Gisela on the road

Gisela H. unterwegs in ihrem Wohnmobil.
Foto: WDR/Jesus Munoz Garcia-Ligero
Gisela H. unterwegs in ihrem Wohnmobil.
Gisela on the road
Was sich im Fernsehen vom 5. bis zum 8. August 2017 zu gucken lohnt .

5.8., Arte, 20.15 Uhr: "Zeitenwende - Die Renaissance"

Im 14. Jahrhundert setzt eine wirtschaftliche, wissenschaftliche, technische, gesellschaftliche, religiöse und kulturelle Entwicklung ein, die in der Geschichte einzigartig ist: die Renaissance. Sie schafft einen neuen Typus Mensch, der nicht mehr bereit ist nur zu glauben, sondern den Dingen auf den Grund geht und sich selbst als ein göttliches Wesen begreift. Die zweiteilige Dokumentation begibt sich auf die Suche nach den Ursprüngen der Epoche: Oströmische Gelehrte bringen das verlorene Wissen der Antike in den Westen, lösen Innovationsschübe in allen Fakultäten aus - doch die Renaissance ist mehr als die Wiedergeburt der Antike, denn sie wird die Kenntnisse der Antike überflügeln. Die beiden Dokumentationen analysieren die Kettenreaktion des Fortschritts und ihre Auswirkung auf die Gegenwart. Sie wagen den Brückenschlag von der (Wieder-)Erfindung der Zentralperspektive zu CAD-Systemen, von Leonardos Maschinenmensch zu autonomen Roboterkickern. Bereits in der Renaissance existieren Global Player, Großbanken oder Massenkommunikation. Der Zweiteiler erzählt Geschichte phänomenologisch, erweitert die visuellen Instrumente der Dokumentation durch szenische Zeitreisen zu den Wendepunkten der Geschichte und verbindet Zeitraffung und Zeitdehnung mit einer cineastischen Optik. Man kann sagen, dass unsere moderne Welt ohne das, was die Renaissance erdacht und erfunden hat, unvorstellbar wäre.

6.8., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Mein neues Leben!"

Norman Striegel stellt in seinem Film drei Menschen vor, die nur um Haaresbreite demTod entronnen sind. Claudia Rothmann-Kehler überlebte vor zehn Jahren einen Flugzeug-Crash in Thailand. Neunzig Menschen starben. Viele wurden verletzt, körperlich und seelisch. Auch Rothmann-Kehler litt jahrelang. Aber sie wollte kein Opfer bleiben. Heute ist die 35-Jährige wieder glücklich, sie hat die Katastrophe als Teil ihres Lebens akzeptiert. Auch Thomas Staudinger hat ein Unglück überlebt, das er nie vergessen wird. Er saß in der Bahn, als vergangenes Jahr im bayerischen Bad Aibling zwei Züge ineinander rasten. Er hatte Glück und kam mit einem Nasenbruch und Prellungen davon. Zwölf Menschen starben. Die Bilder, Geräusche und Gerüche wird der 24-Jährige wohl nie vergessen. Er hat eine Trauma-Therapie gemacht und fühlt sich wieder einigermaßen sicher, fährt sogar wieder regelmäßig Bahn. Dass die Gedanken aber ein Leben lang um die Katastrophe kreisen, bestätigt Lothar Backes. Mit 87 Jahren hat er genug Lebenserfahrung um zu wissen, es hört nie auf. Backes war im saarländischen Luisenthal als Bergmann untertage, als 1962 eine Explosion 299 Menschen in den Tod riss. Er kam um Haaresbreite davon. Heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, lebt er sein Leben in vollen Zügen. Doch immer, wenn er von Unfällen, Naturkatastrophen oder Terroranschlägen hört, ist er wieder das Opfer von damals; die Erinnerungen lassen ihn nicht los.
Menschen, die verunglücken und überleben, haben einen besonderen Blick auf die Welt. Sie definieren ihr Leben neu, immer wieder. Claudia Rothmann-Kehler zieht eine positive Bilanz. Sie sagt, die Katastrophe habe sie zu dem gemacht, was sie heute ist.

7.8., 3sat, 23.55 Uhr: "37 Grad: Das Leben ist kostbar"

Aus einem Hotelzimmer dringt Lärm: Eine Frau schreit. Als die Angestellten kurz darauf die Tür öffnen, finden sie die Frau tot neben ihrem Bett. Überall im Zimmer ist Blut. Für Lars Althaus, Leiter der Rechtsmedizin in Duisburg, ist das Alltag. Auch abends, nachts und am Wochenende. Er untersucht Tatorte wie den im Hotel, führt jeden Tag Autopsien durch. Alles sieht nach einem Gewaltverbrechen aus. Die Polizei rückt deshalb gleich mit der Spurensicherung an. Es geht darum, Beweise zu sichern. Besonders wichtig ist dafür die Gerichtsmedizin. Wie immer in solchen Fällen rufen die Beamten deshalb auch sofort einen Rechtsmediziner. Die tägliche Konfrontation mit dem unerwarteten Tod von Menschen jeden Alters lässt Althaus viel über das Leben nachdenken: Jeder denkt, er werde neunzig, weshalb viele Menschen nicht den Tag genießen, sondern vieles auf später verschieben; vor allem ihre Träume. Schon seit Jahren möchten er und seine Frau auswandern. Lange waren es nicht nur die gute Stellung und das schöne Haus, die Althaus zurückgehalten haben. Es waren vor allem seine Mitarbeiter, die ihren Chef schätzen. Manfred Karremann hat den Rechtsmediziner in einer Phase des Umbruchs begleitet: Althaus und seine Frau verkaufen ihr Haus, kündigen Versicherungen und Telefonanschlüsse. Zwischendurch haben sie Zweifel, ob ihr Schritt richtig ist, aber dann wird ihre wichtigste Habe in Container verladen. Schließlich ist der "Tag X" da: der Abflug nach Curaçao, eine Insel 60 Kilometer vor Venezuela. Ohne Rückflugticket.

7.8., WDR, 23.10 Uhr: "Der letzte Mensch"

Als 15-jähriger hat Marcus die Konzentrationslager von Theresienstadt und Buchenwald überlebt. Nach der Befreiung änderte er seinen Namen und ließ sich in Deutschland nieder. Seine Überlebensstrategie nach dem Krieg war das Vergessen. Nichts ist passiert, der Horror hat nicht stattgefunden, seine Familie wurde nicht ausgelöscht. Als alter Mann holt ihn die Vergangenheit ein: Marcus (Mario Adorf) möchte als Jude bei den Seinen beerdigt werden. Dafür braucht er jedoch einen Beweis für seine Identität; die tätowierte Häftlingsnummer genügt den bürokratischen Rabbinern nicht. Also chauffiert ihn die freche junge Deutschtürkin Gül (Katharina Derr) in sein ungarisches Geburtsdorf, wo ihn jedoch keiner mehr kennt. Nur eine alte blinde Frau (Hannelore Elsner) scheint ihn erwartet zu haben. Der französische Dokumentarfilmer Pierre-Henri Salfati erzählt die Identitätssuche als unsentimentales Roadmovie.

8.8., Arte, 20.15 Uhr: "Count-Down in ein neues Zeitalter: Hiroshima"

Eine einzige Nuklearbombe war 1945 für die Auslöschung einer Stadt und den Tod von mehr als 100.000 Menschen verantwortlich. Die über Hiroshima abgeworfene Atombombe wurde damit zur verheerendsten Waffen in der Geschichte und hat die Welt für immer verändert. Diese Dokumentation rekonstruiert die wichtigsten Ereignisse vor, während und nach dem Abwurf. Der britische Film zeigt das Geschehen in den Hauptquartieren der alliierten und der japanischen Streitkräfte, die Gespräche in den Flugzeugen und die verwüsteten Straßen Hiroshimas; stellt die maßgeblichen Akteure vor und erläutert die Situation an den strategischen Punkten vor Ort. Reichhaltiges Archivmaterial, spektakuläre Bilder, vielfältige Quellen und berührende Gespräche mit den letzten Augenzeugen machen diese Analyse zu einem wertvollen Zeitdokument. Überlebende, die sich nie zuvor darüber geäußert haben, sprechen über Folgen der Bombardierung in der zerstörten Stadt. Waisenkinder wurden an Prostitutionsnetzwerke verkauft, Yakuza-Banden plünderten die Straßen und die letzten Stadtbewohner kämpften mit Gewalt ums Überleben. Unveröffentlichte Dokumente aus Regierungskreisen und neu entdecktes Archivmaterial der japanischen Rundfunkgesellschaft NHK bringen neue Erkenntnisse über die Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen den Konfliktparteien vor der Explosion. Neue Einblicke gibt es auch in die verheerenden Schäden, die der Atomwaffenabwurf anrichtete. Der Film konzentriert sich besonders auf die japanische Sicht der Ereignisse.

8.8., Arte, 22.50 Uhr: "Die Karawane der Pflegerinnen"

Jährlich kommen immer mehr Frauen aus Osteuropa nach Deutschland, um sich hier um alte Menschen in deren Haushalten zu kümmern und Geld zu verdienen. Derzeit sollen es zwischen 150.000 und 400.000 Pflegerinnen sein. Die Schätzungen schwanken stark, denn ihre genaue Zahl ist schwer zu bestimmen, da die meisten von ihnen schwarz arbeiten. Der stetig wachsende Bedarf hat einen Grund: Es gibt immer mehr Pflegebedürftige. Allein von 1999 bis 2013 stieg ihre Zahl von rund 2 auf etwa 2,6 Millionen. Für 2030 prognostizieren Experten 3,5 Millionen Menschen, die sich nicht mehr selbst versorgen können. Viele von ihnen möchten nicht ins Pflegeheim, sondern sich im häuslichen Umfeld betreuen lassen. Bei der sogenannten 24-Stunden-Betreuung oder -Pflege ist nicht nur die Schwarzarbeit ein Problem. Von Gewerkschaften, Arbeitsrechtlern und Sozialethikern werden die Arbeitsbedingungen vieler Betreuerinnen kritisch gesehen: Zum Beispiel zu lange Arbeits- und Bereitschaftszeiten. Auch die Beschäftigungsmodelle werden als rechtlich fragwürdig eingestuft: Ganz egal, ob die Frauen von einem ausländischen Unternehmen entsendet werden, ob sie selbständig arbeiten oder direkt bei den Familien angestellt sind. Die Dokumentation begleitet die 57-jährige polnische Betreuerin Alicja bei ihrer Arbeit im Haushalt einer an Demenz erkrankten 74-jährigen Deutschen und geht dabei der Frage nach, wie man den wachsenden Betreuungsbedarf alter Menschen in den reichen EU-Ländern decken kann, ohne die Rechte und die Würde der betreuenden osteuropäischen Frauen zu verletzen.

8.8., Arte, 23.45 Uhr: "Der Pflegeaufstand"

Noch nie lebten in Deutschland so viele Menschen in Pflegeheimen. Und noch nie stand Pflege so sehr in der Kritik. Weil der Verdacht besteht, dass die deutsche Pflegegesetzgebung die Würde des Menschen nicht ausreichend schützt, rief eine Gruppe von Klägern die Instanz an, die über das Grundgesetz wacht: das Bundesverfassungsgericht. Der Vorwurf: Der Staat vernachlässigt seine Schutzpflicht für hunderttausende pflegebedürftige Menschen und gefährdet damit Grundrechte. Der Film nimmt die Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zum Ausgangspunkt, um das System der Pflege zu hinterfragen. Wie ist das Pflegesystem seit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 in Deutschland organisiert, finanziert und wie wird Pflege kontrolliert? Welche Folgen hat es, dass die Pflegebranche seitdem zu einem lukrativen Markt geworden ist, der von den Marktakteuren weitestgehend selbst verwaltet wird, die sogar ihre eigenen Kontrollkriterien mitbestimmen dürfen? Die filmische Reise führt zum Pflegebeauftragen der Bundesregierung, zur Vorstandsvorsitzenden des größten europäischen Pflegekonzerns, zur Kontrolleurin des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, zum Quereinsteiger, der sein Pflegeheim eigentlich nur gekauft hat, weil er ein gutes Geschäft vermutete, zu den Juristen, die die Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ausgearbeitet haben, und in ein kleines privates Pflegeheim in Bayern, das beweist: Man kann gute und menschliche Pflege gewährleisten. Es gibt keine einfache Antwort, kein simples Urteil. Aber es gibt ein grundsätzliches Problem: Pflege ist zu einem lukrativen Geschäft geworden - und das System der weitgehenden Selbstverwaltung lässt Marktkräfte wirken, die die Interessen der Pflegebedürftigen ins Hintertreffen bringen.

9.8., WDR, 22.55 Uhr: "Wählt mich! - Wie Parteien um Stimmen werben

Am 24. September ist es wieder so weit: Der 19. Deutsche Bundestag wird gewählt. Wieder einmal werden die Spitzenkandidaten durchs Land reisen, werden die Parteien ihre Plakate kleben und in den Fußgängerzonen Luftballons, Fähnchen und Kugelschreiber verteilen. Und schon jetzt zeigt sich, wie wichtig der Wahlkampf ist. Mit welchem Spruch kommt der Kandidat beim Bürger an? Welche Themen werden genannt? Was wollen die Wähler? Die Dokumentation zeigt die Kandidaten von 1949 bis heute. Erinnert an witzige Wahlspots und lässt ehemalige Politiker ihre Gefühle bei den damaligen Wahlkämpfen erzählen. Ob Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder oder Angela Merkel, seit Jahrzehnten sind die Kanzlerkandidaten und ihre Wahlversprechen Teil ausgeklügelter Kampagnen: ein Produkt, das erfolgreich dem Wähler verkauft werden soll.
"Keine Experimente", "Willy wählen", "Kanzler für Deutschland" - anhand der Slogans lässt sich die jeweilige politische Gemütslage der Deutschen ablesen. Denn Wahlkampagnen sagen immer auch etwas aus darüber, was die Bevölkerung umtreibt, was sie hofft, fürchtet, ratlos macht.
Heute entwickeln hoch bezahlte Werbeagenturen die Kampagnen. Sie stilisieren gesellschaftliche Konflikte zu Schicksalsfragen hoch, bauen die Kandidaten systematisch zu "Machern" und "Gewinnertypen" auf. Doch zimperlich sind die Politiker mit dem politischen Gegner nie umgegangen: Im ersten Bundestagswahlkampf 1949 beschimpften sich Konrad Adenauer und der SPD-Chef Kurt Schumacher gegenseitig als "Lügenauer" und "Rattenfänger". Und in den TV-Debatten der siebziger Jahre warfen sich Helmut Schmidt und Franz-Josef Strauß gegenseitig vor, das politische Klima im Wahlkampf vorsätzlich zu vergiften. In der Dokumentation erzählen Politiker wie Norbert Blüm, Gerhart Baum, Antje Vollmer und Gregor Gysi von ihren persönlichen Erfahrungen während der Wahlkämpfe. Daneben geben Wahlkampfstrategen Einblick in ihre Arbeit. Der Film bietet eine bunte und rasante Zeitreise durch fast siebzig Jahre bundesrepublikanischer Geschichte: von den skurrilen Zeichentrickfilmen der 1950er Jahre bis zur Werbung auf Facebook und Twitter.

9.8., BR, 19.00 Uhr: "Stationen"

Im Rahmen einer Reihe von Sommerporträts hat das Team von "Stationen" besondere Plätze im Allgäu besucht. "Bloß it hudla" (nur nicht hetzen) ist das Motto der Sendung. Sie stellt eine abwechslungsreiche Landschaft vor, in der Menschen an schier unmöglichen Stellen Kapellen gebaut haben. Diese Orte erzählen von Leid und Trost, von Sorgen, Bitten und Dank. Der Film von Andrea Kammhuber ist eine Spurensuche mit erstaunlichen Geschichten rund um Nesselwang, Hindelang, Oberstaufen und Oberstdorf.

9.8., MDR, 20.45 Uhr: "Macht als Droge"

Macht ist eine positive Kraft. Sie führt dazu, aktiv zu sein, sich für andere ein- oder gegen deren Willen durchzusetzen. Soweit die Theorie, aufgestellt vom deutschen Soziologen Max Weber. Doch Macht verändert auch: Denn paradoxer Weise verlieren Führungspersonen genau die positiven Verhaltensweisen, die dazu führten, dass sie überhaupt erst mächtig wurden. Am besten ist dieser Prozess bei Politikern zu beobachten. Vor den Augen der Öffentlichkeit verändern sie sich oft vom Idealisten zu Karrieristen. Ab ihrer Wahl an die Spitze werden sie plötzlich zu gefragten Leuten, die mit ebenso einflussreichen Leuten zusammenkommen. Macht macht sexy und wird zu der Droge, von der kaum ein Politiker und eine Politikerin freiwillig mehr lässt. Der Film begleitet den 35-jährigen sächsischen Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer auf seinem Weg nach oben, zu Macht und Einfluss. Für die CDU wurde er 2009 in den Landtag gewählt und vertritt dort seitdem forsch seinen Heimat-Landkreis Meißen. Der gelernte Koch sieht sich als bunter Vogel zwischen vielen studierten Abgeordneten. Doch sind die acht Jahre in der Landespolitik spurlos an ihm vorübergegangen? Oder hat er sich verändert, obwohl er das selbst nicht so wahrnimmt? Denn im Kreis der Mächtigen nimmt sich manch einer plötzlich wie selbstverständlich mehr Freiheiten, überschätzt seine Fähigkeiten, wird skeptisch gegenüber Kritik, findet kaum echte Freunde. Die Dokumentation erzählt von diesem Veränderungsprozess und fragt, ob es immer so sein muss. Experten erklären den Prozess aus wissenschaftlicher Sicht, analysieren ein Führungskräftetraining, sezieren die Sprache und erklären die Körpersprache der Macht. Die Alt-Politiker Wolfgang Thierse und Norbert Blüm reflektieren über ihre eigene Verführbarkeit, sich einzumischen und permanent wichtig zu sein. Beide erlebten die Machtkämpfe im Haifischbecken Politik und wissen, warum Macht so abhängig macht.

10.8., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Gisela on the road"

Endlich wieder unterwegs: Gisela steigt in ihr blaues Wohnmobil. Sie kommt gerade von ihrer Tochter, die sie einmal im Jahr, meist zu Ostern, besucht. Übernachten unter einem festen Dach ist für die 75jährige Frau die Ausnahme, denn Gisela ist immer "on the road". Den Winter tourt sie durch Marokko, weil ihr das Klima dort gut tut. Bis vor acht Jahren war sie fast ein Pflegefall, mit Aussicht auf ein Leben im Rollstuhl. Doch seit sie ihr geliebtes Wohnmobil besitzt, ist alles anders.
Gisela führte lange ein ganz normales Leben. Sie lernte Bürokauffrau, heiratete mit Anfang 20, bekam eine Tochter, wurde Hausfrau. Die Ehe zerbrach nach ein paar Jahren. Gisela suchte sich eine Arbeit, um für sich und ihre Tochter zu sorgen. Doch dann setzte ihr eine rheumatische Autoimmunerkrankung immer mehr zu. Sie konnte sich kaum bewegen und wurde mehrmals operiert.
Mit 67 Jahren beschloss Gisela, sich keiner weiteren OP mehr zu unterziehen. Sie änderte ihr Leben radikal, stellte ihre Ernährung um, verkaufte ihr Haus in Wuppertal und legte sich einen Fiat zu, den sie zu einem Wohnmobil umbauen ließ. Seitdem lebt sie auf der Straße. Freunde und Verwandte können nicht nachvollziehen, dass man so leben kann; schon gar nicht in ihrem Alter. Ihr Bruder versucht immer wieder, sie zu überreden, endlich wieder sesshaft zu werden. Ihre letzte Sommertour führte Gisela durch die Schweiz, Österreich, Kroatien, Slowenien und Ungarn. 2017 ist für Gisela ein ganz besonderes Jahr, denn sie macht sich auf in ihre Vergangenheit. 1945, sie war gerade drei Jahre alt geworden, musste ihre Familie aus Ostpreußen fliehen. Die Mutter zog allein mit zehn Kindern los, eine traumatische Erfahrung. Giselas jüngster Bruder erfror auf der Flucht. Obwohl sie damals erst drei Jahre alt war, hatte sie bis zu ihrem 23. Lebensjahr Albträume. Eine ihrer älteren Schwestern hat ihr später die "Geschichte des Überlebens" erzählt. Die anderen konnten nie darüber reden. Dieses Jahr nun fährt Gisela ihre Fluchtroute nach. Eine Reise in die Vergangenheit, frühesten Erinnerungen und der Geschichte ihrer Familie auf der Spur.

10.8., WDR, 23.25 Uhr:  "Hannas Reise"

Der Satz klingt zynisch, ist aber eher auf die Unbekümmertheit der Jugend sowie auf die Gnade der viel zu späten Geburt zurückzuführen: "Was mit Juden kommt immer gut; und behinderte Juden zählen doppelt." Mit diesen Motiven im Gepäck macht sich die Berliner BWL-Studentin Hanna auf den Weg nach Tel Aviv: Ein Praktikum in einer Behinderteneinrichtung soll ihren Lebenslauf mit sozialer Kompetenz aufhübschen und ihre Chancen vergrößern, nach dem Studium einen Job bei einer begehrten Unternehmensberatung zu ergattern. "Hannas Reise" ist eine typische "Coming of age"-Geschichte, ein Film über das Erwachsenwerden einer eher oberflächlichen jungen Frau (Karoline Schuch), deren Dasein bislang auf ihre Karriere fixiert war. Und noch ein reizvoller Aspekt zieht sich durch die Handlung, die auf Theresa Bäuerleins Roman "Das war der gute Teil des Tages" beruht, und auch diese Ebene bietet eine Menge Anknüpfungspunkte: Hanna hat seit vielen Jahren ein höchst schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter. Uta (Suzanne von Borsody) ist Friedensaktivistin und hatte nie viel Zeit für die Tochter; ihre Beziehung zu den eigenen Eltern war ähnlich kompliziert. In Israel findet Hanna raus, warum das so war: Neben der Arbeit in dem Behindertendorf soll sie auch Kontakt zu einer Holocaust-Überlebenden knüpfen. Die kluge alte Gertraud (Lia Koenig) erkennt die rothaarige Hanna sofort als Utas Tochter, denn auch die war vor vierzig Jahren bei ihr in Tel Aviv. Sie hat dort dank Gertraud Dinge erfahren, die sie ihre Eltern in einem völlig anderen Licht sehen ließen; und Hanna versteht endlich, warum ihre Mutter so ist, wie sie ist.

10.8., MDR, 22.35 Uhr: "Ich versteh' dich nicht!"

Heiko Müller schließt sich Anfang 2015 den Montagsspaziergängen der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes an". Nach geltenden Gesetzen hätten viele Flüchtlinge Deutschland nie erreichen dürfen, meint der EDV-Sachbearbeiter. Und er will vor allem mehr direkte Demokratie, mehr Volksentscheide, um die verkrusteten Strukturen der Altparteien aufzubrechen. 2016 wird Heiko Müller Mitglied der AfD. Nur über die Parlamente ließe sich, meint er, die Demokratie retten, die Flüchtlingsströme stoppen und der radikale Islam bekämpfen.
Elvira Plosz übernimmt 2015 die Leitung einer Flüchtlingsunterkunft. Auch um einen persönlichen Beitrag zu einer Willkommenskultur zu leisten, die sie in der Stadt vermisst. Die Sozialpädagogin setzt auf die persönliche Begegnung und die kleinen Schritte bei der Integration. Sie will, dass jeder Flüchtling, der in Deutschland lebt, ein faires Asylverfahren bekommt. Heute stehen Plosz und Müller in unterschiedlichen Lagern: Im Herbst 1989 waren beide für Freiheit und Demokratie auf der Straße. Der Film geht den DDR-Biografien und Nachwende-Erfahrungen der beiden nach und fragt: Wie kam es dazu, dass sie auf der jeweils anderen Seite landeten? Gibt es heute noch Gemeinsamkeiten, Verständigungsmöglichkeiten?