 Minuten. FSK: ohne Altersbeschränkung.