TV-Tipp des Tages: "Das große Comeback" (ZDF)

TV-Tipp des Tages: "Das große Comeback" (ZDF)
Hansi Haller soll in einem Eifelnest sein Comeback versuchen; Meier-Thiel, Redakteurin bei einem Privatsender, will den Versuch begleiten und mit dem filmischen Dokument des mutmaßlichen Scheiterns verlorenes Renommee zurückgewinnen.
07.10.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Das große Comeback", 13. Oktober, 20.15 Uhr im Zweiten

Hansi Haller: So kann nur ein Schlagersänger heißen; und zwar einer, dessen große Zeit mindestens zwanzig Jahre zurückliegt. Haller ist "eitel, grenzdebil und nervtötend wie ein Sack Malaria"; findet jedenfalls Ute Meier-Thiel, und die muss es wissen, denn die Beschreibung würde auch auf sie zutreffen. Dass sich die Lebenswege dieses ungleichen Duos, dessen Biografien einander bis hin zum rasanten Absturz so frappierend ähnlich sind, überkreuzen, ist der kühnste von vielen originellen Einfällen des Drehbuchautors Mark Werner: Haller soll in einem Eifelnest sein Comeback versuchen; Meier-Thiel, seit zwei Jahrzehnten Redakteurin bei einem Privatsender, will den Versuch begleiten und mit dem filmischen Dokument des mutmaßlichen Scheiterns verlorenes Renommee zurückgewinnen.

Mit Andrea Sawatzki und Uwe Ochsenknecht

Werner ist als Autor gleich doppelt qualifiziert: Er hat rund hundert Sitcom-Folgen verfasst ("Nikola", "Mein Leben und ich"), und die sind alle für RTL entstanden; er weiß also, wie man Pointen schreibt, und kennt sich außerdem im kommerziellen Fernsehen aus. Eigentlich schade, dass "Das große Comeback" kein RTL-Film ist; allein die Dialoge der abgetakelten TV-Redakteurin wären große Selbstironie. Der Qualität der herrlich ätzenden Zynismen tut das selbstredend keinen Abbruch, und wie Andrea Sawatzki diese versoffene Fernsehfrau verkörpert, ist unbedingt sehenswert. Gleiches gilt für Uwe Ochsenknecht, der eine wunderbare Besetzung für den abgehalfterten Schlagerstar ist. Der Schauspieler hat ja bereits diverse CDs veröffentlicht, weshalb die musikalische Seite keine Herausforderung gewesen sein dürfte; eher schon die schmalzigen Texte.

Noch besser als der Entwurf der beiden Hauptfiguren ist Werners Idee, die Handlung in einem verschlafenen Eifeldorf anzusiedeln; auf diese Weise treffen die handelnden Personen ständig aufeinander. Hier, in Bad Böhlen, trifft sich regelmäßig der erste und mittlerweile auch letzte Hansi-Haller-Fanclub. Dass er nur zwei Mitglieder hat, machen die entsprechenden Damen durch ihren Enthusiasmus wett. Also quartiert sich der Sänger in der von Fanclub-Chefin Erika Plausen (Antje Lewald) geführten Plausen-Klause ein. Prompt gerät der Sänger zwischen die Fronten der Geschlechter, denn die Gatten können mit den Liedern nichts anfangen, was wiederum Meier-Thiel, die falsche Schlange, weidlich ausnutzt, um Männer und Frauen erfolgreich gegeneinander aufzuhetzen. Auf diese Weise ergeben sich immer wieder skurrile Szenen, die Regisseur Tomy Wigand, der mit Ochsenknecht vor gut zehn Jahren schon die Ruhrgebietskomödie "Fußball ist unser Leben" gedreht hat, regelmäßig mit Genuss auf die Spitze treibt. Und als schließlich noch Erikas Tochter (Valerie Niehaus) mit Liebeskummer aus Köln anreist, wandelt sich die Komödie kaum merklich zur Romanze.

Ein Genuss sind auch die Nebenfiguren, etwa Leonard Lansink und Heinrich Schafmeister als Hallers Agenten, Michael Brandner als Schlagerhasser oder Dorothea Walda als "Koma-Oma", die dem Sänger mütterlich zugetan ist, seit sein Gesang sie erweckt hat. Natürlich greift der Film Gelegenheiten wie diese immer wieder gern auf, um den vor keiner Skrupellosigkeit zurückschreckenden Abgesandten des Privatfernsehens eins auszuwischen. Am Ende aber setzt sich die Liebe durch: Hansi gelingt tatsächlich ein neuer Hit, und als er in einer Talkshow vom Konkurrenten Henning Silvester (Konstantin Wecker) provoziert wird, rechnet er mit dem Show-Geschäft ab, entledigt sich seines Toupets und wird ein neuer Mensch.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).