Salafisten vertreten rückwärtsgewandten und terrornahen Islam

dpa/Henning Kaiser
Polizisten durchsuchen bei einer Protestkundgebung gegen eine Wahlkampfveranstaltung der Partei Pro NRW vor der König Fahd Akademie in Bonn einen salafistischen Demonstranten.
Salafisten vertreten rückwärtsgewandten und terrornahen Islam
Durch Koran-Verteilaktionen und gewalttätige Auseinandersetzungen vor der NRW-Wahl ist der Salafismus in Deutschland ins Gespräch gekommen. Die islamische Strömung ist mit Demokratie und Menschenrechten nicht vereinbar, zudem gibt es Kontakte zum Terrorismus. Doch Salafisten bilden nur eine kleine Minderheit der Muslime, und nicht alle von ihnen rufen zur Gewalt auf.

Salafisten sind durch die gewalttätigen Ausschreitungen bei Kundgebungen der rechtsextremen Pro NRW in die Schlagzeilen geraten. Bereits in den vergangenen Wochen sorgten kostenlose Koran-Verteilungen von Salafisten in Fußgängerzonen für Debatten. In Frankreich soll sich der Attentäter von Toulouse durch Kontakt mit Salafisten radikalisiert haben. In Ägypten zog die salafistische An-Nur-Partei ins Parlament ein.

Salafismus ist ein Oberbegriff für verschiedene sunnitische Bewegungen, die sich an einem Ur-Islam orientieren. Eine einheitliche Struktur oder Ideologie haben sie nicht. Salafisten erkennen nur den wörtlich zu verstehenden Koran und die Überlieferung der Taten und Äußerungen Mohammeds (Sunna) als verbindlich an. Andere Muslime sind in ihren Augen keine wahren Gläubigen.

Die "frommen Altvorderen"

Der Begriff geht auf die arabische Bezeichnung "as-salaf as-salih" zurück. Damit werden die "frommen Altvorderen" bezeichnet, die mit oder kurz nach dem islamischen Propheten Mohammed lebten. Sie gelten als Vorbilder für einen Islam, der nicht von Einflüssen der Moderne korrumpiert sei.

Die Bewegung wurde von intellektuellen Muslime im 19. Jahrhundert angestoßen, die sie sich als Reformer verstanden. Die Rückbesinnung auf die Altvorderen schloss für sie eine Vereinbarkeit von Islam und moderner Technik ein. Ziel war, eine in ihren Augen wahrhaft islamische Gesellschaft zu errichten.

Im Westen steht der Begriff Salafismus heute meist für eine rückwärtsgewandte Minderheitenströmung im Islam, die mit Demokratie und Menschenrechten unvereinbar ist. Das gilt etwa für die Gleichstellung der Frau oder für die Beteiligung am demokratischen System. Nicht alle Gruppen rufen dabei zu Gewalt auf.

Verschiedene Ansichten zum Dschihad

Der NRW-Verfassungsschutz unterscheidet in einer Broschüre von 2009 zwischen puristischem, dschihadistischem und sogenanntem Mainstream-Salafismus. Der puristische Zweig ist unpolitisch, gegen Gewalt und nur auf Mission ausgerichtet. Die am Dschihad orientierte Strömung befürworte dagegen auch Gewalt. Der Mainstream-Salafismus unterstützt laut NRW-Verfassungsschutz nicht offen den Dschihad-Gedanken. Ob es eine verdeckte Unterstützung gibt, sei unklar.

Dem puristischen Salafismus wird unter anderem die indische Missionsbewegung Tablighi Jamaat zugerechnet. Als Terrorgruppe erregte dagegen die "Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf" in Algerien Aufsehen. 2006 benannte sich die Gruppe um in "Al-Kaida im islamischen Maghreb". Der saudi-arabische Wahhabismus mit seinem rigorosen Islamverständnis wird häufig auch als eine Strömung des Salafismus angesehen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz spricht von 3.800 Anhängern des Salafismus in Deutschland. Bekannt wurden vor allem der Verein "Einladung zum Paradies" und das Netzwerk um die Internetplattform "Die wahre Religion". Der Verein hatte vergeblich versucht, sich in Mönchengladbach anzusiedeln und hatte sich 2011 aufgelöst. Die Website "Die wahre Religion" zeigt Videos mit Predigten und Vorträgen über die salafistische Sicht des Islam. Das Personen-Netzwerk um die Website organisiert auch die kostenfreie Verteilung deutscher Koranübersetzungen.