Drei Viertel der Deutschen für Gleichstellung Homosexueller

 Die Abstimmung über die "Ehe für alle" könnte Schwulen und Lesben den Traum erfüllen, als gleichgestellte Ehepartner ein Kind adoptieren zu können.
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Die Abstimmung über die "Ehe für alle" könnte Schwulen und Lesben den Traum erfüllen, als gleichgestellte Ehepartner ein Kind adoptieren zu können.
Drei Viertel der Deutschen für Gleichstellung Homosexueller
Der Bundestag beschäftigt sich am Freitagmorgen mit der "Ehe für alle". Wie die Pressestelle des Parlaments am Donnerstag mitteilte, ist das Thema erster Tagesordnungspunkt der Sitzung, die bereits um acht Uhr beginnt.

Ob es tatsächlich zu einer Abstimmung über die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare kommt, ist noch nicht ganz sicher. Zunächst stimmen die Parlamentarier über einen Antrag zur Erweiterung der Tagesordnung ab. Nur wenn es eine Mehrheit dafür gibt, wird danach über die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe debattiert und abgestimmt.

SPD, Grüne und Linke hatten am Mittwoch im Rechtsausschuss gegen die Stimmen der Union durchgesetzt, dass das Thema noch in dieser letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause auf die Tagesordnung des Bundestagsplenums kommt. Die drei Fraktionen haben dort eine knappe Mehrheit von 320 der insgesamt 630 Stimmen.

Die Union fühlt sich überrumpelt von dem im Schnellverfahren angesetzten Tagesordnungspunkt zur "Ehe für alle". Vertreter von CDU und CSU stimmten im Ausschuss gegen die Abstimmung. Votieren sie am Freitag auch geschlossen gegen die Aufsetzung des Tagesordnungspunkts, dürfte das Ergebnis knapp ausfallen.

Kommt es allerdings zur Abstimmung, ist eine Mehrheit für die Gleichstellung schwuler und lesbischer Paare zu erwarten. Auch unter Unionsabgeordneten finden sich Befürworter der "Ehe für alle". Für sie ist die Abstimmung freigegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das Anfang der Woche in Aussicht gestellt und damit die neue Dynamik bei dem lang umstrittenen Thema ausgelöst. Die SPD hatte danach angekündigt, eine Abstimmung im Bundestag durchzusetzen, nachdem sie diese aus Koalitionstreue lange Zeit mit blockiert hatte.

Mit dem Gesetzentwurf aus dem Bundesrat, der im Bundestag abgestimmt werden soll, würde im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben, dass auch zwei Personen gleichen Geschlechts eine Ehe eingehen können. Seit 2001 können homosexuelle Paare eine Lebenspartnerschaft eingehen, die der Ehe weitgehend gleichgestellt ist. Schwule und Lesben dürfen bislang aber nicht gemeinsam ein Kind adoptieren.

Nach einer aktuellen Umfrage ist eine Mehrheit der Deutschen für die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Wie die "Bild"-Zeitung (Donnerstag) mit Verweis auf eine Insa-Umfrage vom Mittwoch berichtet, sind 74,7 Prozent der Befragten für die "Ehe für alle", 19,8 Prozent sind dagegen. Zwei Drittel der 1.001 Befragten (65,9 Prozent) befürworten zudem ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Rund jeder Fünfte (22 Prozent) ist der Umfrage zufolge dagegen. In früheren Umfragen lag die Zustimmung zur "Ehe für alle" sogar bei mehr als 80 Prozent.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte die geplante Öffnung der Ehe für Homosexuelle. "Die Bedeutung der Ehe zwischen Mann und Frau wird dadurch keineswegs geschmälert. Im Gegenteil - sie wird noch einmal unterstrichen", erklärte der Rat der EKD am Mittwochabend in Hannover. Zur Frage des "rechtlichen Rahmens" gebe es in den 20 evangelischen Landeskirchen indes "unterschiedliche Auffassungen, die auch weiterhin ihre Berechtigung haben werden".

Vor der Beschäftigung im Parlament geht auch die Debatte weiter, ob für die "Ehe für alle" ein einfaches Gesetz ausreichend ist. "Artikel 6 Grundgesetz umfasst nach ständiger Auslegung des Bundesverfassungsgerichtes die Ehe zwischen Mann und Frau", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstag). Diese Rechtsauffassung könne nicht durch ein einfaches Gesetz außer Kraft gesetzt werden, sondern bedürfe einer Änderung des Grundgesetzes.

Die SPD-Fraktion ist anderer Meinung. "Eine Grundgesetzänderung wäre ein starkes Zeichen gewesen, aber darüber war mit der Union nicht zu verhandeln", sagte der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner der Zeitung. Ein für die Fraktion erstelltes Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung komme aber zu dem Schluss, dass eine einfachgesetzliche Regelung ausreiche, ergänzte er.