Kirchentagspräsidentin: Kirche ist mehr als Sakramente und Predigt

Kirchentagspräsidentin: Kirche ist mehr als Sakramente und Predigt
Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au wünscht sich eine Kirche, die sich mehr auf ihre Botschaft konzentriert. "Lassen wir die Sorge sein, ob wir richtig oder falsch Kirche sind, lassen wir uns vom Geist herauswehen auf die Gassen", sagte die Theologin am Samstag auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin.

Es reiche nicht, wenn in der Kirche gepredigt und die Sakramente ausgeteilt würden. Die Kirche müsse sich fragen, wie sie die Botschaft der Befreiung des Einzelnen nach außen verkünden könne. "Wenn diese Botschaft nicht durchkommt, haben wir ein ganz anders Problem als die Kirche vor 500 Jahren", sagte Aus der Au in Anspielung auf die Anfänge der Reformation im 16. Jahrhundert.

Die reformierte Theologin bezog sich auf Aussagen der US-amerikanischen Pastorin Nadia Bolz-Weber aus Denver. Die beiden Theologinnen sprachen über die Frage, wie sich die Kirchen verändern sollten. Bolz-Weber rief die Kirche dazu auf, die Botschaft von Buße, Gnade, Vergebung der Sünden und der Befreiung des Menschen durch Gottes Botschaft in den Mittelpunkt zu stellen. 

Schon Martin Luther (1483-1546) sei es nicht zuerst um Theologie oder Politik, sondern hauptsächlich um Seelsorge gegangen, sagte sie. Er habe gewusst, unter welchen Ängsten die Menschen in seiner Zeit litten. Auch heute litten viele Gläubige unter ihren Sünden und fühlten sich wertlos. Deshalb sei auch die Botschaft der Kirche heute: "Der Glaube erlaubt uns, nicht perfekt zu sein." Auch sie selbst sei alles andere als perfekt, sagte Bolz-Weber, die durch ihre Tätowierungen, eine bewegte Vergangenheit und die radikale Verkündung der Sündenvergebung bekannt ist. 2007 gründete sie die lutherische "Church for All Sinners and Saints" (deutsch: "Haus für alle Sünder und Heiligen").

Deshalb sollten Christen sich nicht um die kleiner werdende Institution der Kirche sorgen, denn das Wort von der guten Botschaft, dem Evangelium, werde immer überleben, sagte die Pastorin. Sie sei zwar dankbar für die lutherische Kirche, die die sakramentalen Praktiken und den theologischen Rahmen bewahrt habe. "Aber wir werden Menschen nicht anziehen mit dem Projekt, diese sterbende Kirche zu bewahren", sagte sie mit Blick auf die US-amerikanische lutherische Kirche. Das sei nicht das seelsorgerliche Bedürfnis, dass die Menschen in dieser "verwundeten und gebrochenen und wunderbaren Welt" hätten.