Schwesig erwartet klares Signal gegen Diskriminierung

Schwesig erwartet klares Signal gegen Diskriminierung
SPD-Ministerin Manuela Schwesig (SPD) kritisiert Kirchentags-Einladung an AfD-Politikerin
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) erwartet vom evangelischen Kirchentag ein klares Signal gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. In der politischen Auseinandersetzung werde wieder ein anderer Ton gebraucht, sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf den Rechtspopulismus. Sie kritisierte, dass auch eine Vertreterin der AfD auf einem der Kirchentags-Podium mitdiskutieren soll. Schwesig, die selbst evangelisch ist, wird am Donnerstag auf dem Kirchentag erwartet. Der 36. Evangelische Kirchentag findet in Berlin und Wittenberg statt.
23.05.2017
epd
Bettina Markmeyer

epd: An diesem Mittwoch beginnt der Kirchentag im Reformationsjahr, 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg. Erwarten Sie eine Zeitansage, ein politisches Signal von dem Christentreffen?

Manuela Schwesig: Das Motto des Kirchentags, "Du siehst mich", ist für mich hochaktuell. Wir erleben, dass Diskussionen immer hasserfüllter geführt werden, dass man den anderen nicht mehr sieht mit seiner Meinung, mit dem was er tut. Es gibt wieder politische Kräfte, die auf Ausgrenzung und Abgrenzung setzen.
Ich verstehe den Reformationsgedanken als Freiheit und Würde eines jeden Menschen - unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Religion und sexueller Orientierung. Aber das ist nicht selbstverständlich. Dafür müssen wir eintreten. Von dem Kirchentag muss das klare Signal ausgehen, dass wir wieder einen anderen Ton brauchen, einen respektvollen Umgang miteinander.

Die Organisatoren des Kirchentags haben sich entschieden - anders als der Katholikentag in Leipzig - auch eine Diskussion mit einer Vertreterin der AfD zu veranstalten. Wie sehen Sie das?

Schwesig: Ich respektiere die Entscheidung des Kirchentags. Es ist eine schwierige Debatte, bei der es Pro und Contra gibt. Allerdings finde ich es schwierig, dass eine AfD-Vertreterin dort ein Podium bekommt.
Der Kirchentag ist ein Ort, wo es um Haltungen und Orientierung geht. Streitbare Debatten auf dem Kirchentag sind gute Tradition - aber immer geprägt von dem Gedanken, viele Menschen friedlich zusammenzuführen. Ich kann nicht erkennen, dass die AfD dazu einen Beitrag leistet, der uns weiterbringt - im Gegenteil.
Ein Grundgedanke des Glaubens ist, dass die Menschen vor Gott alle gleich sind. Die AfD steht aber eher dafür, Menschen auszugrenzen, sie in Schubladen zu stecken, auch Hassbotschaften zu verbreiten und Rassismus zu schüren. Auf ihrem letzten Parteitag hat sie die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Frage gestellt.

"Der Glaube wächst ja im Herzen, genauso wie die Liebe"

Aber zeugt es nicht von Realitätssinn, wenn die Veranstalter die Auseinandersetzung mit Vertretern des Rechtspopulismus suchen? Auch unter Christen und in den Kirchengemeinden gibt es ja zahlreiche AfD-Anhänger.

Schwesig: Wenn es um Kirchenmitglieder geht, die der AfD anhängen, ist das was anderes. Da diskutiert man direkt miteinander, auf Augenhöhe. Der AfD auf einem Kirchentag kein Podium bieten zu wollen, heißt ja nicht, dass man sich nicht im Alltag mit der AfD auseinandersetzt. Aber auf einem Kirchentag geht es nicht allein um Unterschiede in der politischen Position. Da geht es um die Frage nach Werten. Die Werte der AfD widersprechen aus meiner Sicht christlichen Werten und sind nicht geeignet, den Menschen Haltung und Orientierung zu geben.

Frau Schwesig, Sie sind selbst evangelisch, obwohl Sie nicht religiös erzogen worden sind. Sie haben sich als Erwachsene taufen lassen. Hat dieser Schritt ihre Sicht auf die Politik verändert?

Schwesig: Die Entscheidung sich taufen zu lassen - gerade, wenn man sie im Erwachsenenalter trifft - ist eine ganz persönliche Entscheidung. Der Glaube wächst ja im Herzen, genauso wie die Liebe. Aber natürlich prägt mich der Glaube auch in meinem politischen Handeln. Die Idee der Nächstenliebe in der Bibel findet sich für mich politisch in der Solidarität wieder. Und der Grundgedanke, dass die Menschen vor Gott alle gleich sind, findet sich wieder in der Achtung der Menschenwürde. Bibel und Grundgesetz treffen sich da sehr stark. Gerade in der heutigen Zeit ist mein Eindruck, dass viele Menschen das Gefühl haben, ich bin nur etwas wert, wenn ich jemandem nütze, wenn ich einem Unternehmen nütze, wenn ich der Gesellschaft nütze. Deshalb ist es wichtig, immer wieder deutlich zu machen: Jeder Mensch ist etwas wert.

Und wie gehen Sie damit um, wenn der politische Alltag allzu weit weg ist von Ihren Glaubensüberzeugungen?

Schwesig: Dann versuche ich weiter dranzubleiben. Um Gerechtigkeit und Solidarität muss jeden Tag gestritten werden. Es gibt nicht den idealen Zustand - man muss sich immer wieder bewegen.