Gewaltfreie Proteste gut für eine Gesellschaft

Anti-Schah-Demonstration vor dem Rathaus Schöneberg
Foto: epd-bild/ Gert Schuetz/ akg-images
Vom 27. Mai bis zum 4. Juni 1967 besuchte Schah Mohammad Reza Pahlavi die Bundesrepublik und West-Berlin. Es gab Proteste dagegen, wie diese Anti-Schah-Demonstration vor dem Rathaus Schöneberg und der Student Benno Ohnesorg wurde erschossen.
Gewaltfreie Proteste gut für eine Gesellschaft
Die Studentenproteste der 1968er Jahre haben nach Ansicht des Konfliktforschers Thorsten Bonacker zur positiven Entwicklung der Bundesrepublik beigetragen.

"Konflikte, so lange sie gewaltfrei bleiben, sind zentral für eine Demokratie", sagte der Marburger Soziologe in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). 1968, also vor 50 Jahren, war das Jahr der Studentenunruhen, der Attentate auf Martin Luther King und Robert Kennedy sowie der Niederschlagung des "Prager Frühlings".

Oft würden Konflikte negativ bewertet. "Aber die Studentenbewegung hat gezeigt: Durch die Austragung von Konflikten kann sich sozialer Wandel vollziehen", sagte Bonacker Die Auseinandersetzungen der 60er Jahre hätten eine "erste große Liberalisierungswelle" gebracht, und zwar für fast alle westlichen Gesellschaften. Die Forderungen der 68er nach Demokratisierung und Reformen seien auf eine "verkrustete Gesellschaft" getroffen, die mit dem Freiheitsdrang der Jugend konfrontiert wurde - insofern erkenne er durchaus Parallelen zum Arabischen Frühling, den Protesten in einigen Ländern der arabischen Welt ab dem Jahr 2010, sagte der Soziologe.



Deutschland um 1968 bildete Bonacker zufolge eine Nachkriegsgesellschaft, die "Konflikt immer mit Krieg assoziierte". Deshalb habe sich die Mehrheitsgesellschaft von den Studentenprotesten "stark herausgefordert gefühlt, sonst wäre es eine Hörsaal-Bewegung geblieben". Denn von den Zahlen her waren die Proteste keine Massenbewegung, sondern "sehr überschaubar", ganz anders als später die großen Demonstrationen gegen den Nato-Doppelbeschluss. "Die 68er waren nur die ersten, die protestierten", sagte der Wissenschaftler.