Protest gegen "Judensau" in Wittenberg

Judensau
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Mittelalterliche "Judensau" ein Schmaeh- u. Spottbild auf die Juden, an der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg
Protest gegen "Judensau" in Wittenberg
Kurz vor den Feierlichkeiten zum 500. Reformationsjubiläum in Wittenberg wollen Persönlichkeiten aus Kirche und jüdischer Gemeinschaft gegen die umstrittene "Judensau" an der Stadtkirche der Lutherstadt protestieren.

Die Initiatoren sehen in dem Relief eine "anhaltende Schmähung jüdischer Menschen und des Judentums", wie aus ihrem Kundgebungsaufruf für den 28. Oktober hervorgeht, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Sie fordern, dass das Relief, im Original oder als Duplikat direkt neben der Kirche in einem "neugestalteten Kontext" präsentiert wird, um zum Nachdenken anzuregen und eine Absage an Antisemitismus zu formulieren.

Das Relief zeigt eine Sau, die Menschen säugt, gemeint sind Juden. Im Mittelalter wurden durch solche Abbildungen, die auch an anderen Kirchen zu finden sind, Juden geschmäht. Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums ist in Wittenberg eine Debatte um den Umgang mit der "Judensau" entbrannt, die wegen einer nachträglich ergänzten Inschrift auch "Luthersau" genannt wird. Eine andere Initiative fordert, dass das Relief an der Südseite der Kirche entfernt und in ein Museum überführt wird.

Die Initiatoren der Kundgebung für den 28. Oktober wollen, dass das Relief an Ort und Stelle für Besucher in den historischen Kontext eingeordnet wird. Sie verweisen in ihrem Aufruf dabei auf eine Erklärung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unter dem Titel "Umkehr und Erneuerung", mit der sie sich von Luthers Judenfeindschaft distanziert. Besonders in seinen späten Schriften hetzte der Reformator Martin Luther (1483-1546) gegen Juden - eine Schattenseite Luthers, mit der sich die evangelische Kirche anlässlich des Reformationsjubiläums mehrfach auseinandersetzte.

Gemeinde und Stadtrat bisher für Erhalt des Reliefs

Die Initiatoren der Protestkundgebung sind der ehemalige Studienleiter der Evangelischen Akademie in Hamburg, Ulrich Hentschel, der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik und der Theologe Uwe-Karsten Plisch. Hentschel zufolge wollen sie am 28. Oktober auf dem Marktplatz in Wittenberg unter anderem Passagen aus Luthers anti-jüdischen Schriften lesen. Die Gemeinde der Stadtkirche und der Wittenberger Stadtrat haben sich bislang für den Erhalt des Reliefs ausgesprochen.

Die evangelische Kirche feiert am 31. Oktober 500 Jahre Reformation. 1517 hatte Luther seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.