Wieso darf der Gottesname nicht ausgesprochen werden?

Harro Spring

Liebe Frau Scholl,

der Name des allmächtigen Gottes ist bekannt. J.S.Bach, Jesus Christus, Verdi und Millionen anderen Menschen kennen ihn auf der ganzen Erde. Jesus machte ihn bekannt, Paulus den Griechen usw. Wieso sollte der Name nicht ausgesprochen werden, wenn Gott es doch selber will? Wer hat den Unglauben, sich über den allmächtigen Gott zu stellen, wo doch in der Bibel alles dokumentiert ist? Kann ein Mensch gegen den Schöpfer antreten? Er wird sich als seiend erweisen, das ist eine Bedeutung des Namens Gottes. Eine etwas lange Frage. Was ist ihre persönliche Meinung?

Lieber Herr Spring,

 

vielen Dank für Ihre Frage. Ganz so eindeutig, wie Sie meinen, ist es nicht mit dem Gottesnamen in der Bibel. Der Name, den Gott Mose offenbart (Ex 3,14) und der so viele tausend Male erscheint, kann im Grunde nicht übersetzt werden. Im hebräischen Text finden wir die Konsonanten Jod, He, Waw, He. Sie ergeben das sogenannte Tetragramm JHWH. Wie dieses Wort ursprünglich ausgesprochen wurde, ist völlig unbekannt.

 

Zwischen 700 und 1000 n. Chr. trugen Schriftgelehrte Vokale in den Text ein. Dabei wurde der Gottesname mit den Vokalen des Wortes „adonaj“, das vom hebräischen Wort „adon“ = Herr abgeleitet ist. Die Endung „aj“ bedeitet „mein“, also „mein Herr“. In einigen Lutherübersetzungen ist deshalb, wenn im Urtext der Gottesname zu finden ist, HERR in Großbuchstaben geschrieben.

 

Jüdische Bibelleser lesen „adonaj“, wenn sie die vier Buchstaben des Gottesnamens in der Bibel lesen. Eine andere Lesemöglichkeit ist z. B. „ha shem“, was übersetzt bedeutet: der Name. Hinter der Vermeidung der Aussprache des Gottesnamens steht das Gebot der Heiligung des Namens, die auch im Vaterunser als Gebet Jesu erwähnt wird. Jedes Aussprechen des Namens hätte immer auch die Gefahr diesen Namen zu missbrauchen.

 

Die Schreibweise „Jehova“, auf die Sie vermutlich anspielen, geht auf den Dominikaner Raymundus Martinus zurück, der den Gottesnamen im 13. Jahrhundert so wiedergibt. Dabei hat er aber schlicht die hebräischen Vokale des Ersatzwortes „adonaj“ mit den Konsonanten verbunden. Die Praxis, dass in diesem Fall dass Ersatzwort „adonaj“ gelesen werden soll, hat er offenbar nicht gekannt oder einfach übergangen.

 

Es haben dann einige diese Schreibweise des Raymundus Martinus aufgenommen. Sie selber nennen in ihrer Frage J. S. Bach. In der Tat schrieb dieser den Choral „Dir, dir Jehova, will ich singen“.  Dieser Choral wurde in das Evangelische Gesangbuch aufgenommen, allerdings unter dem Titel „Dir, dir, o Höchster, will ich singen“ (EG 328). Letztendlich hat der Verzicht auf ein Aussprechen des Gottesnamens auch etwas mit dem Respekt jüdisch glaubender Menschen gegenüber zu tun, ein Respekt gegenüber der Tradition, auf deren Grundlage wir als Christinnen und Christen stehen.

Es gäbe über dieses reiche und interessante Thema des Gottesnamens noch eine ganze Menge mehr zu sagen. Ich hoffe, meine Antwort kann ihnen ein wenig weiterhelfen. Wenn Sie sich ein wenig weiter kundig machen wollen, hätten Sie unter folgendem link die Möglichkeit:

https://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/themenkapitel-at/der-name-gottes/

 

Herzlich

Katharina Scholl

Fragen zum Thema

Lieber Adrian, so ganz genau verstehe ich Ihre Frage nicht. Haben Sie den Text, den Sie…
Liebe Frau Strache,   außer für den Gottesdienst gibt es keine verbindlichen…
Liebe Frau Baum-Kittlitz,   Sie haben durchaus recht: Wenn man sich klar macht,…

Schlagworte