Drohnen und Roboter: Krieg ohne Soldaten

Panzer gegen Kriegsroboter
Foto: Thinkstock/iStock/Simon Oaxley
Panzer gegen Kriegsroboter: Sind autonome Kampfmaschinen ethisch vertretbar?
Drohnen und Roboter: Krieg ohne Soldaten
Im Ersten Weltkrieg wurde das Morden erstmals industrialisiert. Maschinengewehre, Giftgas, Luftkrieg, Panzer waren die Werkzeuge des millionenfachen Tötens. Ein Jahrhundert später befürchten Waffenexperten und Friedensforscher erneut einen grundlegenden Wandel in der Kriegführung.

Moderne Drohnen und Robotsysteme werfen ein Drohszenario auf, das teilweise schon Realität geworden ist: Die Konflikte der Zukunft werden von autonomen Kampfmaschinen ausgetragen. Das aber ist vom Völkerrecht kaum gedeckt und auch aus christlicher Sicht höchst problematisch. In der evangelischen Akademie Loccum fand dazu nun ein Fachkongress statt: "Rüsten für die Zukunft? Rüstungs- und Sicherheitspolitik in Zeiten hochtechnologischer Kriegführung."

Ethische Bedenken gegenüber neuartigen Waffen gibt es nicht erst seit der Moderne. Schon Papst Innozenz II. ächtete im 12. Jahrhundert die Armbrust. Keine Ritterrüstung bot mehr Schutz gegen die neue Waffe. Zumindest unter Christen sollte sie deshalb nicht verwendet werden, gegen Heiden und Andersgläubige aber durfte sie sehr wohl zum Einsatz kommen. Die Reichweite und Perfektion der Schusswaffen wurde in den folgenden Jahrhunderten immer größer. Die ethische Diskussion um die Legitimation solcher Distanzwaffen riss im Grunde nie ab.

Der Schütze sitzt am Joystick, tausende Meilen entfernt

"Selbst Waffen, die völkerrechtlich als unproblematisch gelten wie zum Beispiel das Scharfschützengewehr, sind unter ethischen Gesichtspunkten im Militär sehr lange umstritten gewesen", sagt Niklas Schörnig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. "Gerade das Töten einer Person, die sich in dem Moment gar nicht bewusst ist, dass sie ein Ziel ist, war für viele Soldaten extrem schwer." Scharfschützen wurden von ihren Kameraden bis zum Vietnamkrieg negativ beäugt, betont Schörnig.

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Die Drohne ist eine Distanzwaffe wie viele andere Waffen auch. Aber diese moderne Technologie hat doch eine neue Qualität. "Der Drohnen-Pilot muss überhaupt nicht mehr verlegt werden, er muss kein Flugzeug, kein U-Boot, kein Schiff mehr besteigen. Dieses Heranrücken an den Kriegsschauplatz ist überflüssig geworden", betont Frank Sauer, Politologe an der Universität der Bundeswehr in München.

Der Schütze sitzt am Joystick, hunderte oder gar tausende Kilometer entfernt. Den Krieg absolviert er im Schichtdienst. Die Gefahr von Terroranschlägen, glauben die Experten, steigt durch diese Art der Kriegsführung. Sie könnten auch die Familienangehörigen der modernen Joystick-Schützen treffen.

Schon heute können Drohnen aber auch autonom handeln. Die US-amerikanische "Reaper" etwa fliegt automatisch weiter, wenn in engen Tälern der Kontakt zur tausende Meilen entfernten Basis abreißt. Es gibt israelische Drohnen, die sich automatisch auf gegnerische Radarstellungen stürzen können – ganz ohne menschlichen Befehl. Was ist, wenn diese Waffensysteme nicht mehr kontrollierbar sind?

Die Maschine entscheidet über Leben oder Tod

"Ausreichende menschliche Reaktionszeiten, um Missverständnisse zu klären, helfen in gefährlichen Situationen zu deeskalieren", sagt Friedensforscher Schörnig. "Unbemannte Systeme führen ganz im Gegenteil dazu, dass die Kriegsführung beschleunigt und immer intransparenter wird." Noch unterstehen Drohnen und Roboter weitgehend der menschlichen Kontrolle. Die nächste Generation aber könnte schon vollautonom handeln und töten.

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"Die Drohne, der Roboter muss Entscheidungen über Leben oder Tod treffen", sagt Schörnig. Er hält das für extrem problematisch – aus rechtlichen und ethischen Gründen. "In Zukunft wird das System schlachtentscheidend sein, das wenige Millisekunden vor dem anderen System handelt."

Befürworter moderner Waffensysteme halten dagegen, dass man in die Steuerungs-Algorithmen Stopp-Mechanismen einbauen könnte. Sie heißen im Fachjargon Ethical gouverneur. Nur lassen sich solche Tötungshemmungen im Konfliktfall auch stumm schalten, befürchten Kritiker. Völkerrechtlich ist der Einsatz von Waffen nur gegen Soldaten und kriegführende Kombattanten erlaubt. Wie soll aber ein Roboter zweifelsfrei erkennen, ob er nun auf einen Zivilisten zielt oder auf einen Soldaten? Wie soll er bemerken, ob ein gegnerischer Soldat sich gerade ergeben möchte?

Für den evangelischen Militärdekan Hartwig von Schubert besteht dringender Klärungs- und Diskussionsbedarf: "Man kann nicht sagen, dass das jetzt in aller Breite schon diskutiert würde", sagt er. Es kann durchaus sinnvolle Assistenzsysteme beim Militär geben, glaubt von Schubert – etwa Roboter, die Verwundete vom Schlachtfeld tragen. Aber diese müssten eben unbewaffnet sein. Aus christlicher Sicht müsse es klare Rechtsregelungen geben.

Mitte Mai 2014 trafen sich bei den Vereinten Nationen internationale Experten, die für ein generelles Verbot tödlicher autonomer Waffensysteme appellierten. Der Hamburger Militärdekan hofft sehr, dass die Weltgemeinschaft einen Krieg solcher Kampfroboter verbietet, bevor er jemals ausbricht.