Ortsbürgermeister gerät in Debatte um "Hitler-Glocke" unter Druck

Ortsbürgermeister gerät in Debatte um "Hitler-Glocke" unter Druck
In der Debatte um die sogenannte "Hitler-Glocke" im pfälzischen Herxheim am Berg gerät Ortsbürgermeister Ronald Becker (Freie Wähler) wegen verharmlosender Aussagen zu Adolf Hitler zunehmend unter Druck.

In einer Stellungnahme des Gemeinderats wird Becker aufgefordert, sein Amt vor allem wegen seiner Äußerungen in der ARD-Sendung "Kontraste" niederzulegen. Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) sprach Becker von einem großen Missverständnis und kündigte eine Stellungnahme an.

Dem ARD-Magazin "Kontraste" hatte Becker gesagt, er sei stolz auf die Glocke in der evangelischen Jakobskirche mit der Inschrift "Alles fuer's Vaterland - Adolf Hitler". Außerdem sagte der Bürgermeister, dass Hitler immer nur mit den Greueltaten in Verbindung gebracht werde, nicht jedoch mit den Sachen, die in dieser Zeit auf den Weg gebracht worden seien und bis heute genutzt würden. Der Landesverband der Freien Wähler in Rheinland-Pfalz kündigte unmittelbar nach diesen Äußerungen an, über Maßnahmen gegen Becker zu beraten.

Seit Wochen erregt die 1934 gegossene Glocke die Gemüter in dem rund 750 Einwohner zählenden Herxheim am Berg im Landkreis Bad Dürkheim. Zunächst hatte der Ort erwogen, den Kirchturm zu schließen, um den Zugang zu der Glocke mit Hakenkreuz und Aufschrift zu verhindern. Mittlerweile hat der Gemeinderat beschlossen, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das die gesetzlichen und denkmalrechtlichen Bestimmungen klären soll, auf deren Grundlagen die Gemeinde ihr weiteres Vorgehen in Zusammenarbeit mit dem Presbyterium festlegen kann.

Inzwischen ist bekanntgeworden, dass möglicherweise eine weitere Glocke mit nationalsozialistischer Inschrift in der Wendelinuskapelle im südpfälzischen Essingen hängt. Auf ihr stehe "Als Adolf Hitler Schwert und Freiheit gab dem deutschen Land, goss uns der Meister Pfeifer, Kaiserslautern". Das jedenfalls geht aus dem 2008 erschienenen "Pfälzischen Glockenbuch" des Pfälzer Ruhestandspfarrers Bernhard Bonkhoff hervor.

Im Auftrag der protestantischen und der katholischen Kirchengemeinde Essingen, denen die Wendelinuskapelle gehört, sowie der politischen Gemeinde und des Heimatvereins St. Wendelinus soll die Glockensachverständige Birgit Müller auch diese Glocke begutachten. Dem epd sagte Müller, sie könne nicht bestätigen, dass die Glocke eine derart lautende Inschrift trage. Sie misstraue dem "Pfälzischen Glockenbuch". Zwischen dem Buch Bonkhoffs und der Wirklichkeit "klafft eine Lücke". Vieles stimme nicht mit der Realität überein, da das Buch in großen Teilen aus Akten recherchiert worden sei. Der Kritik Müllers widerspricht Bonkhoff. Er selbst habe alle Glocken, die er beschrieben habe, selbst gesehen.