Seit 40 Jahren gemeinsames Abendmahl

Seit 40 Jahren gemeinsames Abendmahl
Reformierte und Lutheraner unterschrieben am 16. März 1973 die Leuenberger Konkordie
Vor 40 Jahren gab es einen historischen Durchbruch der Kirchen im Streit ums Abendmahl - freilich nur unter Protestanten. Mehr als 400 Jahre lang lagen Lutheraner und Reformierte im Zwist und wollten Brot und Wein am Altar nicht teilen.
16.03.2013
epd
Stephan Cezanne

Wer auf die Abendmahlsgemeinschaft von Katholiken und Protestanten dringt, darf nicht vergessen: Selbst lutherische und evangelisch-reformierte Christen brauchten rund 450 Jahre, bevor sie Brot und Wein am Altar miteinander teilten: Vor 40 Jahren - am 16. März 1973 - wurde auf dem Leuenberg bei Basel der endgültige Text der Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa fertig, kurz "Leuenberger Konkordie" genannt. Seitdem besteht Kirchengemeinschaft zwischen lutherischen, reformierten und den aus ihnen hervorgegangenen unierten Kirchen sowie den vorreformatorischen Kirchen der Böhmischen Brüder und der Waldenser, die lange vor Luther evangelisch waren.

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Die Spaltung des Protestantismus zwischen Lutheranern und Reformierten - die sich vor allem auf den Reformator Johannes Calvin (1509-1564) berufen - nahm dem Kirchenhistoriker Karl Kupisch (1903-1982) zufolge ihren "unseligen Anfang" mit dem Marburger Religionsgespräch von 1529: Der hessische Landgraf Philipp - Gründer der ersten protestantischen Hochschule der Welt - lud Martin Luther (1483-1546) und Ulrich Zwingli (1484-1531) als Anführer der Konfliktparteien auf sein Schloss, um die Einheit der reformatorischen Bewegung herzustellen, auch aus politisch-militärischen Beweggründen.

Ist Christus wirklich in Brot und Wein?

Man einigte sich in vielen Fragen - doch beim Abendmahl blieb man unversöhnlich. Für Zwingli symbolisierten Brot und Wein den Leib und das Blut Jesu Christi, für Luther waren sie es tatsächlich. Luther soll seine unabänderliche Position in das Wort "est" (lateinisch für "ist" in: Dies ist mein Leib) gefasst und theatralisch mit Kreide auf einen Tisch geschrieben haben. Für Zwingli steckte Luther "noch tief im verderbten Papsttum", weil er Christus derart eng an die Elemente Brot und Wein band, erklärt der Theologieprofessor Martin Greschat (Münster). Kurz: Man ging unversöhnt auseinander. So blieb es für die nächsten Jahrhunderte, auch wenn Calvin eine weitere Lehre vom Abendmahl entwickelte.

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Selbst kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs bestand innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland keine Übereinstimmung über die Zulassung zum Heiligen Abendmahl. Wie sich der Braunschweiger Bischof und Ökumene-Experte Friedrich Weber erinnert, war es in einigen Gegenden bis in die 50er Jahre zudem noch üblich, bei Kirchenneubauten je ein reformiertes und ein lutherisches Gotteshaus - oft in Sichtweite - zu errichten. Heute dagegen, räumt der Kasseler Bischof Martin Hein ein, haben nur wenige Kirchengemeinden ein explizit konfessionelles Profil. Wer aber einen Gottesdienst der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern gewohnt sei und sich in einem reformierten Gottesdienst in Ostfriesland wiederfinde, werde den Unterschied gewiss bemerken, merkt der Theologe an.

Ob Christus im Abendmahl wirklich präsent ist oder nur als Symbol verstanden wird, mag in der Wahrnehmung vieler Christen wohl kaum noch eine Rolle spielen. Dass diese Frage jahrhundertelang Zankapfel innerhalb des Protestantismus war, ist heute auch kaum zu vermitteln.

Ordination der Pastoren wird gegenseitig anerkannt

Doch vor 40 Jahren war die "Leuenberger Konkordie" ein Meilenstein der Kirchengeschichte: Die Protestanten begruben nach einem jahrzehntelangem Dialogprozess ihre gegenseitigen Lehrverurteilungen. Zum anderen wurde mit der Konkordie Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft gewährt, auch die Ordination der Geistlichen wird seitdem anerkannt. Das heißt: Ein lutherischer Pfarrer darf auf einer reformierten Kanzel predigen und ein reformierter Pastor in einer lutherischen Kirche Abendmahl feiern.

Die Leuenberger Konkordie glättet die Differenzen zwischen den Konfessionen nicht. Der verbleibende Dissens sei aber nicht entscheidend und könne eine Trennung beim Abendmahl zwischen evangelischen Christen nicht rechfertigen, wird argumentiert. Heute ist die Konkordie Grundlage der "Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa" mit geschätzten 50 Millionen Mitgliedern. 105 lutherische, methodistische, reformierte und unierte Kirchen aus über dreißig Ländern Europas gehören dazu.

Die Leuenberger Konkordie könne auch Vorbild für die evangelisch-katholische Ökumene sein, warben die renommierten römisch-katholischen Theologen Heinrich Fries und Karl Rahner bereits in den 80er Jahren. Der frühere vatikanische "Ökumene-Minister", Kardinal Walter Kasper, erteilte dem Konzept allerdings wiederholt eine Absage. Auch sein Nachfolger als Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Kurt Koch, sieht in dem Leuenberg-Konzept kein Modell für die Ökumene.