TV-Tipp des Tages: "Oma wider Willen" (ARD)

TV-Tipp des Tages: "Oma wider Willen" (ARD)
Nach dem Tod des Gatten musste Henriette Dietrichstein sich darauf konzentrieren, den Betrieb zu modernisieren, und hat darüber ihre Tochter vernachlässigt.
24.02.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Oma wider Willen", 2. März, 20.15 Uhr im Ersten

Die Dramaturgie dieses Films ist von bemerkenswerter Schlichtheit, und schon die Besetzung mit Christiane Hörbiger ist das pure Klischee. Auf der anderen Seite spielt sie solche Rollen einfach wunderbar. Henriette Dietrichstein ist eine wohlhabende Unternehmerin alter Schule, die ihre Firma als Patriarchin führt, in einem Palast residiert und höchst indigniert reagiert, wenn etwas nicht nach ihrem Willen geschieht: Das ist eine Figur wie geschaffen fürs Hörbiger-Universum. Aber selbstredend ist auch diese Frau erst so hartherzig geworden, wie sie sich heute gibt: Nach dem Tod des Gatten musste sie sich darauf konzentrieren, den Betrieb zu modernisieren, und hat darüber ihre Tochter vernachlässigt. Vor zehn Jahren haben sich die beiden im Streit getrennt, Tochter Luise ist mit einem nichtsnutzigen Brasilianer nach Rio durchgebrannt.

Zwei Intrigantinnen

Aber nun ist sie tot und hinterlässt ihrer Mutter eine entzückende Enkelin. Prompt sorgt die kleine Evita für viel Trubel in Henriettes streng terminiertem Leben, und selbstredend gelingt es dem Mädchen, das Herz der strengen Großmutter zu erweichen. Alles wäre gut, wenn es da nicht zwei Intrigantinnen gäbe: Henriettes Sekretärin Beate (Elisabeth Lanz) fürchtet um die Zukunft ihres Mannes (Mathias Hermann), denn er ist Henriettes Neffe und damit ihr designierter Nachfolger. Beate fädelt daher ein finsteres Komplott ein, was einer nicht minder schurkisch veranlagten Frau vom Jugendamt (Andrea Eckert) gerade recht kommt, denn die hat noch eine alte Rechnung mit der Unternehmerin offen. Ihre Stunde schlägt, als sich rausstellt, dass die kleine Evita offenbar keineswegs Henriettes Enkelin ist.

Sigi Rothemund, Regisseur der Donna-Leon-Verfilmungen, versucht gar nicht erst, etwas anderes als einen Christiane-Hörbiger-Film zu inszenieren. Das Drehbuch (Erich Tomek) ist voll und ganz auf die wachsende Zuneigung zwischen Oma und Enkelin ausgerichtet. Da die junge Luna Baptiste Schaller das Mädchen auch sehr glaubwürdig spielt und nicht mal über die nicht immer kindgerechten Dialoge stolpert, ist "Oma wider Willen" eine durchaus vergnügliche Angelegenheit. Peter Weck wird als Henriettes Anwalt und die gute Seele in ihrem Leben nicht weiter gefordert, spielt die Rolle der sympathischen grauen Eminenz aber naturgemäß mit Bravour. Der Rat, den er ihr gibt, als der DNA-Vergleich zwischen von Oma und Enkelin negativ ausfällt, ist auch das heimliche Motto aller Freitagsfilme im "Ersten": Vertraue deinem Herzen.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).