TV-Tipp: "Der Kommissar und das Meer: Der wilde Jack" (ZDF)

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TV-Tipp: "Der Kommissar und das Meer: Der wilde Jack" (ZDF)
27.1., ZDF, 20.15 Uhr: "Der Kommissar und das Meer: Der wilde Jack"
Zweieinhalb Jahre und sechs Filme lang lag das Schicksal der ZDF-Krimireihe "Der Kommissar und das Meer" in den Händen von Miguel Alexandre, dessen erste Amtshandlung seinerzeit darin bestand, die Drehzeit in den Winter zu verlegen; auf einmal sah das schöne Gotland nicht mehr wie ein schwedisches Urlaubsparadies aus, sondern wie der Schauplatz einer jener düsteren skandinavischen Serien, in denen die Menschen zu allen nur denkbaren Schandtaten fähig sind. Im vorigen Jahr hat Alexandre die Regie an Thomas Roth übergeben, der schon zwischen 2010 und 2013 sechs Episoden inszeniert hat. Sein siebter Beitrag, "Tage der Angst" (ausgestrahlt im Dezember 2017), orientierte sich noch an Alexandres Look, aber "Der wilde Jack" ist im Frühling entstanden; dank blühendem Löwenzahn und strahlendem Sonnenschein wirkt die Insel gleich viel freundlicher. Die Geschichte des 24. Falls für den deutschstämmigen Kommissar Robert Anders (Walter Sittler) entpuppt sich allerdings als mindestens ebenso finster wie die früheren Filme, selbst wenn sich die ganze Abgründigkeit der Ereignisse erst im Epilog offenbart.

Bis dahin erzählt das Drehbuch von Annette Hess (Grimme-Preis für "Weissensee", Deutscher Fernsehpreis für "Ku’damm 56") eine scheinbar handelsübliche Krimihandlung: Als der Hotelkoch Ben Jonsson erschossen in seinem Auto gefunden wird, deuten sämtliche Indizien auf den einschlägig vorbestraften Kris Ulander (Andréas Utterhall), denn das Opfer ist eindeutig vor seinem Haus ermordet und später weggeschafft worden. Dann stellt sich jedoch raus, dass Jonsson ein Verhältnis mit der Gattin seines Chefs, dem Hotelbesitzer David Hellgren (Linus Wahlgren), hatte; die Frau erwartet sogar ein Baby von ihm. Ein klassischer Mord aus Eifersucht also? Kurz drauf wird jedoch auch Hellgren Opfer eines Angriffs, womit Anders und sein Mitarbeiter Thomas Wittberg (Andy Gätjen) wieder bei Ulander landen: Er ist mit Hellgrens Schwester Marit (Ida Engvoll) verheiratet, David hatte ihnen mehrmals große Summen für ein eigenes Hotelprojekt geliehen, wollte den Geldhahn aber nun zudrehen; mit seinem Tod hätten sich die Schulden erledigt.

Roth inszeniert die zwar interessante, aber nicht weiter aufregende Geschichte entsprechend unspektakulär, womit der Film auch dem gelassenen Ermittlungsstil von Robert Anders und dem entspannten Spiel von Walter Sittler entspricht. Über weite Strecken handelt "Der wilde Jack" von klassischer Polizeiarbeit: Spurensuche und Befragungen. Deshalb erscheint der Titel erst mal ungewöhnlich, denn Jack (Uno Egler), der Sohn von Kris und Marit, ist anfangs nur eine Nebenfigur. Der Junge ist ein Klassenkamerad von Anders’ Sohn Kasper (Grim Lohman) und verhält sich seit einiger Zeit in der Schule sehr auffällig. Unter anderem gerät er ständig mit einem dicken Jungen aneinander, der ihn wegen der Vorstrafen von Kris permanent mobbt; Kasper ist der einzige, der zu ihm steht, und sorgt schließlich dafür, dass Anders nicht nur den Mord und seine direkte Ursache, sondern auch ein viele Jahre zurückliegendes Verbrechen aufklärt.

Seit einiger Zeit sind Sittler und Gätjen die einzigen deutschsprachigen Mitwirkenden. In früheren Episoden hatte dies mitunter zur Folge, dass man schon mal den Überblick verlieren konnte; Schauspieler, die zumindest gesichtsbekannt sind, bieten ja auch eine gewisse Orientierungshilfe. Diesmal sind die einheimischen Mitwirkenden allerdings ausgesprochen markant. Das gilt vor allem für die hier rothaarige Ida Engvall, die nach "Wilde Nächte" (2015) zum zweiten Mal in "Der Kommissar und das Meer" mitspielt. Damals war sie ein echtes Ereignis, nun hat sie als Marit eine wesentlich kleinere Rolle, ist aber nach wie vor sehenswert. Die reizvollere Figur verkörpert Dag Malmberg: Der alte Hasse Hellgren, Vater von Marit und dem adoptierten David, ist ehemaliger Polizist, wird von seinen Kollegen als lebende Legende verehrt und mischt sich nach dem Verschwinden seines Adoptivsohns prompt in die Ermittlungen ein. Dass die Figur nicht bloß die Aufgabe hat, Anders auf die Nerven zu gehen, zeigt schon allein die viele Zeit, die Hess und Roth ihm und seiner dementen Frau widmen; selbst wenn es etwas irritiert, dass die Gattin viel älter aussieht, weshalb man sie zunächst für seine Mutter hält. Großen Anteil an der Qualität des Films hat auch die Synchronisation, weil sie im Unterschied zu manch’ anderen im Ausland entstandenen deutschen Produktionen nicht als solche wahrgenommen wird; gerade die beiden Jungs sind vorzüglich gesprochen. Zu den akustischen Besonderheiten gehört zudem die interessante Musik (Claude Chalhoub) mit ihren regelmäßigen schönen Pianopassagen. Melancholie verbreitet auch Wittberg, der eine gewisse Amtsmüdigkeit erkennen lässt und infolge seiner Trinkfreudigkeit erhebliche Fehler begeht; es hat den Anschein, als wolle sich Andy Gätjen verabschieden. Das ZDF versichert jedoch, dass der Schauspieler der Reihe erhalten bleibe.