TV-Tipp: "Dügün - Hochzeit auf Türkisch" (WDR)

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TV-Tipp: "Dügün - Hochzeit auf Türkisch" (WDR)
21.3., WDR, 23.25 Uhr
Die Geschichte des Duisburger Stadtteils Marxloh ist ebenso faszinierend wie zwiespältig: Das noch heute von den Resten der Stahlindustrie geprägte Viertel repräsentiert einerseits den wirtschaftlichen Niedergang, hat aber andererseits dank der vielen Bürger ohne deutschen Pass eine ganz eigene Kultur entwickelt. Ordnungshüter würden möglicherweise von Unkultur sprechen: Einige Straßenzüge gelten als rechtsfreier Raum oder auch "No-Go-Areas". Die raue Realität sparen Marcel Kolvenbach und Ayse Kalmaz in ihrem Dokumentarfilm "Dügün" (Heirat) allerdings weitgehend aus. Zwischendurch zeigen sie zwar immer wieder mal Bilder von verfallenden Häuserzeilen und Stahlwerksruinen, doch ihr Thema ist ein ganz anderes: Vermutlich gibt es nirgendwo auf der Welt derart viele Geschäfte für Brautmoden wie in Marxloh; "Hochzeit auf Türkisch" lautet daher der Titelzusatz.

Man kennt das aus diversen romantischen Komödien, in denen es meist um die Gegensätze zwischen den Kulturen geht ("Meine verrückte türkische Hochzeit"): Für Türken ist dieser Tag tatsächlich der schönste im Leben; und "Dügün" zeigt, welcher Aufwand nötig ist, um die Feierlichkeiten mit teilweise bis zu tausend Gästen zu organisieren. Im Zentrum stehen zwei Bräute, die sich wochenlang auf das Ereignis vorbereiten. Die Nervosität wächst, die Spannung steigt – nur nicht im Film. Obwohl die Dramaturgie doch eigentlich durch die Umstände vorgegeben ist, spiegelt die Erzählstruktur diese Entwicklung nicht wider; wirklich mitreißend ist die Stimmung nur zu Beginn. Ein Problem ist auch der ständige Wechsel der Protagonisten, weil nicht alle Beteiligten wirklich was zu sagen haben und nur wenige über echte Ausstrahlung verfügen.

Fraglich ist auch, für wen Kolvenbach (Regie und Kamera) und Kalmaz (Regie und Ton) ihren Film gedreht haben; vermutlich doch eher für ein deutsches Publikum, das staunend Zeuge werden soll, was sich da in unserer Mitte abspielt. Dann ist das größte Manko jedoch die fehlende Tiefe, weil Vieles nur angerissen wird. Das betrifft vor allem den Aspekt Heimat. Obwohl ein Mann gleich zu Beginn erzählt, hier in Duisburg sei sein Zuhause, ist "Dügün" ein Ausflug in eine Parallelwelt. Der kulturelle Zwiespalt – die Füße leben in Deutschland, der Kopf denkt, spricht und fühlt türkisch - kommt überhaupt nicht zur Sprache. Natürlich ist das nicht das Thema; aber es hätte auch nicht komplett ausgeklammert werden dürfen. Am stärksten ist der Film daher immer dann, wenn die Menschen Einblick in ihr Seelenleben gewähren, doch das passiert viel zu selten. Weil viele Sitten und Gebräuche für Nicht-Türken befremdlich anmuten, aber nicht weiter erläutert werden, ist der Film auch nicht völkerverbindend; das Herz erreicht er ohnehin nicht.