Fernsehwochenvorschau: "Rock'n'Religion: Pop und Glauben"

Rock'n' Religion: Pop und Glauben auf ARTE
Foto: ARTE France / Nicko Guihal
Der Musiker Abbath auf dem Hellfest 2016 in Clisson, Frankreich.
Fernsehwochenvorschau: "Rock'n'Religion: Pop und Glauben"
Mit Zeitzeugen blickt Nicolas Lévy-Beff in "Rock'n'Religion: Pop und Glauben" (27. Oktober, Arte, 23.25 Uhr) zurück auf sechzig Jahre des erbitterten Zweikampfs, in dem sich Gott, Teufel und Rock 'n' Roll scheinbar unversöhnlich gegenüberstanden. Weitere TV-Tipps im Überblick.

21.10., Arte, 22.00 Uhr: "Das Rätsel des künstlichen Hirns"

Der Wettlauf ins All war gestern, heute ist der Wettlauf ums künstliche Gehirn die nächste zu erobernde Grenze. Vom einfachen Molekül bis hin zur komplexen Verknüpfung der Gehirnzellen hat man bereits mit der Kartographie des Gehirns begonnen. Ziel ist die Schaffung eines dem menschlichen Gehirn ähnlichen Kunsthirns, was von Neurowissenschaftlern und Robotologen auf der ganzen Welt verfolgt wird. Aber so unterschiedlich wie die Forschungskonsortien sind auch deren Beweggründe. Vorrangig geht es den meisten Wissenschaftlern darum, das Gehirn als eines der wenigen letzten Mysterien besser zu verstehen und somit auch fortschrittlichere Behandlungsmethoden entwickeln zu können. Doch auch Transhumanisten sind am Wettlauf um das Kunsthirn beteiligt und suchen nach Möglichkeiten der Unsterblichkeit, während sich der Internetriese Google dafür interessiert, wie künstliche Intelligenz mit der Welt interagieren und eigenständig lernen kann. Der Film geht der Frage nach, ob es wirklich möglich ist, das menschliche Gehirn durch eine Maschine zu ersetzen. Dafür müssten die Funktionen von 100 Milliarden Neuronen reproduziert werden, die durch ein Netz hochkomplexer Verbindungen miteinander verbunden sind. Und was passiert, wenn diese Suche tatsächlich gelingt und es eines Tages das künstliche Hirn geben wird? Wird es einigen exzentrischen Milliardären die digitale Unsterblichkeit bescheren? Die Dokumentation folgt verschiedenen Forschungsarbeiten weltweit, die mit schier unerschöpflichen Mitteln an dieser Vision arbeiten.

22.10., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Die Überläufer"

Jedes Jahr wechseln tausende Christen von der katholischen Kirche in die evangelische oder gehen den umgekehrten Weg. Für "Normalchristen" ist das inzwischen recht unspektakulär. Aber wie gehen Kirchenleitungen und Gläubige damit um, wenn Amtsträger ihrer Kirche den Rücken zuwenden und bei der "Konkurrenz" auf die Kanzel steigen? In Ökumene-Debatten hat man oft den Eindruck, dass es noch immer unüberwindbare Unterschiede zwischen den Konfessionen gibt. Der Film zeigt, dass im individuellen Fall das scheinbar Unmögliche schon Realität ist, nicht nur in der Kirchenbank, sondern sogar auf der Kanzel. Zum Beispiel Pastor Hans Janßen aus Bad Oldesloe: Er war zwanzig Jahre evangelischer Pfarrer und ist jetzt katholischer Priester. Janßen ist verheiratet und hat vier Kinder; aber dann packte ihn die Sehnsucht nach einer anderen Art von Frömmigkeit. Er war der Überzeugung, dass in der evangelischen Kirche dem Abendmahl nicht die ausreichende Bedeutung zukommt. Schließlich entschloss er sich zu dem radikalen Schritt. Er musste noch einmal für drei Jahre zum Studium ins Priesterseminar. Auch seine Frau konvertierte mit ihm zum Katholizismus. Für sie war diese Entscheidung ebenfalls alles andere als einfach. Als Pastorenfrau war sie sehr engagiert in der evangelischen Gemeinde, aber in der katholischen Kirche sind Pfarrfrauen nicht vorgesehen.
Pfarrer Wolfgang Schumacher ist evangelischer Pfarrer im mittelfränkischen Uehlfeld. Bis vor drei Jahren war er noch katholischer Priester im Bistum Trier, aber er hatte immer weniger Zeit für die Arbeit als Seelsorger. Er sah sich immer mehr als Leiter eines mittelständischen Unternehmens. Statt Dienst am Menschen zu tun, musste er sich mehr und mehr mit Verwaltungsarbeiten beschäftigen. Auch Amtsverständnis, Zölibat und das Verbot der Frauenordination wurden ihm mehr und mehr fraglich. Seinen Wechsel zur evangelischen Kirche sieht er gemeinsam mit seinem Lebenspartner nicht als Bruch, sondern als logische Konsequenz und den Abschluss einer persönlichen Entwicklung.

23.10., NDR, 22.00 Uhr: "45 Min: 60plus - Ab in die WG"

In Deutschland gehört heute schon jeder Fünfte zur Generation 65plus. Das sind 17 Millionen Menschen. 2060 wird jeder dritte Bundesbürger so alt sein. In ein Pflegeheim will fast niemand ziehen. Im Trend liegen dagegen Senioren-WGs und Mehrgenerationen-Projekte. Bis zu 5.000 Wohnprojekte gibt es bereits in Deutschland, schätzen Experten. Ständig entstehen neue Gruppen, die gemeinsam bauen und wohnen wollen. Gemeinschaftsprojekte gelten als Wohnmodelle der Zukunft - nicht nur in Deutschland. Weil die Familie an Bedeutung verliert, sind immer mehr Menschen auf funktionierende Nachbarschaften angewiesen. Zusammen kochen, Feste feiern oder auch ein Garten für alle wirken gegen Einsamkeit, unter der vor allem ältere Menschen leiden. Und für Familien mit Kindern lässt sich in einer Hausgemeinschaft ein stressiger Alltag oft leichter meistern. Zudem beeinflussen Wohnprojekte den Stadtteil positiv. Der Film zeigt an drei Beispielen, wie unterschiedlich die Frage, "Wie wollen wir im Alter leben?" beantwortet wird.

24.10., Arte, 19.40 Uhr: "Re: Schulen für Afghanistan"

Es war eines der größten Versprechen der internationalen Gemeinschaft an Afghanistan: Bildung und Schulen für Mädchen. Nicht viel davon ist geblieben. Afghanistan ist heute unsicherer denn je. Aber es gibt Menschen, die unter Lebensgefahr weiter versuchen, zu helfen: Peter Schwittek und seine Frau Annemarie gehören dazu. Mit ihrem 1998 gegründeten Verein Ofarin (auf Deutsch: "gut gemacht!") und trotz aller Drohungen gründen sie Schulen und ermöglichen es somit auch Mädchen, zu lernen. Das Besondere am Ansatz der Schwitteks ist, dass sie örtliche Mullahs in ihre Projekte mit einbeziehen und sich so den Rückhalt in der Bevölkerung sichern. Zwei Mal am Tag wird in der Abu Bakre Sediqu-Moschee in Kabul der Koran gegen Schulbücher getauscht. Jeweils für neunzig Minuten wird hier gepaukt, streng nach Geschlechtern getrennt, wie es in Afghanistan üblich ist. Etwa 9.000 Schüler, mehr als die Hälfte davon Mädchen, lernen zurzeit bei Ofarin; rund 500 Lehrkräfte, oft ehemalige Schüler, haben nun ein finanzielles Auskommen. Doch das Projekt ist in Gefahr. Misereor, der Hauptgeldgeber von Ofarin, hat die Finanzierung der Mädchenschulen eingestellt. Aufgeben kommt für die Schwitteks jedoch nicht in Frage.

24.10., Arte, 22.50 Uhr: "Die Ökobestatter von Semur-en-Auxois"

1995 drehten Valérie Denesle und Anne Peyrègne eine Dokumentation über die Gebrüder Girard, die ein Bestattungsunternehmen in Semur-en-Auxois besitzen. Zwanzig Jahre später sind die Filmemacherinnen von den Girards zur Einweihung des ersten Ökokrematoriums der Region eingeladen worden. Mittlerweile haben Bernard Girards Kinder das Unternehmen übernommen. Sie setzen die Familientradition fort und pflegen die Leidenschaft für den "schönsten Beruf der Welt", wie ihr Vater zu sagen pflegte. Damals hatten die beiden Filmemacherinnen noch einen kleinen Familienbetrieb gefilmt, in dem die Särge nach Maß angefertigt wurden und der Trauerzug dem Leichenwagen bis zum Friedhof folgte. Eingeäschert wurden damals nur drei Prozent der Verstorbenen. Heute treffen sie auf ein Unternehmen, das zwar immer noch in Familienhand ist, sich aber radikal zukunftsorientierten Projekten verschrieben hat. Inzwischen werden mehr als 30 Prozent der Verstorbenen eingeäschert. Zwischen der "kleinen" Familien- und der "großen" Unternehmensgeschichte thematisiert die Dokumentation die Weitergabe einer Berufung von einer Generation zur nächsten, die Veränderlichkeit von Bestattungsritualen und letztendlich auch die Beziehung des Menschen zum Tod. Weit entfernt von den Klischees, die der Beruf des Bestatters für gewöhnlich weckt, gewährt der Film faszinierende Einblicke in das Privatleben einer glücklichen Familie.

24.10., RBB, 20.15 Uhr: "Genosse Luther"

Das Verhältnis von Staat und Kirche in der DDR war ein Wechsel von Annäherungen und Repressionen. Mal gibt es vorsichtige Gespräche zwischen Kirchenvertretern und dem Staat, mal lässt die SED Kirchen sprengen, wenn sie im Weg stehen. Vor diesem Hintergrund wird in der DDR 1983 von evangelischer Kirche und dem SED Staat das Luther-Jubiläumsjahr zelebriert. Auf Grund der starken Medienpräsenz aus Ost und West finden die Feierlichkeiten praktisch vor den Augen einer gesamtdeutschen Öffentlichkeit statt. Vertreter von Staat und Kirche stehen bei den verschiedensten Veranstaltungen Seite an Seite; ein zumindest nach außen hin harmonisches Bild. Und neben ihnen manchmal auch ranghohe Politiker aus der Bundesrepublik. Angereist nicht in ihrer politischen Funktion, sondern als Vertreter der EKD, der Evangelischen Kirche Deutschland. Die Dokumentation  nimmt die gemeinsamen Aktivitäten von SED und Kirche im "Lutherjahr" 1983 zum Anlass, das Verhältnis von Staat und Kirche zu untersuchen. Zu Wort kommen in der Dokumentation Kirchenvertreter und einstige DDR-Politiker, Christen und Atheisten, Theologen und Historiker. Ihre persönlichen Erinnerungen rund um die Luther-Feierlichkeiten des Jahres 1983 bilden den Rahmen des Films von Reinhard Joksch.

24.10., RBB, 21.00 Uhr: "Luther in Brandenburg"

 500 Jahre nach Luthers legendärem Thesenanschlag begibt sich die Dokumentation auf eine Reise durch märkische Geschichte und Gegenwart: Wie kam die Reformation nach Brandenburg? Wie veränderte der "Luthereffekt" das Leben der Menschen hier? Und wie sehr prägt der Protestantismus heute dieses weitgehend säkularisierte Land, den "gottlosen Osten", in dem nur jeder fünfte Einwohner Mitglied einer Kirche ist? Unterwegs mit Ausstellungsmachern und Historikern erkundet der Film mittelalterliche Gemäuer, jahrhundertealte Objekte, begleitet eine junge Landpfarrerin auf ihrem Weg durch die kleiner werdenden Gemeinden. "Luther in Brandenburg" - eine Suche nach den (protestantischen) Wurzeln des Landes.

25.10., WDR, 23.25 Uhr: "Im Auftrag meiner Enkel - Norbert Blüm erkundet die Zukunft"

Bei einem Sonntagsspaziergang mit seiner Enkelin bekam Norbert Blüm von der jungen Frau zu hören, er habe ihr einen Scherbenhaufen hinterlassen: Ökologie, Ökonomie, Sozialsysteme, Solidarität in der Bevölkerung, alles marode. Sie sehe keine Zukunft für sich und ihre Generation. Ravi Karmalker hat den ehemaligen Arbeitsminister bei dessen Suche nach Erkenntnissen und nach Lösungen begleitet; im Verlauf der Reise reflektiert Blüm auch seine eigene Karriere. Er fragt sich, ob sie damals die Weichen nicht hätten anders stellen können. Karmalker war mit Blüm an der Frankfurter Börse und hat gefilmt, wie sich der beliebte Politiker in Hamburg mit der millionenschweren Designerin Claudia Obert über die soziale Verantwortung der Reichen streitet. Von Professor Michael Braungart lässt Blüm sich das Cradle-to-cradle-Konzept erklären, wonach gebrauchte Rohstoffe wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden; Anschauungsunterricht gibt es in einer Siedlung mit zu 100 Prozent kompostierbaren Häusern. Daneben trifft der ehemalige Arbeitsminister Wirtschaftsbosse wie ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger. Mit einem jungen Attac-Aktivisten verabredet er sich zum "Couchsurfing", einen Müllverwerter beobachtet er bei der Suche nach Essbarem im Abfall. Und er trifft sich mit Euro-Verweigerern und testet dabei die Düsseldorfer Alternativwährung "Rheingold". All’ das unternimmt Norbert Blüm, um Erkenntnisse für die Nachwelt zu gewinnen und daraus Empfehlungen für seine Enkel abzuleiten, aber auch, um schonungslos seine Karriere zu bilanzieren: "Wir waren auf einem Auge blind, wiederholt nicht unsere Fehler, seid zart zu Euch selbst, Euren Mitmenschen und der Natur gegenüber."

25.10., BR, 22.00 Uhr: "DokThema: Jung, motiviert, schwer vermittelbar! - Menschen mit Handicap"

Die Arbeitslosigkeit von schwerbehinderten Menschen ist mit 13,4 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die Nichtbehinderter. Denn viele Unternehmen in Deutschland zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe, als Menschen mit Handicap einzustellen. In Deutschland erfüllen nicht mal die Hälfte aller Arbeitgeber die Pflichtquote von fünf Prozent. Kann es sich eine Volkswirtschaft leisten, Fähigkeiten und Talente behinderter Menschen nicht zu nutzen? Oft scheuen Arbeitgeber den großen bürokratischen Aufwand, der damit verbunden ist, geeignete Unterstützungsmaßnahmen für diese Arbeitnehmer zu bekommen. Zu viele Behörden mischen mit. Manchmal werden den Betroffenen aber auch schon von Berufs- oder Studienberatern Steine in den Weg gelegt. Anna Garbe ist eine der wenigen Ausnahmen: Sie war fünf, als Ärzte bei ihr eine Autoimmunerkrankung feststellten, die ihre Sehkraft beeinträchtigt. Inzwischen ist die 30-Jährige fast blind, aber voller Tatendrang, was ihre Ausbildung zur Psychotherapeutin angeht. Dass sie eine anspruchsvolle Stelle hat, ist nicht selbstverständlich. Aber auch schwerbehinderte Menschen, die nicht oder wenig qualifiziert sind, wollen arbeiten. Die meisten von ihnen - rund 300.000 - sind in Werkstätten beschäftigt. Für sie gelten keine Mindestlöhne, sie haben nicht die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmer. Sie sind aufgehoben, aber auch weggeschoben. Der Film fragt, was sich ändern muss, damit mehr Inklusion am Arbeitsplatz gelingt und gleiche Chancen möglich sind.

25.10., BR, 22.45 Uhr: "Charlotte Knobloch - Ein Leben in Deutschland"

Am 29. Oktober wird Charlotte Knobloch 85. Die Dokumentation zeichnet ihren Lebensweg nach: Im Dritten Reich bei einer strenggläubigen, katholischen Bäuerin versteckt, aufgewachsen im zerstörten München bei ihrem Vater, ein Leben als Mutter und Ehefrau innerhalb der jüdischen Gemeinde, dann Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Knobloch hat das jüdische Leben der Nachkriegszeit in Deutschland entscheidend geprägt und setzt sich bis heute für ein friedliches Miteinander ein. Als Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde hat sie die jüdische Gemeinde Münchens wieder zurück ins Herz ihrer Heimatstadt geführt: Das neue jüdische Zentrum mit der im Jahr 2006 geweihten Synagoge Ohel Jakob ist ohne ihr jahrelanges, leidenschaftliches Engagement nicht vorstellbar.
Die frühe Erfahrung, aus einer Gesellschaft ausgestoßen zu werden, in der man sich beheimatet fühlt, verfolgt und bedroht zu werden, dies alles zu erleiden und trotz allem die Kraft zu finden, das Erlittene zu überwinden: Dies scheint das Lebensthema von Charlotte Knobloch zu sein.

26.10., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: 50 Kilo bei 1,89 Meter"

Essstörungen gelten als Mädchenkrankheit. Doch Schlankheitswahn und Körperkult lassen auch Männer magersüchtig werden. Bislang ist das oft ein gesellschaftliches Tabu. Die Betroffenen fühlen eine doppelte Stigmatisierung: Sie leiden an einer psychosomatischen Erkrankung und obendrein an einer Frauenkrankheit. Das führt dazu, dass die Krankheit leichter übersehen wird, die Dunkelziffer dementsprechend hoch ist. Der Film stellt unter anderem den 15-jährigen Tim aus Bayern vor. Der Junge war früher zu dick, dann hungerte er sich ins Untergewicht und kam in eine Klinik; er musste dringend 15 Kilogramm zunehmen. Nach mehr als vier Monaten darf er wieder nach Hause, hat aber Angst davor, in die Schule zurückzukehren, obwohl er gerne seinen Abschluss machen will. Seine Mutter wird von Schuldgefühlen geplagt. Obwohl sie alles für ihren Sohn tun würde, fühlt sie sich ohnmächtig. Der Film erzählt nicht nur, wie sich Tim in ein normales Leben zurückarbeitet, er zeigt am Beispiel des 27jährigen Raimund dass Magersucht kein ausschließliches Teenagerphänomen ist.

27.10., Arte, 23.25 Uhr: "Rock'n'Religion: Pop und Glauben"

Die Beziehung von Rockmusik und Religion ist lang und kompliziert: Rockmusik stellt schon seit ihren Anfängen die Autorität und die Moralvorstellungen der christlichen Kirche infrage, was für viele gleichbedeutend damit war, selbst im Dienste des Bösen zu stehen. Beweise für einen solchen Bund mit dem Teufel entdeckten die klerikalen Kritiker in allem, was Rockmusik ausmacht: in ihrer afroamerikanischen Herkunft, ihren sündigen Rhythmen, ihren gotteslästerlichen Texten und sogar in angeblich subliminalen Botschaften. Was folgte, war ein fundamentalistischer Kreuzzug gegen die Rockmusik. Doch obwohl in den Südstaaten der USA schon die Scheiterhaufen brannten, gewann der musikalische Feind immer mehr Zulauf: Die Konzertsäle füllten sich ebenso schnell, wie sich die Kirchen leerten. Nachdem John Lennon den Niedergang des Christentums verkündet hatte, nahm der Rock selbst immer religiösere Züge an - und bediente sich dabei religiöser Codes: Einige Künstler wollten die Seelen ihres Publikums erlösen, während Fans für ihre Idole Elvis Presley und Lemmy von Motörhead regelrechte Altare errichteten. Mittlerweile lassen sich Vermengungen der ehemaligen Erzfeinde der ganz anderen Art beobachten: Christliche Rockmusik begeistert die fromme Jugend, und Patti Smith, die Frau, die einst erklärte, ihre einzige Religion sei der Rock 'n' Roll, wird 2014 gar von Papst Franziskus eingeladen, beim Weihnachtskonzert zu singen. Mit Archivbildern und Zeitzeugen blickt Nicolas Lévy-Beff in seinem Film zurück auf sechzig Jahre des erbitterten Zweikampfs, in dem sich Gott, Teufel und Rock 'n' Roll scheinbar unversöhnlich gegenüberstanden.