TV-Tipp des Tages: "Tatort: Falsch verpackt" (ARD)

TV-Tipp des Tages: "Tatort: Falsch verpackt" (ARD)
Suche nach den Drahtziehern eines weltumspannenden Geschachers: Ein Unternehmer lebt davon, Abfälle der Hühnerschlachtung rund um den halben Erdball nach China zu verschiffen.
23.03.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: Falsch verpackt", 25. März, 20.15 Uhr im Ersten

Im letzten ORF-"Tatort" sorgten die Serben für eine bemerkenswerte Mordfallquote, nun sind es Chinesen, die die Wiener Bevölkerung dezimieren. Der Tonfall des Films ist diesmal allerdings bei weitem nicht so düster, zumal Autor Martin Ambrosch für einige komische Momente sorgt. Unterm Strich fällt aber auf, dass auch dieser Film die meisten "Tatort"-Beiträge in Sachen Komplexität und Vielschichtigkeit weit hinter sich lässt.

Außerdem ist es Ambrosch gelungen, die in den deutschen Sonntagskrimis oft tonnenschwer auf der Geschichte lastende gesellschaftliche Relevanz angenehm beiläufig einzustreuen. Auf diese Weise informiert er nebenbei über eine der vielen Absurditäten der Globalisierung: Ein Unternehmer lebt davon, Abfälle der Hühnerschlachtung rund um den halben Erdball nach China zu verschiffen. Und weil weitaus mehr Waren aus Asien nach Mitteleuropa kommen als umgekehrt, ist der Rückweg der Container auch deutlich preiswerter. Diverse solcher Details deuten an, wie umfangreich Ambroschs Recherche war. Trotzdem leistet sich der Film (Regie: Sabine Derflinger) den Luxus, diese Fakten nicht vor sich her zutragen; auch das ein Fehler, den deutsche Autoren gern begehen.

Drei tote Chinesen im Container

Vor allem aber bleibt der Krimi nie auf der Strecke, denn die Informationen dienen der Suche nach den Drahtziehern eines weltumspannenden Geschachers. Aufmerksam wird die Wiener Polizei, als Arbeiter nach dem Versagen der Kühlung in einem Container neben Tausenden von Hühnerfüßen auch drei tote und in Plastik verpackte Chinesen entdecken. Kurz drauf stirbt ein vierter, nachdem er die Panoramascheibe eines China-Restaurants zerdeppert hat, und plötzlich muss Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) gegen einen ranghöheren Beamten (Erwin Steinhauer) ermitteln.

Denn der Kollege von der Fremdenpolizei stellt Gästen aus China eine Aufenthaltsbewilligung aus; zum Dank mieten sie sich zu überteuerten Preisen in seinen Wohnungen ein. Sein Partner ist besagter Unternehmer, Klaus Müller (Martin Brambach). Er hatte auch die Container gemietet, und der vierte Chinese arbeitete für ihn. Aber als der joviale Müller in Gebetsposition erstarrt tiefgefroren in seinem Lager gefunden wird, ist er keine große Hilfe mehr.

Im Gegensatz zu "Kein Entkommen", dem leichenreichen Thriller über die serbische Mafia, treibt dieser ORF-"Tatort" mit dem Entsetzen lieber seine Scherze. Die sterblichen Überreste des vierten Chinesen sind auf diverse Mülleimer verteilt, und weil die Spurensicherung schon Feierabend gemacht hat, deponiert Eisner den Kopf sehr zur Freude seiner Tochter über Nacht im eigenen Kühlschrank. Die herrenlose Hand hatte zuvor ein Hund gefunden. Außerdem legt der Film wieder deutlich mehr Wert auf die Ermittler, was die Geschichte gleichfalls bereichert. Eisners Diät zum Beispiel ist seiner guten Laune äußerst abträglich, und als ihm ein Ganove das Nasenbein bricht, fühlt er sich "alt, dick und blöd".


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).