Zahl rechtsextremer Gewalttaten 2016 weiter gestiegen

Demonstration der fremdenfeindlichen "Pegida"-Bewegung im Januar 2016 in Köln.
Foto: epd-bild/Guido Schiefer
Demonstration der fremdenfeindlichen "Pegida"-Bewegung im Januar 2016 in Köln (Symbolfoto).
Zahl rechtsextremer Gewalttaten 2016 weiter gestiegen
Mehr als 23.000 Anhänger, davon über 12.000 gewaltbereit: Die rechtsextreme Szene gewinnt laut aktuellem Verfassungsbericht weiter an Zulauf. Neben den Neonazis werden demnach aber auch andere extremistische Milieus immer gewaltbereiter.

In Deutschland gibt es immer mehr Extremisten und diese zeigen sich immer gewaltbereiter: Wie aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht hervorgeht, haben sowohl links- und rechtsextremistische Szene als auch das radikal-islamische Milieu 2016 an Anhängern dazugewonnen. Die Zahl von Gewalttaten stieg insbesondere im Bereich Rechtsextremismus. Im vergangenen Jahr wurden 1.600 rechtsmotivierte Gewalttaten gezählt. Das waren fast 14 Prozent mehr als 2015 (1.408 Gewalttaten).

Die Anhängerschaft der rechten Szene wuchs 2016 auf mehr als 23.000 an. Mehr als die Hälfte der Personen galten als gewaltbereit. Dass die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten zunimmt, war bereits im vergangenen Jahr die besorgte Botschaft der Verfassungsschützer. Nach ihrem aktuellen Bericht hat sich das Problem weiter verschärft.

Verfassungsschutz beobachtet bei allen Extremen wachsendes Gewaltpotenzial

Erstmals im Verfassungsschutzbericht erwähnt sind die sogenannten Reichsbürger, die die Existenz der Bundesrepublik ablehnen. Seit vergangenem Jahr werden sie beobachtet. Der Verfassungsschutz geht von 12.800 Anhängern aus. Davon seien 800 offen rechtsextremistisch.

Zudem zeigten die Reichsbürger eine "hohe Affinität zu Waffen" und seien gewaltorientiert, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Den Angaben zufolge verfügen 700 Reichsbürger über eine Erlaubnis für den Besitz von Waffen. Bis Anfang Juni sei 100 Reichsbürgern diese Erlaubnis entzogen worden, sagte der Minister.

Für den Linksextremismus weist der Verfassungsschutz ebenfalls ein gestiegenes Personenpotenzial aus. 28.500 Menschen wurden 2016 der Szene zugerechnet, knapp 2.000 mehr als 2015. 8.500 von ihnen werden als gewaltbereit eingeschätzt. Die Zahl der linksextrem motivierten Gewalttaten hat 2016 dem Bericht zufolge aber abgenommen: 2016 wurden 1.201 Gewalttaten gezählt, 2015 noch 1.608.

De Maizière erklärte, die Entwicklung des Rechts- wie auch des Linksextremismus machten ihm Sorge. Mit Blick auf den anstehenden G20-Gipfel in Hamburg und die Mobilisierung von Linken zu Protesten warnte er, gewaltsame Demonstrationen stünden nicht unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen bezeichnete den islamistischen Terrorismus als größte Herausforderung und größte Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland. Seit 2015 sei Europa von einer bis dahin nicht gekannten Welle von Anschlägen betroffen. Die Zahl der Anhänger der radikal-islamischen Salafisten stieg seinem Bericht zufolge 2016 auf 9.700 (2015: 8.350). Die Zahl sogenannter Gefährder bezifferte de Maizière auf 680. Auch innerhalb der islamistischen Szene sei eine Kräfteverschiebung hin zum gewaltbereiten Spektrum zu beobachten, sagte er.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nannte es einen "beschämenden Befund", dass die Hemmschwelle für Gewalt sinkt. Immer engeren organisatorischen Zusammenschlüssen von radikalen Gruppierungen dürfe nicht tatenlos zugesehen werden. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagte, der Anstieg vor allem rechtsextremer Gewalt müsse als Alarmsignal verstanden werden.

Trotz des wachsenden Bedrohungspotenzials aus den extremistischen Milieus warnte de Maizière vor Panik. Knapp 10.000 Islamisten sowie die wachsende Zahl Rechts- und Linksextremer seien Anlass zur Sorge, "aber sie sind keine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität unserer Demokratie", betonte er.