Dem Schöpfer in die Hände spielen

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Der gelbe Sonnenhut.
Dem Schöpfer in die Hände spielen
Blaue Bohnen, gelber Mangold und glattblättriger Grünkohl: Eine Gruppe von Gartenfreundinnen im Oberbergischen (NRW) hat sich zum Ziel gesetzt, alte Kulturpflanzen zu retten. Mittlerweile stehen 270 Sorten auf ihrer Liste.

"Was habt ihr im Garten, das seit 1950 oder länger dort kultiviert wird?" Mit dieser Frage auf einem eigens entwickelten Faltblatt wandten sich Landfrauen und Gartenliebhaberinnen aus dem Oberbergischen im Frühjahr 2001 an die Öffentlichkeit. Sie wollten nicht zusehen, wie die Schöpfung um sie herum schleichend immer ärmer wird.

Die Gartenarche-Frauen

Deswegen haben sich die Frauen zum Ziel gesetzt, alte traditionelle Nutz- und Zierpflanzen ihrer Region zu erhalten und zu verbreiten. Denn die robusten und über Jahrzehnte ans Klima ihres Standortes angepassten Blumen und Zierpflanzen und die schmackhaften Gemüsesorten aus Großmutters Zeiten drohen beinahe unbemerkt verloren zu gehen.

War es früher selbstverständlich, im eigenen Garten Saatgut für das nächste Frühjahr zu vermehren und über den Gartenzaun Ableger zu tauschen, so greifen die HobbygärtnerInnen von heute meistens selbstverständlich zum Saatguttütchen aus dem Supermarkt oder decken sich im Gartencenter mit Pflanzen ein - mit der Folge, dass die Vielfalt abnimmt. Hunderte alte Kulturpflanzen verschwanden vom Wochenmarkt und aus den Gärten.

Bohnen, Grünkohl, Erbsen

International agierende Saatgutfirmen und multinationale Konzerne verbreiten zudem Monokulturen. Aus ihrer Sicht lohnt es nicht, alte Sorten für das kleine Marktsegment der Hobbygärtner im Sortiment zu halten. Vielfalt und genetische Ressourcen bleiben auf der Strecke. Global gesehen kann das sogar zur Gefahr für die Welternährung werden, denn Monokulturen sind anfällig für Krankheiten, besonders wenn sie nicht an Klima und Boden angepasst sind.

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Der Aufruf der oberbergischen Frauen hatte Erfolg. Gleich im ersten Jahr konnten sich Sigrid Fröhling und ihre Mitstreiterinnen über 30 Gartenschätze aus der Schatztruhe Gottes freuen. Alle wurden in einer Sortenliste mit Namen, Pflanzenbeschreibung, Verwendung und Fundort aufgelistet. Viele Zierpflanzen, zum Beispiel alte Stockrosen und Rosen, die sich zum Teil in halbverwilderten Gärten gehalten hatten, und einige Gemüsesorten wie gelber Mangold oder eine blaue Salatbohne gehörten zu den Gartenschätzen.

Die Sortenliste, die in Gemüse, Obst und Kräutern, Blumen und Rosen und Gehölz gegliedert ist, ist umfasst inzwischen 270 Pflanzenschätze. "Heute gehören 14 Bohnensorten, der glattblättrige Grünkohl und etliche Erbsensorten zu unseren wiederentdeckten Raritäten", freut sich Sigrid Fröhling.

Blaue Bohnen

Was ihr persönlicher Favorit ist? "Die blaue Salatbohne, die sieht wunderschön aus und schmeckt gut", antwortet die Gartenfreundin, für die die Arbeit in der Natur Erholung für Leib und Seele ist. Auch wenn Gott nicht so einfach in der Natur zu erkennen ist, so ist sie doch wie ein Kunstwerk, das auf den Schöpfer hinweist.

Zur Verbreitung der alten Sorten haben sich Gartenarche-Frauen ein überzeugendes Konzept ausgedacht: Sie vergeben Patenschaften für die Gartenschätze. Interessenten können aus der Sortenliste bis zu fünf Pflanzen auswählen, für die sie eine Patenschaft übernehmen. Sie müssen in der Region wohnen und verpflichten sich, die Pflanzen für mindestens fünf Jahre zu pflegen und Saatgut und Ableger an die Gartenarche zurückzugeben.

Bei der jährlichen stets sehr gut besuchten Pflanzentauschbörse auf dem Gelände von Schloss Homburg in Nümbrecht können die Paten ihre vorbestellten Pflanzen abholen. Ihre "Ernte" an Saatgut oder Ablegern können sie dann beim Gärtnerkaffeklatsch im Herbst abliefern.

"Wir geben unsere Erfahrungen gerne weiter"

Den Winter über wird dann das Saatgut sortiert, die Sortenliste ergänzt und aktualisiert und die nächste Patenschaftsaktion vorbereitet. "Inzwischen haben wir über 500 Paten", sagt Sigrid Fröhling. Wie viele Pflanzen und Saatgut die Gartenarche im vergangenen Jahrzehnt ausgegeben hat, vermag sie nur zu schätzen. "Das geht in die Tausende", meint sie.

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Sigrid Fröhling freut sich, dass das Gartenarche-Konzept aufgeht, das dem Grundsatz "Global denken - lokal handeln" verpflichtet ist. Die kleine lokale Initiative, die sich vor Ort um die Gartenvielfalt bemüht, arbeitet deshalb mit anderen Organisation wie dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) und dem Zusammenschluss von Landwirten und Gärtnern "Dreschflegel" zusammen, der Saatgut für alte Kultursorten vermehrt.

Eines tut die Gartenarche allerdings nicht: Saatgut und Ableger deutschlandweit verschicken. "Das macht ja keinen Sinn", meint Sigrid Fröhling, denn es geht ja gerade um den Erhalt von lokal angepassten Sorten. Wer allerdings die Arbeitsweise und das Konzept andernorts übernehmen will, ist bei der Gartenarche an einer guten Adresse: "Wir geben unsere Erfahrungen gerne weiter", sind sich die Frauen einig.