TV-Tipp: "Kopper" (ARD)

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TV-Tipp: "Kopper" (ARD)
7.1., ARD, 20.15 Uhr
Als Andreas Hoppe 1996 an der Seite von Ulrike Folkerts im "Tatort" aus Ludwigshafen mitwirken durfte, wirkte er zunächst neben der allerdings kaum erfahreneren (und ein Jahr jüngeren) Kollegin mitunter wie ein eifriger Laiendarsteller. Die sizilianischen Wurzeln, die die Verantwortlichen Mario Kopper als neuem Partner von Lena Odenthal angedichtet hatten, wurden anfangs zwar mit diversen Details fundiert, blieben aber trotzdem stets bloß eine Behauptung, weshalb dieser Aspekt auch nach und nach kaum noch eine Rolle spielte. Für das Drehbuch (Patrick Brunken) von Hoppes Abschiedsvorstellung, die treffend und lakonisch bloß "Kopper" heißt, werden sie wieder ausgegraben.

Kopper trifft Sandro (Michele Cuciuffo), seinen besten Freund aus Jugendtagen, den er offenbar irgendwann aus den Augen verloren hat, die beiden verlieren sich im Grappa und in Jugenderinnerungen, als plötzlich ein Typ auftaucht und Sandro erschießen will. Kopper kommt dem Angreifer zuvor, und nun stellt sich raus: Der Jugendfreund hat Karriere bei der Mafia gemacht und will sich den Behörden als Kronzeuge zur Verfügung stellen. Der einzige, dem er vertraut, ist jedoch Kopper, und das wohl zu Recht; der Film beginnt mit dem erzwungenen Selbstmord eines anderen Aussteigers in der Untersuchungshaft.

Roland Suso Richter hat von "Die Bubi Scholz Story" über "Der Tunnel", "Dresden" und "Mogadischu" bis zu "Die Spiegel-Affäre" schon viele großartige Fernsehwerke gedreht. Bei "Kopper" schwebte ihm sicherlich ein ausgewachsener Mafia-Thriller vor. Schon der lange Einstieg mit dem Ausflug nach Italien ist gerade für den "Tatort" aus Ludwigshafen recht ungewöhnlich. Das gilt erst recht für die Bilder, deren farbliche Gestaltung einige Male an die große italienische Zeit des Genres in den Siebzigern erinnern. An diese Jahre knüpfen auch die Rückblenden in die Jugend der beiden Freunde an: Sie sind wie ein Super-8-Film gestaltet. Im weiteren Verlauf kommt der Geschichte jedoch die Spannung abhanden. Da das Thema ausgesprochen komplex ist, hat gerade Sandro eine Menge Redebedarf; viel zu selten erzählen Buch und Regie die Handlung so lakonisch wie bei der wortlosen Aufforderung zu Beginn, als dem Kronzeugen ein Foto seiner Familie nebst den nötigen Suizidutensilien in die Zelle geschmuggelt wird. Dabei ist der interessante Hintergrund im Grunde schlicht: Es geht um millionenschwere Geschäfte und Subventionsbetrug, weil deutscher Sondermüll, einst illegal in Italien entsorgt, nun ganz offiziell wieder nach Ludwigshafen zurückgebracht wird; die Mafia kassiert gleich zweimal. Ihr regionaler Repräsentant ist ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft; ohne die Aussage eines Insiders würden seine schmutzigen Geschäfte nie ans Tageslicht kommen. Allerdings ist auch Sandro nicht der, für den Kopper ihn hält, weshalb es schließlich zu einem zwar nicht an den Nerven zerrenden, aber dank des Verzichts auf Geräusche und der Reduktion der akustischen Ebene auf eine sehr präsente Musik (Matthias Kleine) fesselnden Finale kommt, bei dem die spannendste Frage ist, ob Kopper seinen letzten Fall lebend überstehen wird.

Ohnehin ist "Kopper" den Einwänden zum Trotz im Vergleich zum missglückten Ludwigshaftener Mundartkrimi "Babbeldasch" zwei Klassen besser, zumal Richter einige Male doch noch zur Lakonie des Anfangs zurückfindet; etwa wenn Folkerts und ihre junge Kollegin Stern (Lisa Bitter) nacheinander Drohungen bekommen, die eine in Form einer Patrone, die andere als Süßigkeiten für ihre Kinder. Ein kleines Insider-Schmankerl ist auch der winzige Gastauftritt von Peter Sattmann als EU-Politiker, der schon 2015 in der Folge "Roomservice" eine zweifelhafte Rolle spielte und nun Kommissar für Umweltschutz ist. Amüsant sind auch die gelegentlichen Anspielungen auf das Prominenteste aller Mafia-Epen: In der Rückblende in die Siebziger läuft im Kino "Der Pate", Teil zwei, und als Odenthal ihrem Kollegen (Peter Espeloer) von der Kriminaltechnik die Patrone übergibt, witzelt der: immerhin kein Pferdekopf.