Bodenbender: "Ich konnte die Angst gut nachvollziehen"

Foto: ZDF/Christoph Assauer
Hannah (Silke Bodenbender) wird im ZDF-Film "Eine verhängnisvolle Nacht" verfolgt von Bernd (Matthias Brandt).
Bodenbender: "Ich konnte die Angst gut nachvollziehen"
Sie ist die Fachfrau für anspruchvolle Fernsehunterhaltung: Silke Bodenbender steht für ernsthafte Rollen in besonderen Filmen, seichte Stoffe überlässt die Schauspielerin in der Regel lieber anderen. In ihrem aktuellen Film "Eine verhängnisvolle Nacht" (16.9., 20.15 Uhr, ZDF) spielt die 39-Jährige ein Stalkingopfer: Die Lehrerin Hannah verliebt sich in ihren neuen Kollegen Bernd (Matthias Brandt), der sie eines Tages brutal vergewaltigt. Hannah zeigt ihn an und Bernd muss ins Gefängnis – doch kaum ist er wieder auf freiem Fuß, will er sich an ihr rächen und terrorisiert Hannah bis aufs Blut. Weil niemand ihr glaubt, scheint die Lage der alleinerziehenden Mutter aussichtslos.

Frau Bodenbender, im Film "Eine verhängnisvolle Nacht" spielen Sie eine Frau, die vergewaltigt und dann von ihrem Peiniger verfolgt und terrorisiert wird. War das eine unangenehme Rolle für Sie?

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Silke Bodenbender: Wenn man sich so intensiv mit dem Thema Stalking auseinandersetzt, geht einem das Ganze natürlich sehr nahe. Ich hatte im Vorfeld Berichte von Opfern gelesen, im Internet recherchiert, Dokumentarfilme und Talkshows zum Thema geschaut.

Haben Sie auch mit Betroffenen gesprochen?

Bodenbender: Nein, ich konnte die Angstzustände der Figur auch so sehr gut nachvollziehen.

Wurden Sie denn selber schon gestalkt?

Bodenbender: Nein, aber ich weiß in Ansätzen, wie es sich anfühlt, wenn man einen aufdringlichen Verehrer als lästig oder auch beängstigend empfindet. Das hat mir geholfen, die Gefühle der Filmfigur nachzuvollziehen.

"Viele Opfer fühlen sich von der Polizei nicht ernst genommen"

Wüssten Sie denn nach den Dreharbeiten zu diesem TV-Drama, wie Sie sich gegen einen richtigen Stalker wehren können?

Bodenbender: Ich würde mich sofort an eine Opferberatungsstelle wenden, was die Figur im Film nicht macht. Die Sensibilität für dieses Thema ist zwar gestiegen, seit einigen Jahren gibt es auch ein Anti-Stalkinggesetz. Viele Opfer fühlen sich aber von der Polizei nicht ernst genommen und vermissen immer noch ausreichende Hilfe. Und da kann eine Opferberatungsstelle helfen.

Im Film wehrt sich Hannah mit einer Pistole. Ist das realistisch?

Bodenbender: Am Anfang dachte ich ehrlich gesagt, das wäre übertrieben. Bei meinen Recherchen habe ich dann aber festgestellt, dass einige Opfer in so große Not geraten, dass ihnen sogar der Gedanke kommt, sich mit einer Waffe zu wehren. In einem prominenten Fall bot der Anwalt des Opfers seinem Mandaten an, ihm eine Pistole zu besorgen.

Basiert der Film eigentlich auf einem wahren Fall?

Bodenbender: Er ist von realen Fällen inspiriert, basiert aber nicht auf einem einzelnen bestimmten Vorfall. Anders als in vielen realen Fällen ist der Täter in unserem Film psychisch schwer gestört. In Berlin gibt es seit einigen Jahren sogar eine Beratungsstelle, an die sich Stalker wenden können. Das finde ich toll, denn man hilft den Opfern, indem man den Tätern hilft, die ja keine Monster sind. Leider melden sich nur wenige freiwillig.

"Auch auf einer privaten Internet-Seite würde ich keine Urlaubsfotos posten"

Glaubt man aktuellen Untersuchungen, steigt die Zahl der Stalkingopfer immer weiter.

Bodenbender: Ich glaube leider, dass sie auch in Zukunft immer weiter steigen wird, schon allein weil sich durch soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook neue Möglichkeiten für Täter ergeben.

Sind Sie selber bei Facebook aktiv?

Bodenbender: Eher weniger. Es gibt zwar eine offizielle Seite, aber da werden nur Sendertermine angekündigt. Auch auf einer privaten Internet-Seite würde ich keine Urlaubsfotos oder ähnlich Privates posten. Ich hätte zu große Angst, es nie wieder aus dem Netz zu bekommen.

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Der Täter wird in dem Film von Matthias Brandt gespielt. Haben Sie mit ihm über die Gewaltszenen gesprochen?

Bodenbender: Ja, wir haben darüber gesprochen, wie wir das spielen wollen und dann den technischen Ablauf festgelegt – schon allein um Verletzungen zu vermeiden. Das Gerüst gibt einem dann die Möglichkeit wieder frei, vielleicht sogar in Trance zu agieren. Dabei können viele gute Momente entstehen, die nicht geplant waren.

Sie wurden von zahlreichen Schauspielschulen abgelehnt, bevor Sie endlich von einer angenommen wurden, heute sind Sie ein preisgekrönter Fernsehstar. Denken Sie manchmal triumphierend an die Dozenten zurück, die Ihr Talent damals nicht erkannt haben?

Bodenbender: Eigentlich gar nicht – die würden sich eh nicht mehr erinnern (lacht). Ich denke allerdings oft an einen bestimmten Dozenten, der mir nach meinem Ausscheiden in der letzten Runde auf dem Gang gesagt hat: "Bitte, bitte mach weiter!" Das hat mir damals geholfen. Ich bin aber definitiv niemandem böse, an den Schauspielschulen sprechen schließlich viele vor, und es können pro Jahrgang nur ein paar Frauen aufgenommen werden. Ich bin einfach nur froh, dass ich damals nicht aufgegeben habe.

Sie sagten einmal, dass Sie lieber die kraftvolle Lady Macbeth als das sanfte Gretchen am Spinnrad verkörpern. Stört es Sie, wenn Sie in einem Film wie dem ZDF-Drama eine Opferfigur spielen müssen?

Bodenbender: Auf eindimensionale Rollen habe ich natürlich keine Lust. Aber ich finde, die Figur in dem Film ist gar nicht völlig in diese Opferrolle eingezwängt. Sie gibt ihr altes Leben auf, verlässt ihren Arbeitsplatz, geht in ein Kaff irgendwo in der Fremde. Das ist doch ein ganz schön mutiger Schritt.