Diskussion über Judenhass bei deutschen Nahost-Demonstrationen

Diskussion über Judenhass bei deutschen Nahost-Demonstrationen
Judenfeindliche Parolen bei den jüngsten Nahost-Demonstrationen in Deutschland haben eine heftige politische Diskussion ausgelöst. Einige Redebeiträge hätten gezeigt, "dass wir es angesichts des Krieges in Nahost mit einer neuen Form des Antisemitismus zu tun haben", sagte der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) am Montag in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der Präsident des Zentralrat der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, beklagte eine "Explosion an bösem und gewaltbereitem Judenhass". Graumann rief Politik, Gesellschaft und Medien auf, die Vorfälle klar zu verurteilen. Die neue Dimension des Antisemitismus werde viel zu wenig beachtet. Judenhass dürfe nicht verschwiegen, sondern müsse entschlossen bekämpft werden, so der Präsident. "Meinungsfreiheit ja, aber Volksverhetzung nein und niemals!"

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Bundesweit hatten am Wochenende mehrere tausend Menschen gegen die militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen protestiert. Dabei wurden auch Parolen wie "Stopp dem Völkermord", "Kindermörder Israel" oder "Zionisten sind Faschisten" gerufen. In Göttingen griffen Demonstranten die Teilnehmer einer proisraelischen Gegenkundgebung an und verletzten den Angaben zufolge mehrere Menschen. In Essen ermittelt die Polizei wegen eines geplanten Angriffs auf die örtliche Alte Synagoge.

NRW-Integrationsminister Schneider sagte, bei den Protesten werde verkannt, dass die Hamas das Existenzrecht Israels infrage stelle. Israel habe jedoch ein Recht auf Selbstverteidigung. Kritik an der Politik des Landes müsse zwar erlaubt sein, doch dürften Ursache und Wirkung nicht verwechselt werden, sagte der Minister. "Der Ausgangspunkt für die gegenwärtige militärische Auseinandersetzung war die Entführung von drei jüdischen Menschen durch die Hamas."

Aufmarsch zum antiisraelischen "Al-Quds-Tag" geplant

Die Linkspartei streitet unterdessen über den Protest gegen den Nahostkrieg. Die Linken-Jugendorganisation in Nordrhein Westfalen hatte am Wochenende unter anderem zu einer Kundgebung in Essen aufgerufen. Landessprecher Ralf Michalowsky nannte den israelischen Angriff dabei eine "grauenvolle und unverhältnismäßige Militäroffensive". Die Berliner Parteijugend distanzierte sich von der Veranstaltung. Der Aufruf zur Demo sei an Einseitigkeit kaum zu überbieten, hieß es.

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In Berlin wurden nach den Nahost-Demonstrationen vom Wochenende 42 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Wegen antiisraelischer Gewaltaufrufe in einem Video ermittelt der Staatsschutz auch gegen einen muslimischen Prediger. Das Video kursiert seit Samstag im Internet. Innensenator Frank Henkel (CDU) rief dazu auf, Judenhass entschieden entgegenzutreten. "In unserem Land und in unserer Stadt ist kein Platz für Antisemitismus", erklärte er.

Unterdessen löst auch ein für Freitag in Berlin geplanter Aufmarsch zum antiisraelischen "Al-Quds-Tag" Proteste aus. Wer die Vernichtung Israels fordere, könne nicht für den Frieden eintreten, erklärte der Berliner Linken-Landesverband am Montag. Die Partei rief gemeinsam mit der Kampagne "Stop the Bomb", dem Bund der Verfolgten des Naziregimes und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zu einer Gegenkundgebung auf.

"Al-Quds" ist der arabische Name für Jerusalem. Der Gedenktag wurde 1979 im Iran von Ayatollah Khomeini ausgerufen. Dabei sollen Muslime jährlich am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan für einen palästinensischen Staat demonstrieren. Bei den Aufmärschen wird regelmäßig zur Eroberung Jerusalems und zur Vernichtung Israels aufgerufen.