TV-Tipp: "Volltreffer" (Sat.1)

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TV-Tipp: "Volltreffer" (Sat.1)
9.1., Sat.1, 20.15 Uhr
Diese Wiederholung aus dem Jahr 2016 ist erwartungsgemäß nicht in die Fernsehgeschichte eingegangen. Das ist beinahe schade, denn die Ausgangsidee ist originell und ein echter Albtraum: Stell’ Dir vor, Du fährst als Bayern-Fan nach Dortmund und wachst als BVB-Fan wieder auf! Granz Henman setzt in "Volltreffer" allerdings noch einen drauf, denn die Frau, der dieses Ungemach widerfährt, soll einen Spielertransfer einfädeln.

Der BVB würde erneut einen seiner Stars an die Münchener verlieren, aber der Wechsel wird zum Glück zumindest vorläufig vereitelt, als Viktoria (Julia Hartmann) im Borussen-Stadion einen Ball an den Kopf bekommt. In Folge des Treffers leidet sie fortan an jener in Krimis und Komödien besonders beliebten Form der Amnesie, bei der man das biografische Gedächtnis verliert. BVB-Vollblutfan Philip (Axel Stein), der ahnt, warum Viktoria in Dortmund weilt, schafft kurzerhand Tatsachen, gibt die junge Frau als seine Gattin Dörte aus und nimmt sie mit in sein komplett schwarzgelb ausgestattetes Häuschen im Grünen.

Weil sich zwar viele Menschen für Fußball, aber nur wenige für Fußballfilme interessieren, rückt der Sport alsbald in den Hintergrund und macht Platz für eine romantische Komödie, die gerade von den beiden Hauptdarstellern sehr hübsch gespielt ist. Julia Hartmann verkörpert das verwöhnte Püppchen, das mehr mit ihrem digitalen Helferlein "Sören" als mit echten Menschen kommuniziert, vermutlich so, wie sich viele Menschen Cathy Hummels vorstellen. Vor allem sorgt sie jedoch dafür, dass sich Viktorias Unbehagen inmitten all der BVB-Devotionalien sehr überzeugend vermittelt. Hinzu kommt eine gewisse Vernachlässigung der Wohnverhältnisse: Der verwitwete Philipp ist alleinerziehender Vater zweier Söhne und kümmert sich außerdem um seinen dementen Schwiegervater Jupp (Tom Gerhardt). Die beiden Jungs, selbstredend gleichfalls glühende BVB-Fans, sind zwar nicht begeistert über die neue Mitbewohnerin, machen das Spiel aber mit, denn auch sie wollen natürlich verhindern, dass der Starspieler an die Isar wechselt; selbst wenn ihre "Mutter" sie erst mal dazu nötigt, das Haus auf Hochglanz zu bringen. Nur bedingt eine Hilfe ist dagegen Philipps bester Freund Manni (Sönke Möhring), der der hübschen Dörte gern einreden würde, sie habe vor ihrem Gedächtnisverlust ein Verhältnis mit ihm gehabt. Philipp verhält sich dagegen wie ein Gentleman, was womöglich erst recht dazu führt, dass Dörte ihre Liebe zu ihm "wiederentdeckt". Als Manni ihr erzählt, sie habe die Familie verlassen wollen, kämpft sie um ihr Eheglück.

Ein weiteres wichtiges Handlungselement (das Drehbuch stammt von Henman und Anne-M. Kessel) sorgt dafür, dass "Volltreffer" endgültig an eine andere Sat.1-Fußballkomödie aus dem Ruhrgebiet erinnert: In "Fußball ist unser Leben" (2006) entführt ein Schalke-Fan einen wechselwilligen ausgebrannten Starkicker, um ihn wieder fit zu machen, damit er im letzten Saisonspiel ein Tor schießt; darauf hat der Fan nämlich das Haus seiner Frau verwettet. Philipp ist eine ähnliche Wette eingegangen: Weil die Bank drauf und dran ist, sein Häuschen zu pfänden, hat er Jupps ohnehin kaum noch lukrative Firma verkauft. Der Erlös reicht jedoch nicht, um die Schulden zu begleichen, also hat er das ganze Geld darauf gewettet, dass der Spielerwechsel nicht zustande kommt.

"Fußball ist unser Leben" war eine eher derbe Komödie, und auch "Volltreffer" ist nichts für Feingeister, unterschreitet aber ein gewisses Niveau nicht; Henman, der für Sat.1 "Zum Teufel mit der Wahrheit" sowie "Nachbarn süß-sauer" (beide amüsant) und davor den Kinoerfolg "Teufelskicker" gedreht hat, verzichtet darauf, mit groben Klötzen und noch gröberen Keilen zu arbeiten. Das zeigt sich vor allem an Jupp, dessen Demenz nie als Vorwand für plumpe Scherze herhalten muss; Tom Gerhardt, einst mit Axel Stein ein Erfolgsduo in "Hausmeister Krause", versieht diese Rolle mit leisen Tönen und sorgt so für einige rührenden Szenen. Die Romanze zwischen Philipp und Dörte ist ebenfalls sehr schön eingefädelt. Der Ausgang der Geschichte mag erwartbar sein, aber am Ende schüttelt Henman noch einige Überraschungen aus dem Ärmel; und selbstredend ist es nun an Philipp, ins Feindesland zu reisen.