Sondersitzung der EU-Außenminister über Ägypten-Krise

Sondersitzung der EU-Außenminister über Ägypten-Krise
In Ägypten regiert weiterhin die Krise, die EU macht sich darüber Gedanken. Vielleicht werden die Waffenlieferungen an Kairo gestoppt, vielleicht aber auch nicht. Die USA jedenfalls legen ihre Militärhilfe an Ägypten nicht auf Eis.

Die Außenminister der 28 EU-Staaten überprüfen am heutigen Mittwoch bei einer Sondersitzung in Brüssel über die künftigen Beziehungen der EU zu Ägypten. Angesichts der unverminderten Gewalt hielten Diplomaten einen vorläufigen Stopp von Waffenlieferungen für möglich. Sicher sei dies jedoch nicht. Die Finanzhilfen dürften allerdings fortgesetzt werden, sofern sie der Bevölkerung oder Nichtregierungsorganisationen im Kampf für die Demokratie zugutekommen.

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Das Weiße Haus wies unterdessen einen Bericht zurück, nach dem die USA einen Teil der milliardenschweren Militärhilfe für Ägypten vorübergehend auf Eis gelegt haben. Sprecher Josh Earnest bekräftigte Äußerungen vom Vortag, dass die USA die Hilfe überprüften und dieser Prozess noch nicht abgeschlossen sei. Der Sender CNN hatte berichtet, die Regierung von Präsident Barack Obama wolle einige der Mittel "umprogrammieren". Obama erörterte am Dienstagabend mit dem Nationalen Sicherheitsrat die Lage in Ägypten. Ergebnisse der Beratungen wurden zunächst nicht bekannt.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte am Vorabend des Treffens in Brüssel ihre Bereitschaft zu neuer Vermittlung zwischen den Konfliktparteien erklärt. Die EU-Außenminister wollen in einer Erklärung erneut die Konfliktparteien auffordern, auf Gewalt zu verzichten und eine politische Lösung zu finden.

Der EU-Sondergesandte für das Südliche Mittelmeer, der spanische Diplomat Bernardino Léon, sprach sich dafür aus, den Dialog mit Kairo fortzusetzen. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch) sagte er, dass es "auf allen Seiten, auch in der Regierung, Gemäßigte gibt, die täglich Anstrengungen unternehmen, um die Lage in den Griff zu bekommen". Die EU müsse ein konstruktiver Gesprächspartner bleiben, um eine politische Lösung voranzutreiben. Der Einfluss der EU in Ägypten sei "sehr groß", weil sie der wichtigste Wirtschaftspartner, der wichtigste Entwicklungshilfepartner sowie der wichtigste Investor in Ägypten sei und 80 Prozent der Ägypten- Touristen aus der EU stammten.

Mehrere westliche Regierungen hatten die neue ägyptische Führung scharf kritisiert, nachdem Anschläge, Polizeigewalt und Straßenkämpfe in den vergangenen Tagen mehr als 800 Tote gefordert hatten. Sie mahnen eine Versöhnung der Übergangsregierung mit den vom Militär entmachteten Muslimbrüdern an. Deutschland und einige andere europäische Staaten strichen Hilfsprojekte, um den Druck zu erhöhen.

Kampagne gegen "Militärputsch" geht weiter

In Ägypten holten unterdessen die neuen Machthaber zu einem weiteren Schlag gegen die Islamisten aus. Die Polizei verhaftete am Dienstag das Oberhaupt der Muslimbruderschaft, Mohammed Badia. Die Islamisten-Bewegung will ihren Kampf dennoch fortsetzen: Ein Sprecher der Bewegung teilte am Dienstag mit, Badia sei letztlich auch nur eines von vielen Mitgliedern der Bruderschaft, die tief in der ägyptischen Gesellschaft verankert sei. Die Kampagne gegen den "Militärputsch" werde weitergehen. Mahmud Essat, ein Stellvertreter Badias, wurde zum "temporären Oberhaupt" der Bewegung ernannt.

Die Justiz ordnete für das Oberhaupt der Muslimbruderschaft 15 Tage Untersuchungshaft an. Wie am Dienstag aus Justizkreisen in Kairo verlautete, wird gegen ihn wegen der Beteiligung an der Tötung von Demonstranten vor dem Präsidentenpalast am 5. Dezember 2012 ermittelt.

Muslimbrüder ändern nach Massenfestnahmen und Gewalt ihre Taktik

Die ägyptischen Muslimbrüder wollen ihre Taktik im Machtkampf mit der neuen Führung ändern. Nachdem es bei Protestaktionen der "Allianz gegen den Putsch" in den vergangenen Tagen zu Festnahmen gekommen war, teilte die Bewegung ihren Anhängern in der Nacht zum Mittwoch mit, sie sollten ihre Proteste ab sofort spontan und dezentral organisieren.

Die Islamisten waren bei Kundgebungen zuletzt auch mehrfach von Passanten attackiert worden. Gleichzeitig schärften die Gegner der Übergangsregierung ihren Mitstreitern ein, es sei ihre "Pflicht, nicht nachzulassen, sondern jeden Tag an Aktivitäten teilzunehmen". Gleichzeitig sollten sie Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte dokumentieren.

Inzwischen sitzt etwa ein Drittel der Führung der Muslimbruderschaft in Untersuchungshaft. In der Nacht wurde am Flughafen Kairo der Medienberater der Partei der Muslimbrüder, Murad Ali, festgenommen. Er habe nach Rom fliegen wollen, hieß es am Flughafen. Der sonst stets konservativ gekleidete Ali habe vor der geplanten Reise sein Aussehen geändert. Er sei in Jeans und ohne Bart festgenommen worden.