Faire Elektronik – geht das?

Grün und fair - die Computermaus von Susanne Jordan
Grün und fair - die Computermaus von Susanne Jordan
Faire Elektronik – geht das?
Susanne Jordan, 35, hatte es satt, dass es im Geschäft faire T-Shirts und Schokolade gibt, aber keine faire Elektronik. Die Geografin hatte wenig Ahnung von Technik, aber eine Idee. Heute, nach drei Jahren Arbeit, verkauft sie mit ihrer Firma die fairste Maus der Welt.
05.02.2013
evangelisch.de
Katrin Langhans

Frau Jordan, wie sind sie auf die Idee gekommen, eine faire Computermaus zu entwickeln?

Susanne Jordan: Ich habe drei Jahre bei der Ratingagentur "Oekom research" gearbeitet, die bewertet, wie ökologisch und sozial Firmen produzieren. Dabei habe ich festgestellt, dass die Arbeitsbedingungen in dem Bereich Computer und Elektronik sehr schlecht sind. Die Fabriken sind oft in Asien oder Lateinamerika und die Arbeiterinnen müssen sieben Tage die Woche, zwölf Stunden am Tag, arbeiten. Das Geld reicht trotzdem kaum zum Leben. Ich dachte: Es gibt faire Schokolade, fairen Kaffee, faire Klamotten. Warum nicht auch faire Elektronik?

Warum gerade eine Maus?

Jordan: Ich habe ein durchschnittliches technisches Verständnis und eine Maus ist ein relativ einfaches, elektronisches Gerät. Außerdem: Die wenigsten bevorzugen bestimmte Marken oder haben eine konkrete Vorstellung davon, wie eine Computermaus aussehen soll. Hauptsache, sie hat zwei Tasten und ein Scrollrad.

"Es ist schwierig"

Soweit die Idee und dann?

Jordan: Ich habe die Maus aufgeschraubt, geguckt was drin ist, und geschaut, wo ich diese Einzelteile aus fairer Produktion bekommen könnte. Ursprünglich wollte ich, dass nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern auch alle verarbeiteten Rohstoffe fair sind. Aber das ist schwierig, weil ich die Rohstoffe nicht selbst verarbeite, sondern einzelne Bauteile. Und bei meiner geringen Stückzahl lohnt es sich für eine Firma nicht, Sonderwünsche zu beachten und zum Beispiel recyceltes Zinn zu nehmen, auch wenn das sozialverträglicher wäre, weil die Arbeitsbedingungen in den Zinnminen oft sehr schlecht sind.

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Was genau ist jetzt fair an der Maus?

Jordan: Bei der Montage, dem Löten der Leiterplatte sowie bei der Herstellung von etwas mehr als der Hälfte der Bauteile sind die Arbeitsbedingungen sehr gut. Die Arbeiterinnen sind keinen giftigen Chemikalien ausgesetzt, langfristig sozial abgesichert und müssen keine Überstunden machen. Sie können gut von ihrem Arbeitslohn leben.

Wie überprüfen Sie die Arbeitsbedingungen?

Jordan: Ich recherchiere im Internet und informiere mich auf Messen für elektronische Bauteile. Zwei Drittel der Mausteile beziehe ich aus Japan, Israel oder Deutschland. Ich gehe davon aus, dass diese Firmen die hohen Sozial- und Umweltstandards einhalten. Einige Sachen aber werden dort nicht produziert. Der Sensor zum Beispiel kommt aus den Philippinen, und noch ein paar andere Bauteile kommen aus China. Da kann ich nicht sicher sagen, wie die Arbeitsbedingungen sind. Ich gehe aber davon aus, dass sie schlecht sind.

"Bis die Maus komplett fair ist, wird es noch Jahre dauern"

Können Sie das nicht überprüfen?

Jordan: Für jedes Bauteil in die Fabrik zu reisen, das wäre zu teuer.

Glauben Sie, dass die Maus jemals komplett fair sein wird?

Jordan: Ich hoffe ja. Ich glaube, wenn ich die ersten Mäuse verkauft habe, ist es leichter Firmen davon zu überzeugen, dass sie für mich Ausnahmen machen und Einzelteile fair produzieren. Ich kann sagen: Schaut her, das Konzept funktioniert. Es gibt Bedarf. Wollt ihr euch nicht beteiligen und zum Beispiel ein faires Kabel aus recyceltem Kupfer machen? Für die Firmen wäre das grüne Werbung und ich käme Schritt für Schritt weiter. Bis die Maus komplett fair ist, das wird noch Jahre dauern. Ich sehe das so: Mein Projekt ist eine teilfaire Maus, die immer fairer werden soll.

Wird sie fair zusammengebaut?  

Jordan: Ja. Eine Integrationswerkstatt in Regensburg hat die ersten 3000 Stück zusammen geschraubt.

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Was kostet die Maus?

Jordan: Sie kostet 26,90 Euro. Noch verdiene ich kein Geld damit, aber mein langfristiges Ziel ist, dass sich das Projekt inklusive Arbeitszeit selbst trägt.  

Wer soll die Maus kaufen?

Jordan: Privatleute, Gemeinden und soziale oder kirchliche Einrichtungen, die Kinderarbeit ausschließen wollen und sich auch in anderen Bereichen für eine gerechtere Welt einsetzen. Da sollte man konsequent sein und eben auch fairen Kaffee oder faire Elektronik kaufen.

Wie fair leben Sie denn?

Jordan: Ich esse faire Schokolade, kaufe Secondhandklamotten, selten etwas Neues, und wenn, dann fair produziert. Ich konsumiere bewusst und repariere Sachen, anstatt sie wegzuwerfen.