Mehr Umweltschutz in der Kirche

Klare Luft und saftige Wiesen - die Ekbo hofft, dass sich ihr Umweltkonzept bundesweit durchsetzen kann
Foto: Serghei Starus/iStockphoto
Klare Luft und saftige Wiesen - die Ekbo hofft, dass sich ihr Umweltkonzept bundesweit durchsetzen kann
Mehr Umweltschutz in der Kirche
Als erste Landeskirche hat die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) ein rund 200 Seiten starkes Umweltkonzept erarbeitet. Darin steht, wie die Kirche zum Beispiel mit vegetarischem Essen in Kirchen-Kitas und eigenen Windkraftanlagen zum Umweltschutz beitragen kann. Kann die Kirche damit neue Ehrenamtliche gewinnen? Werden sich andere Landeskirchen dem Kurs anschließen? Ein Gespräch mit Pröpstin Friederike von Kirchbach und Pfarrer Eckhard Zemmrich.

Frau von Kirchbach, in vielen Kirchen gehören Fair-Trade-Kaffee, Energiesparlampen und Mitarbeiter, die sich auch für den Umweltschutz engagieren, zum Standard. Was ist das Neue an Ihrem Umweltkonzept?

###mehr-personen###Friederike von Kirchbach: Neu ist, dass es dieses umfassende Konzept überhaupt gibt. Darin sind wir anderen Landeskirchen voraus. Im Umweltkonzept geht es von der Klimafrage, über die Biodiversität im ländlichen Raum über Ernährung bis hin zu Mobilität. Jeder Christ, der sich in seinem Leben mit Umweltfragen befasst, wird in diesem Konzept einen Ansatz finden.

Herr Zemmrich, für welchen Umgang mit Umwelt soll die Kirche stehen?

Eckhard Zemmrich: Sie soll für einen Umgang stehen, der aktuellen Herausforderungen wie die Energiewende gerecht wird. Der Berliner Senat hat kürzlich angekündigt, dass er Berlin bis 2050 zu einer klimaneutralen Stadt machen will. Vor diesem Hintergrund müssen wir uns als Kirche fragen, was bei uns zu tun ist. Denn wir tragen nicht nur Verantwortung für die Gesellschaft, sondern die Kirche besitzt auch Land, Gebäude, Fahrzeuge.

Was schlagen Sie in dem Konzept vor?

Zemmrich: Auf eine Formel gebracht: Wir möchten, dass sich ein aufgeklärtes Eigeninteresse in der gesamten Landeskirche entwickelt. Das bedeutet, dass wir das, was wir heute über Klimaschutz und Umweltfragen wissen, angemessen berücksichtigen und entsprechend handeln. Es stellen sich ja immer wieder konkrete Fragen: Verwendet man regionale Lebensmittel in der Gemeinde? Von welcher Art kann zum Beispiel das Saatgut sein, das auf kirchlichem Land ausgebracht wird? Wie heizen wir unsere Räume? Wie kann die Kirche zur biologischen Vielfalt beitragen, über die manchmal geschmunzelt wird?

Sie meinen Fledermäuse im Kirchturm?

Zemmrich: Ja, zum Beispiel.

Von Kirchbach: Man könnte zum Beispiel ein Umweltbüro einrichten, in dem Fragen zum Klimaschutz qualifiziert beantwortet werden. Was die Mobilität betrifft – das ist eines meiner Lieblingsthemen, weil ich eine begeisterte Radfahrerin bin – da könnte man sich Autos teilen oder klimafreundlichere Autos einsetzen.

Die Kirche kann sich mit dem Thema Umwelt profilieren

Das heißt, alle Pfarrer bekommen neue Dienstwagen?

Von Kirchbach: Die Pfarrerinnen und Pfarrer haben im Allgemeinen gar keine Dienstwagen. Die Landeskirche hat nur ganz wenige Dienstfahrzeuge. Aber wir haben die Hoffnung, dass dabei mehr auf ökologische Kriterien geachtet wird. Ich glaube, dass viele schon jetzt überlegen, welches Auto sie fahren. Und dass sie im ländlichen Raum auf den weiten Strecken nicht immer mit dem Fahrrad unterwegs sein können, ist klar.

Frau von Kirchbach, kann sich die Kirche mit dem Thema Umwelt profilieren?

###mehr-artikel###Von Kirchbach: Ja, das kann sie und das tut sie auch. Und es ist ein ureigenes Thema der Kirche. Wir beginnen das Umweltkonzept deshalb mit einer sehr ausführlichen theologischen Einführung, die deutlich macht, dass es sich um einen biblischen Auftrag handelt. Wir Menschen werden immer wieder an unsere Grenzen kommen. Aber von Gott haben wir den Auftrag erhalten, der Schöpfung mit Achtung zu begegnen.

Andersherum gefragt: Haben Sie keine Angst, dass sich die Kirche Sympathien verspielt, wenn sie sich für die Umwelt engagiert?

Von Kirchbach: Wir werden immer wieder gefragt, warum wir uns damit beschäftigen. Es gäbe doch andere Experten. Aber ich glaube, dass die Mehrheit der Menschen – auch in diesem Land – längst begriffen hat, dass Umwelt- und Schöpfungsverantwortung elementare Aufgaben für jeden sind. Wir haben es in der Hand, dass sich das Klima, in dem unsere Kinder leben werden, anders entwickeln wird, als es die aktuellen Prognosen besagen. Das kann man nicht an die Politik delegieren, da sind wir alle gefragt, nicht nur Christinnen und Christen.

Überzeugungen sind eine Sache, aber wenn in einer Gemeinde Windkrafträder gebaut werden sollen, gibt es oft genug Proteste. Groß war die Empörung auch, als die Grünen vorschlugen, in Kantinen einen Tag in der Woche nur vegetarisches Essen anzubieten.

Zemmrich: Die Grünen hatten ein Problem mit ihrem Vorschlag, weil sie den moralischen Zeigefinger gehoben haben. Wir wollen unterstützen und fördern und vernetzen, was ohnehin schon in vielen Gemeinden getan wird.

Von Kirchbach: Das ist mir ganz wichtig zu sagen: Es geht nicht darum, Druck zu machen. Aber jeder Mensch trifft jeden Tag Entscheidungen, und dass diese Entscheidung zum Beispiel zugunsten einer Ernährung mit regionalen und fairen Lebensmitteln ausfällt – das ist meine Hoffnung.

Menschen neu für die Mitarbeit gewinnen

Es klingt, als müsste sich vor allem in den Gemeinden viel ändern. Wie werden sie dabei von der Kirchenleitung unterstützt?

Von Kirchbach: Das wird sehr unterschiedlich sein. Zum Beispiel wäre es gut, wenn sich jemand in das Thema Braunkohleabbau einarbeitet und dazu Auskunft geben kann. Der Bereich "Umwelt" ist aber auch eine gute Möglichkeit, Ehrenamtliche zu motivieren. Ich bin sicher, dass wir damit Menschen neu für die Mitarbeit in der Kirche gewinnen können.

Herr Zemmrich, auf der Synode ihrer Landeskirche wurde das Konzept im Prinzip akzeptiert, aber eine konkrete Umsetzung wurde nicht beschlossen. Bis zur nächsten Synode sollen Sie erst einmal Finanzierungsvorschläge machen. Wie finden Sie das?  

###mehr-links###Zemmrich: Ich freue mich über das große Interesse und die grundsätzliche Zustimmung. Allerdings müssen wir klären: Wieviel Geld können wir dafür einsetzen? Bis zum Herbst werden wir jetzt verschiedene Finanzierungsmodelle erarbeiten und ich bin zuversichtlich, dass wir eines finden, das Zustimmung findet. Außerdem müssen alle Maßnahmen so weit vorbereitet sein, dass es sofort losgehen kann, wenn die Finanzierung steht. Was mir ganz wichtig ist: Keine Gemeinde, die etwas für die Umwelt tun will, muss bis zum Herbst warten. Das Konzept steht im Internet. Jeder kann es lesen und Anregungen umsetzen.

Das Budget der Landeskirche wächst nicht. Müsste zugunsten der Umweltarbeit Geld aus anderen Projekten abgezogen werden?

Von Kirchbach: Das ist leider immer eine entscheidende Frage, aber das können wir im Moment noch nicht sagen.

Zemmrich: Allerdings lässt sich die Umweltarbeit zum Beispiel über Einsparungen und Fördermittel auch zu einem guten Teil refinanzieren. Das gibt es so in keinem anderen Bereich der kirchlichen Arbeit. Es ist eine Investition, die sich auszahlen wird. Außerdem gibt es schon jetzt Signale, dass bei entsprechender landeskirchlicher Förderung auch private Spenden zum Beispiel für eine Umweltstiftung eingehen werden.

Die EKBO ist die erste Landeskirche mit so einem umfangreichen Umweltkonzept. Hat sie eine besondere Stellung, wenn es um das Thema Umwelt geht?

Von Kirchbach: Ja, das hat sie. Wir sind in der Hauptstadt, der größten Stadt Deutschlands, und wir haben gleichzeitig einen großen ländlichen Raum, in dem es unter anderem Massentierhaltung gibt und Braunkohleabbau. Aber das, was wir im Umweltkonzept darstellen, kann man auch auf andere Landeskirchen übertragen.

Zemmrich: Das Thema macht an den Grenzen unserer Landeskirche nicht Halt. Unsere Nachbarkirchen stehen vor ähnlichen Herausforderungen und machen Erfahrungen, die wiederum für uns interessant sind. Es wäre sinnvoll, sich gegenseitig abzustimmen und zu unterstützen. Es könnte zum Beispiel in jeder Landeskirche einen Experten für ein bestimmtes Thema geben: Braunkohle, Solarenergien, Windkraftanlagen. Veranstaltungen und Fortbildungen könnten gemeinsam angeboten werden.