Ulrich Wickert kritisiert ARD und ZDF

Ulrich Wickert kritisiert ARD und ZDF
Der ehemalige "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert hat die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF scharf kritisiert. Es fehle an politischer Information wie auch der richtigen Einordnung, kritisierte der 66-Jährige.

Nur noch wenige Autoren beherrschten den Satzbau, schreibt der Journalist in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Nicht nur die Floskelsprache der Politik werde oft übernommen, sondern auch das "Kurzsprech" der Nachrichtenagenturen. "Wer so textet, ist nicht nur schusselig, sondern denkfaul", so Wickert, der von 1991 bis 2006 Moderator der "Tagesthemen" war. Zugleich betonte der 66-Jährige, er wolle nicht als Besserwisser mit erhobenen Zeigefinger wirken.

Den Redaktionschefs scheine das Bewusstsein für ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag abhandengekommen zu sein, bemängelte Wickert. Dieser bestehe darin, für die Grundversorgung politischer Information zu sorgen. Wirklich geärgert habe er sich, dass in keiner Nachrichtensendung das neue Bundeskabinett vollständig vorgestellt worden sei. "Eine Sondersendung, einen 'Brennpunkt' etwa, hob niemand in das Programm. Das kann heute wohl keiner mehr verlangen. Freitag und Samstag gehören der Unterhaltung!" Am Sonntag danach habe die FDP auf einem Parteitag den Koalitionsvertrag mit einem merkwürdig jubilierenden Guido Westerwelle verabschiedet - ARD aktuell habe seine Nachrichten mit einem Attentat im Irak aufgemacht. "Solche Attentate ereignen sich alle paar Tage", schrieb Wickert.

Einen Tag nach der Bundestagswahl habe die ARD keinen "Brennpunkt" senden wollen. Dies sei eine Intendantenentscheidung gewesen. Dass es dann doch einen gegeben habe, sei der Intervention des Hauptstadtstudios und des ARD-Chefredakteurs zu verdanken gewesen. "Es fehlt offenbar an einem Verständnis für die politische Grundversorgung", so Wickert.

Wickert monierte "Voyeurismus, Sensationsgier" und "Bombenjournalismus" und eine "falsch verstandene Chronistenpflicht". Der Journalist kritisierte auch die Berichterstattung zum 20. Jahrestag des Mauerfalls, bei der sich der Sendeplan strickt nach den Anfangszeiten von "so bedeutsamen Sendungen wie 'Verbotene Liebe' und 'Marienhof'" gerichtet habe. Während Kanzlerin Angela Merkel an der Bornholmer Straße auftrat, seien in der ARD "Sturm der Liebe" gelaufen, später "Verbotene Liebe" und "Marienhof", während die Feierlichkeiten in Berlin fortgesetzt wurden.

"Es fehlt nicht nur an einem Sinn für die Verbreitung wichtiger, aktueller politischer Inhalte", meinte Wickert. "Erst recht habe ich den Eindruck, es fehlt auch an der Einordnung."

epd/dpa