"Der Weltuntergang findet nicht statt"

Foto: dpa/Thomas Schulze
Der Astrophysiker Harald Lesch.
"Der Weltuntergang findet nicht statt"
Der 52-jährige Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Harald Lesch führt vom 30.September an durch den ZDF-Programmschwerpunkt "Vorstoß ins Unbekannte". In der Serie werden die Geheimnisse des Weltalls, der Evolution und der Zeit, aber auch Untote und Verschwörungstheorien behandelt. Den Auftakt macht am 30.9. um 19.30 Uhr „Terra X: Faszination Universum“.

Welches große wissenschaftliche Geheimnis würden Sie gerne entschlüsseln, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?

Harald Lesch: Ganz klar die Frage, ob wir allein im Universum sind. Das ist für mich das interessanteste wissenschaftliche Geheimnis überhaupt.

Glauben Sie denn an Außerirdische?

Lesch: Ich denke, es gibt jede Menge Planeten, wo einfache Formen des Lebens wie Einzeller vorkommen, und eine ganze Reihe, wo es grünen Urschleim oder Würmer gibt. Es gibt aber nach meiner Überzeugung auch fremde Planeten, wo hochentwickelte Lebewesen existieren, die ein Interview führen können. Wenige zwar, aber es gibt sie. Wäre natürlich toll, wenn man mit denen in Kontakt treten könnte – das würde ungeahnte Möglichkeiten des Wissens eröffnen. Man könnte die Aliens zum Beispiel fragen, wie sie das mit der Energie machen oder ob sie ihren Müll trennen – lauter solche hochinteressanten Dinge.  

"Ich kann mit Ufos nichts anfangen"

Warum haben dann noch keine Aliens mit uns Kontakt aufgenommen?

Lesch: Weil sie entweder so weit von uns weg sind, dass es eine ganze Weile dauert, bis die hier gelandet sind. Oder aber es gibt sie erst seit so kurzer Zeit, dass sie einfach noch keine Möglichkeit dazu hatten, mit uns in Kontakt zu treten. Vielleicht gehört unsere Zivilisation zu den ersten in der Milchstraße – deshalb wäre es auch kein Wunder, dass noch niemand Kontakt mit uns aufgenommen hat. Dabei wäre die Erde als Reiseziel sehr attraktiv, weil wir der einzige Planet in der Milchstraße sind, der einen Begleiter hat, der sein Zentralgestirn ab und zu mal komplett verdeckt – das uns allen wohlbekannte Phänomen der totalen Sonnenfinsternis. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in intergalaktischen Reisebüros als touristische Sensation angepriesen wird. Oder auch mit den Worten: „Wenn Sie mal einen wirklich schönen Planeten sehen möchten, dann gucken Sie sich mal die Nummer drei in diesem Sonnensystem hier an.“ 

Möglicherweise gibt es ja bereits außerirdische Besucher auf der Erde – oder ist das totaler Humbug?

Lesch: Das ist völliger Quatsch, obwohl es ja die These gibt, die Hälfte der Weltbevölkerung sei außerirdisch, weil nur so die Missverständnisse zwischen Männern und Frauen zu erklären sind (lacht). 

Und wer sind in diesem Modell die Aliens?

Lesch: Aufgrund der Ästhetik natürlich unbedingt die Frauen, die sehen einfach besser aus.

Was halten Sie von der These, dass Außerirdische die Erde als Wildreservat betrachten und uns Menschen nur beobachten, der von manchen Wissenschaftlern vertretenen Zoo-Theorie?

Lesch: Netter Versuch, überzeugt mich aber überhaupt nicht. Ich kann auch mit Ufos nichts anfangen. 

"Ich bin ein Bewunderer Goethes"

Wäre es denn überhaupt wünschenswert, dass Außerirdische mit uns Kontakt aufnehmen?

Lesch: Das ist in der Tat eine ganz schwierige Frage, die ich in einem Seminar an der Universität mal mit meinen Studenten durchgespielt habe. Eines der Ergebnisse war, dass nur eine Zivilisation interstellare Raumschiffe bauen könnte, bei der es zu Hause keine Kriege gibt – ansonsten wären die nicht in der Lage, ein derart gigantisches Unternehmen zu wuppen. Das wären also eher friedfertige Außerirdische, die uns nicht gefährlich werden könnten. Das ist die positive Variante. Die negative besagt, dass die Außerirdischen die Ressourcen ihres Planeten verbraucht haben und losgezogen sind, um andere Planeten zu finden und gegebenenfalls zu kolonisieren. Das wäre natürlich nicht so gut. Mir gefällt die Hypothese besser, dass man es im Falle eines Kontakts mit friedlichen, weisen Wesen zu tun bekäme anstatt mit irgendwelchen aggressiven Idioten. Die Zeit wird es ja vielleicht zeigen. 

Stichwort Zeit: In einer Ihrer Sendungen geht es genau darum und zum Beispiel um die Frage, ob Zeitreisen möglich sind. Sind sie es?

Lesch: Nein, sie sind physikalisch völlig unmöglich, und zwar vor allem aus diesem Grund: Wenn Sie wirklich in der Zeit zurückreisen wollten, dann müssten Sie das ganze Universum in den Zustand versetzen, in dem es zum angepeilten Zeitpunkt war. Dazu müssten Sie mehr Energie zur Verfügung haben, als das Universum selbst zur Verfügung stellt – und das ist absolut unmöglich.  

Wenn Zeitreisen trotzdem möglich wären – wohin würde es Sie persönlich verschlagen?

Lesch: Da ich ein großer Geschichtsfan bin, würde ich in die Vergangenheit reisen – und zwar ins beginnende 19. Jahrhundert. Am liebsten nach Weimar, wo Goethe seinen „Faust“ geschrieben hat. Ich bin ein großer Bewunderer Goethes.  

"Am 21. Dezember geht die Welt nicht unter"

Und wenn es in die Zukunft ginge?

Lesch: Dann wäre die entscheidende Frage, ob ich wieder zurückreisen darf – und wenn das der Fall wäre, würde ich die Zukunft lieber nicht kennen lernen. Vielleicht ist sie ja so schlecht, dass man das gar nicht wissen will. Die Offenheit der Zukunft ist schließlich eine der Grundbedingungen für unser Menschsein.

Eine Zukunft, die Verschwörungstheoretikern zufolge schon sehr bald sehr düster ausfallen kann. In einer Sendung setzen Sie sich mit dem Weltuntergang auseinander, der dem Maya-Kalender zufolge am 21. Dezember 2012 stattfinden soll...

Lesch: Stimmt, ich kann aber Entwarnung geben: Am 21. Dezember dieses Jahres findet der Weltuntergang mit großer Sicherheit nicht statt – das wäre auch blöd, denn genau an diesem Tag ist ja diese Sendung, die Weltuntergangsszenarien thematisiert (lacht). Wir beschäftigen uns mit diesen ganzen Prophezeiungen auch nur, weil sie für uns eine Art Trainingslager für den gesunden Menschenverstand sind. Der Weltuntergang ist ja schon oft prophezeit worden, und bisher hat die Menschheit jeden dieser Termine unbeschadet überstanden.