Lehren und lernen fernab der Heimat

Foto: epd-bild/Tillmann Elliesen
Lehren und lernen fernab der Heimat
Sie sind neugierig, wollen ihr Wissen weitergeben und ein fremdes Land kennenlernen: In fünf Jahrzehnten sind rund 17.000 Männer und Frauen mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) für einige Zeit ins Ausland gegangen. Jetzt feiert die Organisation Geburtstag.
24.06.2013
epd
Michaela Hütig

###mehr-links### Die Bustür öffnet sich und mit ihr eine neue Welt: "Alle reden miteinander, alle grüßen sich und mich. Niemand starrt vor sich hin oder in eine Zeitung", schwärmt Marion Sass. Die Busfahrten in Afrika zählen zu ihren liebsten Erinnerungen an ihre Zeit als Entwicklungshelferin in Botsuana, Tansania und Simbabwe. "Es war wichtig für mich zu erleben, mit welcher Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ich als Ausländerin aufgenommen wurde. Davon können wir Deutschen lernen. Jeder Mensch ist ja fast überall auf der Welt 'Ausländer'."

Die gebürtige Hannoveranerin zählt zu den inzwischen rund 17.000 Entwicklungshelfern im Einsatz für den Deutschen Entwicklungsdienst (DED), der seit Anfang 2011 Teil der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist. Am 24. Juni vor 50 Jahren wurde der staatliche Freiwilligendienst gegründet.

Nicht alle haben das "Helfersyndrom"

Neugier, Interesse an fremden Ländern und der Wunsch, eigenes Wissen weiterzugeben, gaben bei den meisten Entwicklungshelfern den Ausschlag, den Schritt ins Ausland zu wagen. Sass hatte unter anderem als Bankkauffrau gearbeitet und studierte Sozialwesen: "Zuerst war da große Neugier, wie das wohl ist, in einem Land des Südens zu arbeiten, und was die Entwicklungshilfe überhaupt und was ich dort leisten kann."

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Ihre Kollegin Heidrun Simm betont, dass nicht alle Entwicklungshelfer ein "Helfersyndrom" haben. "Das mag für manche zutreffen", sagt die 43-jährige Regensburgerin, die als Geografin für den DED auf den Philippinen und in Ruanda war. "Aber ich bin vielen Leuten begegnet, die genauso wie in ihrem eigenen Land ihren Job machen, aber eben bereit sind, unter erschwerten Bedingungen, unter anderen Lebens- und Arbeitsbedingungen, etwas zu bewegen, was für sie selbst mehr Sinn macht als eines von vielen Rädchen in einer Leistungsgesellschaft in Europa zu sein, in der man zu funktionieren hat." Im Ausland sei fast jeder Tag anders, und nichts sei selbstverständlich.

Die GIZ sucht für ihre Einsätze in rund 50 Ländern weltweit jedes Jahr mehr als 300 Entwicklungshelfer, die Hälfte davon für Afrika, wie Klaus-Dieter Seidel erklärt, der bei der staatlichen Organisation für die Entsendung der Helfer zuständig ist. Die Verträge laufen zumeist über zwei bis vier Jahre. Wer sich bewerben möchte, muss eine passende Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben, über mindestens zwei Jahre Berufserfahrung verfügen und wenigstens eine gängige Fremdsprache beherrschen. Vor ihrer Ausreise werden die Helfer in mehrwöchigen Kursen auf ihren Einsatz vorbereitet.

Das Leben auf den Kopf gestellt

Denn der Start in der neuen Heimat kostet Kraft. Sass erinnert sich an ihre erste Zeit in Afrika: "Die ungewohnte Hitze, andere Lebensumstände, alles ist neu, die vielen fremden Namen und Gesichter, der Respekt vor der neuen Aufgabe und vor den Menschen - das alles hat mich am Anfang schon überrollt." Auch ihr gewohntes soziales Umfeld vermissen viele zu Beginn. "Mit der Zeit richtet man sich aber ein." Man genießt die tropischen Früchte und findet Wege, das, was einem fehlt, zu ersetzen.

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Insgesamt überwiegen für die Entwicklungshelfer aber klar die positiven Erfahrungen. "Man kann mit einer zuerst doch sehr fremden Kultur in intensiveren Kontakt treten, anders als es als Tourist möglich ist", sagt Sass. Was davon bleibt? Die Herausforderung sei einzigartig: "Sich selber hinterfragen zu müssen, viel lernen zu können, sich in Geduld üben zu lernen und das bisherige Leben zunächst auf den Kopf gestellt zu erleben, alles Gewohnte zu verlassen und auch die gestellten Anforderungen bewältigen zu können."

Auch Simm schwärmt davon, dass die Jahre im Ausland sie toleranter und flexibler gemacht hätten. Zugleich mahnt sie aber auch: "Nicht jeder ist dafür gemacht, aus seinem eigenen Kulturkreis auszubrechen und anderen Ländern und Sitten offen gegenüber zu treten." Ihr Tipp: Nicht nach den ersten Niederlagen gleich aufgeben. Wer sich das zutraut, findet auf der Website der GIZ aktuelle Stellenangebote: Gesucht werden etwa Ärzte für Tansania, Hebammen für Kamerun und Bangladesch sowie Berater für Umweltmanagement in Guatemala.