Parteien zur Bundestagswahl 2017 im Check: AfD

Bundestagswahl 2017: Religion und Politik, Parteien im Check
Foto: epd-bild/Rainer Öttel / Collage: evangelisch.de
"Das Kirchenasyl halte ich für völlig falsch", sagt Alexander Gauland von der AfD.
Parteien zur Bundestagswahl 2017 im Check: AfD
Interview mit Alexander Gauland von der AfD zur Bundestagswahl 2017
Am 24. September 2017 wählen die Deutschen den Bundestag: evangelisch.de hat sechs zur Wahl stehende Parteien gefragt, wie sie zur Kirchensteuer, zur Sonntagsruhe und zum Kirchenasyl stehen. Hier sind die Antworten von Alexander Gauland, AfD.

[Amerkung der Redaktion: Die AfD hatte zum Zeitpunkt unserer Interview-Anfrage keine*n religionspolitische*n Sprecher*in. Sie hat uns deshalb Spitzenkandidat Alexander Gauland als Gesprächspartner zur Verfügung gestellt. Wir haben Herrn Gauland am 25. Juli 2017 interviewt, und zwar mit den gleichen Fragen wie die Vertreter der anderen Parteien auch. Da die AfD hohe Chancen hat, bei der Bundestagswahl 2017 ins Parlament einzuziehen, hatten wir sie in unsere Interview-Reihe zur Wahl mit aufgenommen - alle Gespräche finden Sie hier im Parteiencheck. Wir halten es für wichtig, dass sich Wählerinnen und Wähler auch zum Thema Kirche & Staat ein Bild über die Meinung von Parteien machen können, die voraussichtlich im Bundestag sitzen werden. Wir halten dennoch die AfD aufgrund ihres nationalistischen Programms und diverser Redensäußerungen ihrer Vertreter - Herrn Gauland eingeschlossen - für keine Partei, die Christinnen und Christen guten Gewissens wählen können.]

Welche Rolle sollte die evangelische Kirche in der Gesellschaft spielen?

Alexander Gauland: Die evangelische Kirche hat einen Auftrag. Diesen Auftrag hat sie nicht von den Menschen, sondern den hat sie aus ihrem Verständnis heraus von Gott. Und diesen Auftrag – nämlich das Wort Gottes in evangelischer Weise zu verbreiten – dass müsste und sollte ihr gesellschaftlicher Auftrag sein.

Wie stehen Sie zu politischen Äußerungen bzw. politischem Engagement der Kirchen?

Gauland: Ich stehe zum gesellschaftlichen und politischen Engagement der Kirchen sehr kritisch. Ich glaube, dass die evangelische Kirche den Auftrag, den ich eben formuliert habe, offensichtlich nicht mehr erfolgreich wahrnimmt. Sie weicht ununterbrochen auf Politik aus und ist inzwischen fast so etwas wie ein "Anhängsel" der im Bundestag vertretenen Parteien geworden. Diese Entwicklung habe ich immer für falsch gehalten.

Wie arbeiten Sie mit der evangelischen Kirche zusammen und wie funktioniert das?

Gauland: Es gibt keine Zusammenarbeit, sondern nur eine starke Ablehnung. Ich muss mir da ja nur mal Äußerungen von Kirchenführern anhören: Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm will nichts mit uns zu tun haben; Bischof Markus Dröge von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz will nichts von uns wissen; Margot Käßmann spricht vom Kreuz, das keine Haken hat. Und das ist absolut albern, denn wir haben kein Kreuz mit Haken in der Partei. Aus diesen Gründen sehe ich überhaupt keine Zusammenarbeit. Es ist leider - das bedauere ich, weil ich aus einem evangelischen Haushalt komme - geradezu eine Feindschaft entstanden.

"Ich habe etwas dagegen, wenn die Regeln des islamischen Glaubens zu Wertentscheidungen in diesem Lande gemacht werden"

Was will Ihre Partei tun, um andere Religionen als das Christentum in Deutschland zu integrieren?

Gauland: Die Frage stellt sich nicht. Es ist nicht die Aufgabe unserer Partei, andere Religionen in dieses Land zu integrieren. Wir haben Gesetze und nach diesen Gesetzen müssen sich sowohl evangelische als auch katholische Christen, aber auch Hindus und Moslems richten. Wir haben ein besonderes Augenmerk auf den muslimischen Glauben, weil wir als Partei der Meinung sind, dass er in seiner derzeitigen Ausprägung mit der Scharia nicht mit dem Wertegerüst des Grundgesetzes in Übereinstimmung zu bringen ist. Wir sind der Meinung, dass der muslimische Glaube eine Religion ist, die sich auf Dauer in diesem Lande nicht mit unseren Wertvorstellungen verträgt. Und deswegen stehen wir von der AfD einer muslimischen Einwanderung besonders skeptisch gegenüber.

Alexander Gauland von der AfD beantwortet die Frage: "Was will ihre Partei für die evangelische Kirche tun?"

In Artikel 140 des Grundgesetzes sind Religionsfreiheit und kirchliches Selbstbestimmungsrecht in Deutschland auch im öffentlichen Bereich gewährleistet, anders als zum Beispiel in Frankreich. Wie stehen Sie dazu?

Gauland: Damit habe ich überhaupt kein Problem, damit hat auch die Partei kein Problem. Nur müssen Religionsgemeinschaften die Frage beantworten: Sind sie mehr als Religionsgemeinschaften für einen privaten Glauben? Und da sind wir wieder bei der islamischen Religion, die im Grunde genommen gerade so etwas wie eine Regelung von Staat und Gesellschaft enthält, die wir mit dem Grundgesetz für nicht vereinbar halten. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn jemand ganz privat seinen islamischen Glauben lebt. Aber ich habe etwas dagegen, wenn die Regeln des islamischen Glaubens zu Wertentscheidungen in diesem Lande gemacht werden.

Hält Ihre Partei an den Privilegien für die christlichen Kirchen fest?

Gauland: Die Privilegien der christlichen Kirchen sind in der Partei umstritten. Da gibt es keine einheitliche Meinung. Ich selbst halte trotz aller Enttäuschung gerade gegenüber der evangelischen Kirche daran fest, dass man an historisch gewachsenen Strukturen - und daraus haben sich diese Regeln für die beiden große Volkskirchen ja ergeben – festhalten sollte und dass ein Staat, der anders als Frankreich keine strikte Trennung von Staat und Religion in seiner Geschichte kannte, diese Tradition auch in dieser Form fortführen sollte.

Wie soll es Ihrer Meinung nach mit der Kirchensteuer weitergehen?

Gauland: Auch die Kirchensteuer ist in der Partei umstritten. Das steht nicht im Programm. Ich persönlich würde noch immer für die Beibehaltung der Kirchensteuer plädieren – allerdings mit wachsender Distanz. Aber das ist nur meine persönliche Meinung, bei diesem Thema hat es immer Diskussionen in der Partei gegeben.

"In einem Rechtsstaat ist kein Raum für ein Kirchenasyl"

Sollte es in Zukunft weiterhin konfessions- und religionsgetrennten Unterricht an Schulen geben?

Gauland: Das ist durch das Grundgesetz gedeckt und damit habe ich kein Problem.

Wie halten Sie es mit dem Kirchenasyl?

Gauland: Das Kirchenasyl halte ich für völlig falsch, weil in einem Rechtsstaat, der wir trotz aller Einschränkungen in letzter Zeit durch die Regierung immer noch sind, kein Raum für ein Kirchenasyl ist. Entweder hat ein Mensch Asyl in diesem Land, dann kann er das beantragen und gewinnt eine rechtliche Auseinandersetzung über Asyl oder er hat kein Asyl und wenn er kein Asyl hat, dann muss er das Land verlassen. Und da kann die Kirche keinen Extraraum bieten, sondern das muss genau nach rechtsstaatlichen Grundsätzen gehen.
Das Kirchenasyl wird gerade jetzt in der Flüchtlingskrise in Anspruch genommen - das kann man nicht als historisch gewachsen bezeichnen. Natürlich gab es in den vormodernen Zeiten so etwas Ähnliches, aber da hatten wir ja keinen durchgehenden Rechtsstaat, da hatten wir keine derartige Verfassungsordnung, die für alle Menschen gilt. Und zu diesen Zeiten hatte die Kirche eine besondere Schutzfunktion. Damals aber war das Kirchenasyl etwas Anderes: Da sollte Menschen, die eine Kirche erreichten, vor einer ungerechten staatlichen Gewalt geschützt werden. Das ist ja heute - da wir ein Rechtsstaat haben - gar nicht mehr denkbar.

Wie steht Ihre Partei zur Sonntagsruhe?

Gauland: Wir stehen der Sonntagsruhe sehr positiv gegenüber. Ich glaube, dass das alte biblische Gebot, dass der siebte Tag ein Ruhetag sein sollte - und dieses Gebot gibt es ja in ähnlicher Form in allen Religionen - richtig ist. Ich bin aber auch überzeugt davon, dass die immer stärkeren Ausnahmen von der Sonntagsruhe - die natürlich manchmal notwendig sind, wenn wir zum Beispiel an Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen denken – falsch ist. Den Ruhetag für mehr Konsum und offene Läden aufzuheben, habe ich immer für falsch gehalten.