Fernsehwochenvorschau: "Echtes Leben: 24-Stunden Kitas"

"24-Sunden-Kitas": Wenn Mama und Papa Schicht arbeiten
Foto: NDR
"24-Sunden-Kitas": Wenn Mama und Papa Schicht arbeiten. Die Schicht von Idas Eltern Merle und Jérôme beginnt um 7 Uhr und dauert bis 19 Uhr abends. So lange wird Ida an diesem Tag in der Kita betreut werden.
Fernsehwochenvorschau: "Echtes Leben: 24-Stunden Kitas"
Fernsehwochenvorschau vom 28. April bis zum 3. Mai 2018
Viele Eltern arbeiten im Schichtdienst. Für sie ist die Kinderbetreuung täglich eine neue Herausforderung. "Echtes Leben" begleitet ein Elternpaar, dass sich für eine 24-Stunden-Kita entschieden hat. Das und noch mehr lohnt sich vom 28. April bis zum 3. Mai im TV anzusehen.

28.4., 3sat, 22.00 Uhr: "Die Brüder Humboldt und ihr Forum"

Alexander und Wilhelm von Humboldt waren herausragende Persönlichkeiten, Forscher und Denker der Aufklärung. Doch warum sind die Brüder Namensgeber des Humboldt Forums in Berlin? Die Dokumentation fragt nach der Aktualität der beiden - und wird zur Entdeckungsreise. Sie begleitet die Forscher Bénédicte Savoy und David Blankenstein zu entscheidenden Orten. Orte, an denen sich schon früh die großen Themen des Lebens der Brüder erkennen lassen. Ausgehend vom Familienwohnsitz Schloss Tegel führt der Film nach Paris, ins Baskenland, nach Freiberg und lässt viele bisher noch nie gezeigte Objekte und Bezüge entdecken. So verschieden die beiden Brüder in Charakter und Karriere auch waren - der eine Philosoph, grenzüberschreitender Sprachforscher und preußischer Minister, der andere Naturwissenschaftler, Universalgenie und Feingeist -, so haben sie doch auch zahlreiche oft überraschende Gemeinsamkeiten: Beide haben die Französische Revolution geprägt und ihre zahlreichen Reisen. Wissensdurst war für sie eine Voraussetzung, die Welt zu begreifen, um dadurch Wege zu sich selbst zu finden. Beide waren extrem freiheitsliebende Kosmopoliten, und beide sahen die Welt als Ganzes. Alexanders Credo lautete: "Alles ist Wechselwirkung". Wilhelm, der 17 Sprachen sprach und 70 erforschte, sagte: "Erst die Summe aller Sprachen bildet die Idee der Menschheit ab" - eine Überzeugung, mit der er zur Zeit der Restauration als Politiker dramatisch scheiterte.

Die antirassistischen, ökologischen und antinationalistischen Positionen von Wilhelm und Alexander Humboldt sind heute aktueller denn je. Für Deutschlands größtes Kulturprojekt, das Berliner Humboldt Forum im Berliner Stadtschloss, soll das Denken der Brüder wegweisend sein, betonen die Gründungsintendanten Neil MacGregor und Hermann Parzinger. Mit Spannung wird außerdem eine große Ausstellung über die beiden Brüder erwartet, die die Französin Bénédicte Savoy, Professorin für Kunstgeschichte an der TU Berlin und dem renommierten College de France in Paris, und der Kunsthistoriker und Museologe David Blankenstein nach ihrer erfolgreichen Schau über die Brüder Humboldt im Jahr 2014 in Paris nun für 2019 im Deutschen Historischen Museum in Berlin vorbereiten.

28.4., 3sat, 22.45 Uhr: "Precht: Verschwörungstheorien - Erfundene Wahrheiten?"

Die erste Mondlandung hat nie stattgefunden, Nine-Eleven war das Werk der CIA und Kondensstreifen vergiften uns. Verschwörungstheorien haben Hochkonjunktur. Vor allem im Netz. Warum aber suchen immer mehr Menschen ihr Heil in Verschwörungstheorien? Das will Richard David Precht vom Physiker, Philosophen und ZDF-Moderator Professor Harald Lesch wissen. Über Jahrtausende hatten die meisten Menschen wenige Chancen etwas darüber zu erfahren. Wahrheit war, was die Herrschenden, insbesondere die Kirche, als solche ausgab. Deshalb wurden Verschwörungstheorien in früheren Zeiten auch meist von den Mächtigen in die Welt gesetzt, um eigene zweifelhafte Handlungen zu legitimieren oder erwünschte Feindbilder zu installieren. Ob Hexenverfolgung, Papisten-Verschwörung und Freimaurertum damals, oder Antisemitismus, Islamphobie und Gülen-Bewegung in unserer Zeit - stets geht es darum, durch "alternative Fakten" die Realität nach eigenem Gusto zu manipulieren. Heute entstehen Verschwörungstheorien eher in den Reihen verunsicherter und misstrauischer Bürger, die besonders in Krisenzeiten hinter komplexen und schwer nachvollziehbaren Ereignissen übermächtige und teuflische Drahtzieher vermuten, die die Menschen vornehmlich aus Macht- und Habgier hinters Licht führen wollen. Dabei bietet ihnen - anders als früher - das Internet eine ideale Kommunikations- und Verbreitungsplattform. Man findet fast immer Gleichgesinnte, die den eigenen Glauben bestärken, und vermeintliches mediales Beweismaterial kann gleich tausendfach im Netz geteilt werden. Doch warum trauen heute immer weniger Menschen den offiziellen Wahrheiten? Ist es die Ohnmacht der Abgehängten und Verunsicherten? Oder befeuern die immer häufiger aufgedeckten tatsächlichen Verschwörungen wie etwa die Bankenkrise oder die Abgasmanipulationen die Bereitschaft, an noch viel abwegigere Theorien zu glauben? Haben Verschwörungstheoretiker nur eine gesunde und begründete Skepsis, oder leiden sie allesamt an Realitätsverlust, fragt Precht seinen Gast. Und wie passen Verschwörungstheorien in unser aufgeklärtes 21. Jahrhundert? Braucht der Mensch trotz Aufklärung und dem hohen Stellenwert der Vernunft irgendein emotionales, wenn nicht gar irrationales Gegengewicht? Ein Narrativ, dass die undurchschaubare Welt begreifbar macht? Einen Mythos, der die eigene Rolle im Weltgeschehen aufwertet?

28.4., Arte, 21.45 Uhr: "Karl Marx und seine Erben"

Am 5. Mai 2018 würde der Philosoph Karl Marx 200 Jahre alt; ein Denker, an dem sich bis heute die Geister scheiden. Marx selbst formulierte den Anspruch, "die Welt zu verändern". Er konnte nicht ahnen, in welchem Ausmaß das für sein Werk zutreffen würde, wenn auch erst nach seinem Tode. Wie auch immer man zu Marx und seinen Theorien stehen mag, unstrittig ist, dass kaum etwas die Geschichte des 20. Jahrhunderts so sehr beeinflusst hat wie das Werk des Mannes aus Trier.

Im Anschluss an die Spielfilmporträt ("Karl Marx", 20.15 Uhr) unternimmt die Dokumentation von Peter Dörfler eine Reise durch diese unglaubliche Wirkungsgeschichte. In den zurückliegenden hundert Jahren haben weltweit dramatische Gesellschaftsumwälzungen im Namen der Theorien von Karl Marx stattgefunden, in der Sowjetunion, in China und Kuba, in der DDR. In Westeuropa ließen sich die Studentenbewegung von 68 und die Eurokommunisten in Frankreich und Italien von Marx inspirieren. Und in jüngster Zeit, in Zeiten der Globalisierung und der Kritik daran, erlebt Karl Marx eine Renaissance. Ob ATTAC-Aktivisten oder Kritiker der Investmentbanken - sie alle finden wesentliche Argumente in den Marxschen Theorien. Aber wie unter allen Erben gibt es auch unter Marxisten bis heute erbitterten Streit darüber, wer eigentlich das Erbe wirklich fortführt. Die Dokumentation führt an Lebensstationen von Karl Marx wie Trier, Paris oder London und unternimmt eine Reise an Orte, wo Marx lebendig war oder noch ist. Zu Wort kommen Politiker wie Sarah Wagenknecht (Die Linke), Pierre Laurent (PCF) und Janis Varoufakis, Historiker wie Stephen Smith und Christina Morina, der Publizist Mathias Grefrath, der ehemalige 68er Aktivist Peter Schneider, der ehemalige Londoner Investmentbanker und Kolumnist "City Boy" Geraint Anderson, Zhang Shuangli, der Macher der chinesischen Fernseh-Shows über Marx und der Künstler Wu Weishan, der in Peking die meterhohe Marx-Statue als Geschenk an die Stadt Trier erschafft. Das "Erste" wiederholt die Dokumentation am Montag um 23.30 Uhr, der WDR am Mittwoch um 23.25 Uhr.

28.4., Arte, 23.30 Uhr: "Streetphilosophy: Nur wer zweifelt, weiß Bescheid"

Was bedeutet es für das eigene Leben, wenn man beginnt, an allem zu zweifeln? In dieser Folge von "Streetphilosophy" befasst sich Jonas Bosslet mit Descartes' Grundidee: Alles, was ich für real halte, kann eine Illusion sein. Für Jonas klingt das wie der Stoff der Kinotrilogie "Matrix". Gibt es überhaupt absolut sicheres Wissen? Die erste Station dieser Folge ist ein Tretbootverleih: Dort trifft sich Jonas mit Ronja von Rönne. Sie steht stellvertretend für eine Generation, die sich besonders ausgiebig mit Selbstzweifeln beschäftigt; sie schreibt darüber ganze Romane und hat selbst vier Studiengänge abgebrochen. Ihre Antwort auf die Frage, wann sie das letzte Mal gezweifelt habe: "Heute morgen. Ich bin verkatert und habe tatsächlich überlegt, gar nicht erst zu diesem Dreh zu kommen." Anschließend trifft Jonas die Philosophin Tatjana. Sie sagt: "Es ist wichtig, auch scheinbar Offensichtliches zu hinterfragen. Aber alles anzuzweifeln, kann ein Leben auch zerstören." Auf der Bundespressekonferenz setzt sich Jonas zwischen die Journalisten. Vielen Menschen ist das Vertrauen in die Politik abhanden gekommen. Warum eigentlich? Verleger und Journalist Jakob Augstein, dem Jonas als nächstes begegnet, sagt offen, er nehme aus Prinzip die Gegenposition zur Mainstream-Meinung ein. Jonas' letzte Station ist eine Moschee in Berlin-Neukölln. Von Imam Ferid Heider erfährt er, dass Glaube und Liebe den Zweifel auflösen können.

29.4., ARD, 17.30 Uhr: "Echtes Leben: 24-Stunden Kitas"

Montagmorgen, 5.30 Uhr in Hamburg. Ida ist elf Monate alt und muss aufstehen. Zeit für die Kita. Die Schicht ihrer Eltern Merle und Jérôme beginnt um 7 Uhr und dauert bis 19 Uhr abends. So lange wird Ida an diesem Tag in der Kita betreut werden. Ihre Eltern sind Rettungs- beziehungsweise Notfallsanitäter. Sie arbeiten im Zwei-Schicht-System: 12 Stunden tagsüber oder 12 Stunden nachts. Arbeitszeiten, die mit den Betreuungszeiten vieler Krippen und Kitas nicht vereinbar sind. Deshalb besucht ihre Tochter Ida eine 24-Stunden-Kita. Dort soll sie demnächst auch regelmäßig übernachten. Bisher hat Ida bei den Großeltern geschlafen, wenn Merle und Jérôme gleichzeitig Nachtschicht hatten. Seit 2016 entstehen mehr und mehr 24-Stunden-Kitas in Deutschland, finanziell gefördert vom Bund. Dort können Kinder rund um die Uhr betreut werden. Auch am Wochenende. Denn immer mehr Menschen - darunter viele Eltern - arbeiten außerhalb der üblichen Arbeitszeiten: abends, nachts oder am Wochenende. Die Eltern sind Busfahrer und Ärztinnen, Fotografen, Kassiererinnen oder Rettungssanitäter wie Idas Eltern. In den meisten Krippen und Kitas werden Kinder aber nur werktags und tagsüber betreut. So ist es für schichtarbeitende Eltern tagtäglich eine neue Herausforderung, die Kinderbetreuung zu organisieren. Viele fühlen sich damit allein gelassen.

Idas Eltern hoffen nun, dass ihre Tochter an die Übernachtungen in der Kita gewöhnen wird; beide können und wollen ihre Jobs nicht aufgeben. Anke Hunolds Film verhehlt aber auch nicht, dass sich das Paar immer wieder rechtfertigen muss.

29.4., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst"

Schalke steht für Fußball und Fangesänge. In dem Gelsenkirchener Stadtteil erklingen aber auch Violinen und Gitarren, denn hier hat eine evangelisch-freikirchliche Gemeinde ein Musikkolleg. Es soll Kindern und Jugendlichen den Zugang zu anderer Musik ermöglichen. Im Rahmen des Fernsehgottesdienstes ist im Kirchsaal dieser baptistischen Gemeinde das Schüler-Streichensemble zu hören; auch die "Lehrerband" um Markus Schaufelberger tritt auf. Pastorin Katrin Laug widmet sich der Frage, was Musik eigentlich zu "guter" Musik macht und was die mit dem Glauben zu tun hat. Die Zuschauer dürfen während des Gottesdienstes darüber abstimmen, welcher Choral aus einer Auswahl gesungen werden soll.

29.4., ZDF, 18.00 Uhr: "ZDF.reportage: "Klagen über Klagen"

Die Flüchtlingswelle hat die deutschen Verwaltungsgerichte erreicht. Die Zahl der Asyl-Klagen ist explodiert. Viele Verfahren verzögern sich. Die Richter kommen mit der Arbeit kaum hinterher. Rund zwei Drittel aller Asyl-Ablehnungsbescheide landen vor Gericht. Im Jahr 2017 dürften es weit über 200.000 Verfahren gewesen sein. Auf eine solche Klagewelle sind die deutschen Verwaltungsgerichte nicht vorbereitet. Was sind die Folgen?
Die Bundesländer reagieren unterschiedlich. Einige ziehen Richter von Sozial- und Arbeitsgerichten ab und lassen sie beim Asyl aushelfen. Andere setzen auf mehr Neuanstellungen, doch überall herrscht dasselbe Problem: Der Rechtsstaat kommt an seine Kapazitätsgrenze. Jeder abgelehnte Asyl-Bewerber hat das Recht, zu klagen - und von diesem Recht wird häufig auch Gebrauch gemacht. Die "ZDF.reportage" begleitet Richter an zwei deutschen Verwaltungsgerichten in Köln und Karlsruhe. Neben ihren "eigentlichen Einsatzgebieten" müssen alle beim Abarbeiten der Asylfälle aushelfen. Der Film zeichnet nach, welche Auswirkungen das hat. Was bedeutet es, wenn Akten länger liegen und Verfahren sich verzögern? Da geht es um verweigerte Baugenehmigungen, Abriss-Verfügungen, eine umstrittene Betriebsschließung oder eine entzogene Fahrerlaubnis. Asyl-Bewerber bleiben lange im Unklaren, ob sie abgeschoben werden oder nicht, ob die Familie nachziehen darf oder ob sie auf Dauer von den Angehörigen getrennt bleiben werden. Es ist ein breit gefächertes Spektrum an Fällen; manchmal Lappalien, manchmal hängen aber auch Existenzen von einer Entscheidung ab. Verzögern sich solche Verfahren, dann kann das für Kläger und Beklagte ernste Konsequenzen haben.

Die "ZDF.reportage" schaut nach: Wie gehen die Richter mit den Aktenbergen um? Was bleibt liegen? Und was bedeuten die langen Wartezeiten für die Betroffenen?

30.4., ARD, 20.15 Uhr: "Die Story im Ersten: Was Deutschland bewegt – Die Schattenseiten des Booms"

Seit 2005 sinken die offiziellen Arbeitslosenzahlen, die Konjunktur läuft auf Hochtouren, überall werden Arbeitskräfte händeringend gesucht. Doch der Boom hat Schattenseiten. Viele Menschen fühlen sich benachteiligt. Sie arbeiten in prekären Beschäftigungsverhältnissen, kommen aus der Teilzeit nicht in die Vollzeit, werden unter Mindestlohn bezahlt und haben kaum eine Chance darauf, dass es besser wird. Die Achillesferse des deutschen Arbeitsmarktes ist seit vielen Jahren die Langzeitarbeitslosigkeit. Die neue Regierung will jetzt das Problem, an dem sie schon in der letzten Legislaturperiode gescheitert ist, erneut angehen. Neue wichtige politische Anstrengungen, die für viele Betroffene aber zu spät kommen. Abgehängte Regionen im Osten und Globalisierungsverlierer im Westen. In der Dokumentation geht es um die betroffenen Menschen. Müssen sie sich mit ihrem Schicksal abfinden? Was wäre notwendig, damit auch sie viel mehr am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben können? Wie schafft man es, dass es wieder aufwärts geht? Eine weitere Schattenseite des Booms ist der Betrug beim Mindestlohn. 2,2 Millionen Arbeitnehmer arbeiten für Gehälter unterhalb des Mindestlohns. Das fand das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut Anfang des Jahres heraus. Mit Stücklohn, Nichtzahlen von Überstunden und mit anderen Tricks werden Arbeitnehmer um ihren gerechten Lohn geprellt.

Die Dokumentation deckt Praktiken auf, wie in bestimmten Branchen gezielt weniger gezahlt wird, als gesetzlich vereinbart. Viele Arbeitnehmer trauen sich nicht, ihre Rechte wahrzunehmen, denn der Druck am Arbeitsplatz hat sich in vielen Unternehmen erhöht, viele Menschen sind von Altersarmut bedroht. Nach der Globalisierung und ihren Folgen für unsere Arbeitswelt geht es in naher Zukunft um neue Herausforderungen. Die Umwälzungen der Digitalisierung werfen ihren Schatten voraus. Mit schlechten Prognosen für viele Arbeitnehmer in Behörden, Ämtern und Verwaltungen. Es wird nicht Regionen am Rande Deutschlands treffen, sondern die Finanz- und Verwaltungszentren, die Landeshauptstädte. Sind wir darauf vorbereitet? Stehen wir vor einer neuen Massenarbeitslosigkeit, weil Maschinen und Algorithmen den Arbeitstakt bestimmen werden? Auch dieser Frage geht der Film mit Analysen und mit Hilfe von Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern nach.

30.4., ARD, 22.45 Uhr: "Rabiat: Drogenrepublik Deutschland"

Radio Bremen bringt ein Reportageformat ins "Erste", das jungen Reporterinnen und Reportern die Möglichkeit gibt, ihre Geschichte für ein großes Fernsehpublikum zu erzählen. Ihr Fokus richtet sich auf die teilnehmende Beobachtung. Zum Auftakt befasst sich Film Anne Thiele mit der "Drogenrepublik Deutschland". Protagonist ist Hendrik, Mitte 30, Akademiker. Er ist reflektiert, steht mitten im Leben und nimmt gern chemische Drogen. Dass er kein Einzelfall ist, zeigen die Ergebnisse der Global Drug Survey, der weltgrößten Drogenumfrage, bei der auch 2017 wieder über ein Drittel der Teilnehmer angab: "Ja, ich nehme Drogen." Mehr als die Hälfte der Konsumenten hatte im vergangenen Jahr gekifft, jeder vierte schluckte Ecstasy oder schnupfte MDMA, zwölf Prozent koksten. Dennoch gelten gerade chemische Drogen weiterhin als Teufelszeug. Thiele stellt aber auch Menschen wie Kelvin vor. Der 33-Jährige leidet an Depressionen; bisher hat kein Medikament richtig gewirkt. Ohne Cannabis oder andere illegale Substanzen wäre sein Leben oftmals die Hölle, sagt er. Er steht mit seinem Konsum immer auch mit einem Bein im Gefängnis. Deshalb wünscht er sich eine andere Drogenpolitik.

30.4., 3sat, 23.40 Uhr: "37 Grad: Das große Vergessen"

Walter Krieg befasst sich in einem Film mit einem Thema, von dessen Existenz die meisten Menschen nicht mal etwas ahnen: Demenz kann auch junge Leute treffen. Die Reportage stellt Betroffene vor, darunter auch Florian, 37. Der Vater von zwei kleinen Kindern arbeitet als Kreisjugendpfleger bei der Stadt Pforzheim, er ist beliebt und umtriebig. Bis ihn seine Arbeit, seine Kollegen nicht mehr zu interessieren scheinen und er desorientiert wirkt. Am Ende unterschreibt Florian widerstandslos seine Kündigung. Die Eltern, seine Frau, die Schwester und Freunde stehen vor einem Rätsel, tippen zunächst auf Burnout oder Depression. Auf der Suche nach einer Diagnose beginnt für Florian eine monatelange Odyssee durch verschiedene Pflegeheime und Krankenhäuser bis in die Psychiatrie. Wie sich schließlich herausstellt, hat Florian eine besonders schnell fortschreitende "Frontotemporale Demenz". Der Frontallappen im Gehirn des Menschen steuert das Sozialverhalten. Ist dieser Frontallappen angegriffen, gerät der Betroffene langsam außer Kontrolle, hält sich an keine Regeln mehr und bedarf ständiger Betreuung. Nach all den Erfahrungen mit Kliniken und Pflegeeinrichtungen haben die Eltern Florian zu sich nach Hause geholt. Wie bei einem Kleinkind erfordert die Betreuung ihres jetzt 41-jährigen Sohnes einen großen Einsatz rund um die Uhr. Es gilt, ihn wie ein Kind zu bespielen, abzulenken, Interessen zu wecken und ihm Regeln - im Rahmen seiner Möglichkeiten - beizubringen. Im Gegensatz zu Florian kann sich Eric noch zu seiner Demenzerkrankung äußern. Er geht sogar allein mit dem Hund raus, auch wenn er dafür Medikamente braucht, ohne die er Angst vor Begegnungen mit fremden Menschen hätte. Die Angst kann bei ihm rasch in offene Aggression übergehen. Kein Wunder, dass er sich die meiste Zeit im Haus einigelt. Der Film ist aber auch ein Plädoyer für eine bessere Unterstützung der Angehörigen. Der Demenzerkrankte, meint Eric, komme oft besser klar mit seiner Situation als die Lebensgefährten: "Die gehen daran körperlich und innerlich kaputt".

30.4., NDR, 22.00 Uhr: "45 Min: Das Pflege-Experiment"

Das Altenheim ist kein Ort, an dem ältere Menschen gerne einziehen. Es ist die letzte Station im Leben, über die viel Schlechtes berichtet wird: Pflegemängel, Personalnotstand, vernachlässigte Patienten. Das verunsichert ältere Menschen und ihre Angehörigen und macht Pflege zum Tabuthema innerhalb der Familie. Trotzdem ist der Umzug in ein Altenheim häufig unausweichlich. Die 92-jährige Großmutter der "45 Min"-Reporterin Caroline Rollinger lebt noch in ihrer eigenen Wohnung. Aber was ist, wenn das nicht mehr möglich ist? Rollinger und ihre Oma gehen deshalb zusammen auf eine Reise durch mehrere Altenheime in Hamburg und schauen sich um. Sie fragen sich: Wie finden wir das richtige Heim? Worauf kommt es an, was ist wichtig? Und wie verhindern wir, dass etwas schief läuft? Beide reden darüber, was Altenpflege für sie persönlich bedeutet. Sie sprechen über Ängste und Verantwortung und kommen mit Heimbewohnern, Heimleitern und Pflegern ins Gespräch. Die Reportage erzählt das hochaktuelle, brisante Thema Altenpflege aus der Perspektive einer Enkelin und ihrer Großmutter.

2.5., Arte, 21.40 Uhr: "Fetisch Karl Marx"

Marx hat den Marxismus überlebt. Den Antimarxismus auch. Und noch immer ist er der meistzitierte Ökonom der Welt. Können wir mit Hilfe von Karl Marx unsere komplexe Welt erkennen, gar verändern? Oder ist der aktuelle Marx-Hype ein Placebo in unsicherer Zeit? Die Entmystifizierung eines Denkmals zu seinem 200. Geburtstag am 5. Mai 2018. Marx kehrt noch einmal auf die Erde zurück. Er taucht in London auf, Brüssel, Berlin und Trier. Es ist die lebendige Projektion unserer Sehnsucht nach einem Retter. Die Welt, in der er sich bewegt, befindet sich im Umbruch. Im Film lösen sich Fabrikanlagen, Wohnhäuser und Straßenkreuzungen in digitale "Point Clouds", weiße Punkte auf schwarzem Hintergrund, auf. Dreißig Experten entwerfen in einem "War-Room" ein Krisenszenarium für das Jahr 2026. Eine Wirtschafts- und Finanzkrise, der nicht nur rasante Verarmung in den Industrieländern und eine Wirtschaftsmigration in riesigem Ausmaß folgt, sondern auch das Zusammenbrechen staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen. Der Marx-Think-Tank diskutiert über Relevanz oder Nicht-Relevanz von Marx in unserer Zeit. Die Experten sind unter anderem: Ulrike Herrmann, Wirtschaftsjournalistin und Autorin von "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung"; Gareth Stedman Jones, Historiker und Marx-Spezialist aus Cambridge; Andres Veiel, Regisseur und Initiator des "War-Rooms" und begeisterter Leser des "Manifests". Am Ende von "Fetisch Karl Marx" liegt ein Götzenbild am Boden. Der Kapitalismus ist nicht zu bändigen. Die Rettung liegt nicht in Marx, sondern in dieser Erkenntnis.

3.5., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Wir kriegen dich!"

Mitten in der Nacht wird ein Pfarrer in der Nähe von Aachen niedergeschlagen. Pfarrer Charles Cervigne ist dafür bekannt, dass er sich seit Jahren um Geflüchtete kümmert und auch Kirchenasyl organisiert. In seiner Studentenzeit bekämpfte er bereits rechtsradikale Umtriebe. Als die Flüchtlingswelle ihren Höhepunkt hatte, wird Cervigne massiv von rechten Schlägern angefeindet und bedroht, dieses Mal machen sie ernst. An seiner Haustür wird er niedergeknüppelt. Ohne Spuren zu hinterlassen tauchen die Täter ab. Der Angriff ruft die Gemeindeglieder auf den Plan. Sie organisieren sich, um das Pfarrhaus zu bewachen und ihren Pfarrer zu beschützen. Charles Cervigne lässt sich nicht beirren: "Wenn wir die Gnade Gottes erwarten, müssen wir Menschen erst einmal anfangen, selbst gnädig untereinander zu sein." 

In der Lüneburger Heide wird Pfarrer Wilfried Manneke am frühen Morgen von seinem Sohn auf eine Brandspur am Haus aufmerksam gemacht. Der Junge will gerade zur Schule gehen, als er die Spuren des Angriffs auf sein Elternhaus bemerkt. Ein Molotow-Cocktail hätte einen Brand entfachen und die Familie in Lebensgefahr  bringen können. Der Geistliche, dem der Anschlag gilt, ist seit Jahren bekannt für sein Eintreten gegen Rechts. Früher war der protestantische Geistliche Auslandspfarrer in Südafrika, noch zur Zeit der Apartheid. Was er dort erlebt, macht ihn sensibel auch für Formen des Rassismus in seiner Heimat. Als er 1995 nach Unterlüß in der Südheide kommt, schließt er sich sofort den Protesten gegen ein örtliches Neonazi-Zentrum an. Manneke ist sich auch nach dem Anschlag auf sein Pfarrhaus sicher: Nichts wird ihn davon abhalten, sich auch künftig den Nazis in den Weg zu stellen.

Dritter Protagonist dieser Reportage von Dominique Klughammer und Stefan Suchalla ist Pfarrer Michael Kleim aus Gera. Auch er fühlt sich schon lange bedroht. Sein Briefkasten wird gesprengt, zudem ist er Gewaltaufrufen im Internet ausgesetzt. Der Kampf gegen Rechts wird wider Willen zu seinem Lebensthema. Schon in der DDR hatte er sich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt. Pfarrer Kleim ist der Meinung: Auch heute lohnt es sich, für Demokratie und Menschenrechte zu kämpfen.

3.5., WDR, 23.10 Uhr: "Menschen hautnah: Rufmord"

Rufmord kann jeden treffen, heute mehr denn je. Das Internet bietet unendliche Möglichkeiten, den Ruf anderer Menschen zu ruinieren. Gleichzeitig können es aber auch immer noch die lieben Nachbarn sein, die schlecht über andere reden. Ist der Ruf erst einmal zerstört, kostet es sehr viel Zeit, Nerven und Geld, um seinen Ruf wiederherzustellen; und manchmal gelingt es nie.

Gerd B. ist Opfer von Rufmord im Internet geworden. Seit 26 Jahren ist er als Geschäftsführer und Mitinhaber eines Finanzunternehmens tätig. 2009 tauchen plötzlich im Netz diffamierende Einträge auf, die ihn mit Anschuldigungen wie Kindesmissbrauch, rechtem Gedankengut und einer Stasi-Vergangenheit in Verbindung bringen. Er nimmt dies zunächst nicht ernst, mit der Zeit stellt er aber fest, dass seine Geschäfte immer weniger werden. Er schaltet einen Anwalt, einen Detektiv und einen sogenannten Reputationsmanager ein, um an den Täter heranzukommen. Gleichzeitig beklagt er erhebliche Geschäfts- und Kundenverluste, zudem geht es ihm gesundheitlich immer schlechter. Beim zweiten Beispiel geht es um böse Gerüchte in der Nachbarschaft. Helmut G. (61) lädt zwei Kinder zum Eis ein und nimmt sie mit in seine Wohnung, um dort Eisflecken abzuwischen. In der Wohnung lebt er gemeinsam mit seinem erwachsenen Stiefsohn. Eine Nachbarin, die ihn und die Kinder beobachtet hatte, wird argwöhnisch und meldet den Vorfall der Polizei. Ein anderer Nachbar veröffentlicht ein Foto des Stiefsohns auf Facebook. In Windeseile verbreitet sich die Nachricht im Netz, die Männer seien pädophil. Kurz danach versammelt sich eine Menschenmenge von 200 Leuten vor der Tür und will die Männer lynchen. Die Kinder sagen, es sei nichts geschehen, die Polizei findet den Verdacht unbegründet, aber die Männer leben von nun an mit einem Makel.
Die Reportage fragt: Wie wehrt man sich gegen Vorverurteilungen, wie geht man mit Verleumdungen um? Was macht man, wenn sich Einträge im Internet nicht mehr löschen lassen?