SPD-Politiker für Ende der Islam-Debatte

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SPD-Politiker für Ende der Islam-Debatte
Die Islam-Äußerung des neuen Innenministers Seehofer schlägt weiter hohe Wellen. SPD-Politiker warnen vor Spaltung und Stimmungsmache und mahnen, lieber Integrationsprobleme anzugehen. In der Union gibt es Kritik und Unterstützung.

Führende SPD-Politiker fordern ein Ende der von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) neu entfachten Diskussion über eine Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland. "Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt", sagte die SPD-Fraktionschefin im Bundestag, Andrea Nahles, der "Rhein-Neckar-Zeitung" (Samstag). Ähnlich äußerten sich Justizministerin Katarina Barley und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD). Die in Nordrhein-Westfalen für Integration zuständige Staatssekretärin Serap Güler (CDU) warf Seehofer einen "politischen Eiertanz" vor. Der neue bayerische Ministerpräsident, Markus Söder (CSU) unterstützte Seehofer. Deutschland sei "christlich-abendländisch geprägt mit jüdisch-humanistischen Wurzeln". 

Der Seehofer hatte der "Bild"-Zeitung (Freitag) gesagt: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt." Allerdings gehörten die hier lebenden Muslime zu Deutschland. Seehofer zog damit nicht nur Kritik der Opposition und muslimischer Verbände auf sich, sondern auch aus der Schwesterpartei CDU. So widersprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seiner Aussage. Am Wochenende verteidigte Seehofer seine Aussagen und kritisierte die SPD.

Nahles warf Seehofer vor, er wolle mit seiner Äußerung im bayerischen Wahlkampf vor den Landtagswahlen im Oktober punkten. "Ich finde den Blick ins Grundgesetz hilfreich, dort gewährt Artikel 4 die Religionsfreiheit", sagte Nahles. Justizministerin Barley sagte der "Rheinischen Post": "Theoretische Debatten wurden lange genug geführt." Jetzt gehe es darum, die Probleme praktisch zu lösen. Arbeitsminister Heil erklärte, es greife zu kurz, die Integrationsdebatte lediglich kulturell oder über Religion zu führen: "Wir müssen über Arbeit und Bildung sprechen und über Regeln für unser Zusammenleben", sagte Heil den Zeitungen der Funke Mediengruppe.  "Für alle gilt das Grundgesetz und alle anderen Gesetze."


Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", wer so rede wie Seehofer, spalte die Gesellschaft und gefährde den inneren Frieden. Der Islam gehöre genauso zu Deutschland wie eine Reihe weiterer Religionsgemeinschaften. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der hannoverschen "Neuen Presse", solange eine Religion im Rahmen der allgemeinen Gesetze ausgeübt werde, gehöre sie zu Deutschland. Zwar sei Deutschland vom Christentum geprägt, aber auch die Millionen Muslime prägten das Land.

Die nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretärin Güler, die als Kind türkischer Einwanderer in Deutschland aufwuchs, kritisierte Seehofer ebenfalls scharf. "Zum Aufgabenfeld eines frisch ernannten Bundesinnen- und -heimatministers zähle ich ehrlicherweise, die Gesellschaft zusammenzubringen, zu vermitteln und nicht zu spalten", sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dass die hier lebenden Muslime, aber nicht der Islam zu Deutschland gehören solle, sei "politischer Eiertanz". 

Seehofer verteidigt seine Aussagen

Bayerns Ministerpräsident Söder sagte dem Bayerischen Rundfunk, Jemand der nach Deutschland komme, solle alle Startchancen erhalten, "aber er muss sich letztlich an unsere Werte, Sitten, Gebräuche anpassen und nicht umgekehrt". Die christliche Prägung beziehe sich nicht auf eine reine Religionsausübung, in der natürlich die Religionsfreiheit gelte, sondern auf den Kalender, Traditionen und Bräuche.

In der "Welt am Sonntag" verteidigte Seehofer seine Aussagen. Dass Deutschland geschichtlich und kulturell christlich-jüdisch und nicht islamisch geprägt sei, könne doch niemand ernsthaft bestreiten. "Das ist für mich entscheidend, wenn es um die Frage geht, was zu Deutschland gehört. Genauso wie es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, dass die große Zahl der friedliebenden Muslime in Deutschland zu uns gehört." Auch die SPD könne nicht bestreiten, "wo wir unsere Wurzeln haben und was uns historisch geprägt hat und ausmacht." Die SPD solle lieber mithelfen, die Spaltung in der Gesellschaft zu überwinden.