Trumps Migrationspolitik stellt Urmythos der USA in Frage

Es ist ein amerikanischer Urmythos: Menschen aus aller Welt kommen in die Neue Welt, um etwas Neues zu schaffen.
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Es ist ein amerikanischer Urmythos: Menschen aus aller Welt kommen in die Neue Welt, um etwas Neues zu schaffen.
Trumps Migrationspolitik stellt Urmythos der USA in Frage
Es ist ein amerikanischer Urmythos: Menschen aus aller Welt kommen in die Neue Welt, um etwas Neues zu schaffen. Doch heutzutage sind viele US-Bürger nicht begeistert über die Neuankömmlinge - und zeigen dies auch offen.

Die Tageszeitung "Washington Post" spottete kürzlich, Präsident Donald Trump versuche mit seiner Einwanderungspolitik die "weiße Mehrheit" in den Vereinigten Staaten zu sichern. Trump hatte Medienberichten zufolge in einem Treffen mit Senatoren am 11. Januar in Bezug auf Einwanderer aus Haiti, El Salvador und afrikanischen Ländern gefragt, wieso die Menschen aus diesen "Drecksloch-Ländern" (shithole countries) in die USA kämen. Trump will das nicht genau so gesagt haben.

Tatsächlich ist die Einwanderungsdiskussion in den USA festgefahren. Trump fordert scharfe Maßnahmen gegen "Illegale" und eine starke Beschränkung legaler Einwanderung. Er hält zudem weiter an seinen Plänen für den Bau einer Mauer zwischen den USA und Mexiko fest. Mitte Februar konnte sich der Kongress zu diesen Punkten und zum Schicksal von bis zu 1,8 Millionen sogenannten Dreamer nicht einigen. Diese "Träumer" sind junge Menschen, die im Kindesalter ohne Papiere gekommen sind.

Schutz der Fremden

Trump spricht vielen weißen Amerikanern aus dem Herzen. Viele kommen mit den demografischen Veränderungen nicht zurecht. Die Mehrheit der Babys, die in den USA auf die Welt kommen, sind nicht weiß. Rund 44 Millionen oder 13,5 Prozent der in den USA lebenden Menschen sind Migranten, verglichen mit etwa fünf Prozent in den 1970er Jahren. Rund elf Millionen Menschen leben wohl illegal in den USA.

Eine Umfrage des Rundfunksenders NPR zeigt jüngst einen tiefen Graben: 62 Prozent der Republikaner und 25 Prozent der Demokraten vertraten die Ansicht, die legale Einwanderung solle reduziert werden. Zwei Drittel der Republikaner und 18 Prozent der Demokraten sprachen sich für den Bau der Mauer zwischen den USA und Mexiko aus.

Nach wie vor zählen einige Kirchen in den USA zu den verlässlichsten Fürsprechern der Migranten. Einwanderung sei ein Dauerthema in den Gemeinden, sagte die Leitende Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika, Elizabeth Eaton. Die Heilige Schrift verlange den Schutz der Fremden.

Religion und Realpolitik

Doch so denken nicht alle Christen. Beim Thema Migration gehen die Ansichten auseinander. Rund 80 Prozent der weißen evangelikalen Wähler hatten Trump ihre Stimme gegeben, der im Wahlkampf Migranten immer wieder attackiert hatte. Megakirchenpastor Robert Jeffress, einer der religiösen Berater des Präsidenten, lieferte in einem Kommentar im Informationsdienst "Religion News Service" eine vermeintlich biblische Rechtfertigung. Eines Tages würden die Kinder Gottes "ohne Grenzen in der Neuen Welt leben", schrieb Jeffress. Doch noch brauche man Grenzen, um "Identität und Sicherheit" zu schützen.

Legale Einwanderung bedeutet gegenwärtig Einwanderung vor allem aus Nationen, in denen die Menschen keine weiße Hautfarbe haben. Im Jahr 2016 wanderten laut Heimatschutzministerium 1,18 Millionen Menschen legal ein. Davon stammten lediglich 121.000 Menschen aus Europa, 5.895 aus Deutschland. Besonders stark vertreten waren als Herkunftsländer Mexiko (173.000), China (78.000) und Indien (62.000).

Früher war das anders. Von 1882 bis in die 1940er Jahre durften keine Arbeiter aus China kommen. Bis Mitte der 1960er Jahre galt bei Einwanderung eine Quotenregel, bei der Europa stark bevorzugt wurde. Europäer stellten 1960 laut dem renommierten Forschungsinstitut Pew Research Center mehr als 80 Prozent der Einwanderer.

Einwandern kann heute hauptsächlich, wer Familie in den USA hat, wegen seiner Qualifikation einen US-Job bekommt oder bei der "Green Card"-Lotterie eine Genehmigung gewonnen hat. Menschen aus Asien, Süd- und Mittelamerika, Afrika und aus der Karibik haben heute offenbar mehr Sehnsucht nach Amerika als die Europäer.

Für die Kirchen geht es bei der Einwanderung um die eigene Zukunft. In der römisch-katholischen Kirche ist der Anteil der Latinos seit den 1960er Jahren von rund zehn Prozent auf 36 Prozent gestiegen. Bei jungen Katholiken unter 30 Lebensjahren stellen Latinos gegenwärtig 52 Prozent, berichtete das Forschungsinstitut "Public Religion Research Institute".

Einwanderer seien das "am schnellsten wachsende Element der amerikanischen Christenheit", sagte der Präsident der evangelikal orientierten "Nationalen hispanischen christlichen Führungskonferenz", Samuel Rodriguez. Wer Migranten ausweise oder abschiebe, behindere die weitere Ausbreitung des Christentums im Land.