Neues Tauziehen um Hitlers "Mein Kampf"

In Deutschland derzeit noch nicht möglich, in Indien allerdings schon: "Mein Kampf" in der Buchhandlung
Foto: alimdi.net/Olaf Krüger
In Deutschland derzeit noch nicht möglich, in Indien allerdings schon: "Mein Kampf" in der Buchhandlung. Bayrische Forscher wollen nun eine kritisch begleitete Edition herausbringen, bevor das Recht am Text abläuft.
Neues Tauziehen um Hitlers "Mein Kampf"
Der Freistaat Bayern hat die Urheberrechte an Hitlers "Mein Kampf" und lehnt einen Nachdruck bisher ab. Im Jahr 2015 läuft das Urheberrecht ab, dann kann das Pamphlet von jedem veröffentlicht werden. Bevor das passiert, sollte besser eine historisch-kritische Ausgabe herausgegeben werden, meinen Historiker. An einer solchen wird in München bereits gearbeitet.
20.02.2013
epd
Daniel Staffen-Quandt

Politiker und Wissenschaftler verteidigen die Pläne zur Herausgabe einer historisch-kritischen Edition von Adolf Hitlers "Mein Kampf". Seit mehreren Jahren schon arbeitet das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München an einer kommentierten kritischen Ausgabe. Der bayerische Landtag will die Staatsregierung am Donnerstag mit einem Antrag dazu auffordern, die von dem Institut begonnene Arbeit voranzutreiben. Josef Schuster, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, hält das Vorhaben des Instituts indes nur für "die zweitbeste Lösung".

Schuster lehnt eine Neuauflage tendenziell ab. Der Freistaat habe eine Neuauflage bisher stets mit dem Verweis auf sein bis 2015 geltendes Urheberrecht abgelehnt. Angesichts des Inhalts stelle sich darüber hinaus die Frage, ob man eine Neuauflage "nicht vielleicht auch aus strafrechtlichen Gründen verbieten kann", so Schuster. Sollte dies juristisch nicht möglich sein, "ist eine historisch-kritische Ausgabe ein Muss". Er befürchte, dass Auszüge "von Rechtsextremen für ihre Zwecke" missbraucht werden. Da Antisemitismus nach wie vor weit verbreitet sei, halte er die Schmähschrift "für immer noch gefährlich".

"Das Buch ist auch in Deutschland nicht verboten"

Für den Projektleiter des Instituts für Zeitgeschichte, Christian Hartmann, gehen diese Befürchtungen und Kritik an der Realität vorbei. Einerseits sei dieses Buch in vielen Ländern der Welt frei verfügbar, andererseits könne es jeder im Internet lesen. Dass nun gerade eine historisch-kritische Edition wieder infrage gestellt werde, sei sonderbar. "Solche Kritik nimmt nicht zur Kenntnis, dass wir am IfZ eine ausgefeilte, differenzierte Forschung betreiben", betonte Hartmann. Das Institut für Zeitgeschichte habe in den vergangenen Jahren bereits etliche kritische Editionen von Texten hochrangiger Nazis, wie beispielsweise Rudolf Höß, Joseph Goebbels oder auch Hitler publiziert.

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Auch die Idee, das Buch strafrechtlich verbieten zu wollen, sei "aus der Perspektive der Opfer und ihrer Nachfahren verständlich", rein juristisch aber nicht haltbar. "Man muss in diesem Zusammenhang einmal deutlich sagen: Das Buch ist auch in Deutschland nicht verboten", so Hartmann. Es sei bislang nur nicht in Deutschland verfügbar, weil das bayerische Finanzministerium als Halter der Urheberrechte alle Nachdruckgesuche abgelehnt habe. Dies sei nach Ablauf der Urheberrechte Ende 2015 nicht mehr möglich. Mit der IfZ-Edition soll ein "politisch-ökonomischer Missbrauch" durch Verleger und Rechtsradikale verhindert werden. 

Diesen Auftrag hat das Institut für Zeitgeschichte bereits seit Jahren, zuletzt hatte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) im April des vergangenen Jahres nach der ersten Sitzung eines eigens für den Umgang mit "Mein Kampf" einberufenen Runden Tisches finanzielle Unterstützung für das Projekt zugesagt. Bei dem Institut arbeitet man mit Hochdruck an der Ausgabe, das ganze Projekt sei aber nun einmal zeitaufwendig und nicht einfach. Den anvisierten Erscheinungstermin vor Ablauf der Urheberrechte Ende 2015 werde man nach aktuellem Bearbeitungsstand aber einhalten können, sofern es von außen keine weitere Verzögerung gebe.