Selbstmord gegen Abschiebung wirft Fragen auf

Selbstmord gegen Abschiebung wirft Fragen auf
In Hamburg hat sich ein 17-jähriger Georgier vor seiner Abschiebung im Gefängnis selbst erhängt. Flüchtlingsorganisationen fordern eine lückenlose Aufklärung, Hamburgs Stadtregierung sieht keine Fehler bei der Ausländerbehörde. Dennoch hat der Innensenator die Abschiebehaft für Minderjährige vorerst ausgesetzt.

Nach dem Selbstmord eines 17 Jahre alten Abschiebehäftlings aus Georgien gibt es Kritik an der Ausländerpolitik des Hamburger Senats. "Alle Kinderschutzmechanismen haben in Hamburg versagt und einen jungen Menschen das Leben gekostet", erklärte der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge am Dienstag in München. Schutzbedürftige Minderjährige dürften nicht in Abschiebehaft kommen, sondern müssten der Obhut des Jugendamts übergeben werden.

Nach einem Hungerstreik hatte sich der 17-Jährige am Sonntag im Zentralkrankenhaus des Untersuchungsgefängnisses in Hamburg erhängt. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) kündigte am Dienstagabend eine Änderung der Abschiebehaftpraxis bei Minderjährigen an.

Innensenator: "Kein Fehlverhalten der Ausländerbehörde"

Der junge Mann war nach einem Beschluss des Amtsgerichts Hamburg am 9. Februar in Abschiebehaft genommen worden. Weil er dort nichts aß, kam er am 25. Februar in das Krankenhaus. Einen Tag vor seinem Selbstmord hatte er nach Angaben der Justizbehörde wieder Nahrung zu sich genommen. "Suizidabsichten ließen sich aus den Gesprächen und Beobachtungen nicht erkennen", hieß es.

Innensenator Ahlhaus sagte, er bedauere den Tod des jungen Mannes tief. Eine Überprüfung der bisherigen Praxis der Abschiebehaft habe aber ergeben, dass es im vorliegenden Fall keinerlei Fehlverhalten der Ausländerbehörde gegeben habe. "Gleichwohl haben wir uns für die Zukunft darauf verständig, grundsätzlich bei minderjährigen Ausreisepflichtigen keinen Antrag auf Zurückschiebungshaft beim Amtsgericht mehr zu stellen." Ausnahme sei, wenn die Jugendlichen straffällig geworden seien.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft prüft in einem sogenannten Todesermittlungsverfahren die genaue Todesursache, wie Behördensprecher Wilhelm Möllers sagte. Die Leiche des 17-Jährigen sollte daher obduziert werden. Ein Selbstmord im Gefängnis werde immer untersucht.

Pro Asyl fordert Abschiebestopp für Minderjährige

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl verlangte eine lückenlose Aufklärung des Falls und ein bundesweites Verbot, unbegleitete Minderjährige zu inhaftieren und abzuschieben. "Kinder und Jugendliche gehören nicht ins Gefängnis und dürfen nicht wie Stückgut durch Europa verschickt werden", kritisierte Europareferent Karl Kopp. Die grüne Bundestagsfraktion forderte: "Das Kindeswohl muss generell Vorrang vor ausländerrechtlichen Aspekten haben."

Zu einer Demonstration gegen Abschiebehaft, zu der der Hamburger Flüchtlingsrat aufgerufen hatte, kamen am Abend nach Angaben der Polizei rund 450 Menschen.

dpa