Frau Pfarrerin macht selten Karriere

Diese Bekleidungsvorschrift aus den 50er Jahren weiblicher Geistlicher ist in der Ausstellung "Katharina von Bora - von der Pfarrfrau zur Bischöfin" zu sehen. Heute liegt der Frauenanteil im Pfarrdienst  bei rund 37 Prozent.
Foto: epd-bild/Meike Boeschemeyer
Diese Bekleidungsvorschrift aus den 50er Jahren weiblicher Geistlicher ist in der Ausstellung "Katharina von Bora - von der Pfarrfrau zur Bischöfin" zu sehen. Heute liegt der Frauenanteil im Pfarrdienst bei rund 37 Prozent.
Frau Pfarrerin macht selten Karriere
Frauen sind in kirchlichen Führungspositionen in der Minderheit
Vor 25 Jahren wurde Maria Jepsen in Hamburg zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin gewählt. Frauen sind in hauptamtlichen Führungspositionen in der evangelischen Kirche bis heute rar. Vorurteile stehen im Weg, sagen Expertinnen.

Das Beerdigungsgespräch verlief ganz normal, aber am Ende hatten die Gemeindemitglieder noch eine Frage: "Die Beerdigung macht aber nun Ihr Mann?" Mirjam Dembek erzählt von diesem Erlebnis vor einigen Jahren heute mit einem Schmunzeln. Sie ist inzwischen Pfarrerin in Kandel in der Pfalz. Mit ihrem Mann teilt sie sich eine Stelle. "Viele verbinden mit einem Mann anders als mit einer Frau eine natürliche Autorität", berichtet die 35-Jährige.

Frauen sind als Hauptamtliche in Führungspositionen in der evangelischen Kirche in der Minderheit. Prominente Frauen wie Maria Jepsen, die vor 25 Jahren in Hamburg zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin gewählt wurde, und Margot Käßmann, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) von 2009 bis 2010 und aktuell Botschafterin für das Reformationsjubiläum, sind Ausnahmen.

"Die Kirche beschäftigt zu fast 80 Prozent Frauen"

In den 20 Landeskirchen der EKD stehen Annette Kurschus in Westfalen und Ilse Junkermann in Mitteldeutschland als leitende Geistliche an der Spitze. Die Nachfolgerin von Maria Jepsen für den Sprengel Hamburg und Lübeck in der heutigen Nordkirche ist Kirsten Fehrs. Seit 2012 hat die Nordkirche zudem einen Landesbischof.

"Die Kirche beschäftigt zu fast 80 Prozent Frauen. Die allermeisten arbeiten in Kitas oder in der Pflege, nur wenige in Leitungsämtern", berichtet Kristin Bergmann, Leiterin des Referates für Chancengerechtigkeit der EKD. Im Pfarrdienst liegt der Frauenanteil aktuell bei rund 37 Prozent. Grundsätzlich gelte die Tendenz: "Je höher die Ämter, desto geringer der Frauenanteil", sagt Jantine Nierop, Leiterin des Studienzentrums der EKD für Genderfragen. Derzeit stehe die mittlere Ebene im Fokus, die Leitungsämter auf Bezirksebene zwischen Gemeinden und Landeskirche. Hier lag der Frauenanteil dem Gleichstellungsatlas der evangelischen Kirche zufolge 2013 bei 21 Prozent.

"Der Sprung aus dem Pfarramt nach oben ist ein schwieriger Schritt", sagt Nierop. Die Bewerber müssten sich einer Wahl stellen und träfen bisweilen auf Vorurteile: "Frauen mit Familie, die kandidieren möchten, werden oft gefragt, wie sie die Arbeit mit ihren eigenen Kindern eigentlich bewältigen wollen. Bei Männern spielen solche Gedanken kaum eine Rolle", sagt Nierop. Hinzu komme: "Frauen stecken in der Mutti-Falle. Viele Mitglieder der Gremien glauben, Frauen könnten nur kommunikativ führen und hätten nicht genug Härte und Durchsetzungskraft für Führungsaufgaben."

###galerie|142113|Von der Pfarrfrau zur Bischöfin###

Dass sich die Vorurteile bis heute hielten, liege auch an den Frauen selbst, sagt Nierop. "Frauen haben lange selbst betont, sie würden Führungspositionen anders ausüben als Männer. Auch in der feministischen Theologie war dieser Gedanke bis vor wenigen Jahren prägend."

Auch in anderen Bereichen der Gesellschaft wird über solche Stereotype diskutiert. Pfarrerin Dembek aus der Pfalz nahm an einem Mentoring-Projekt ihrer Landeskirche teil. Dabei tauschten sich Frauen aus der Kirche und aus Speyerer Behörden aus. "Die Situation von Frauen in Führungspositionen ist vergleichbar, die Probleme sind ähnlich", berichtet Belinda Spitz-Jöst, Gleichstellungsreferentin des Landeskirchenrats. Es gebe aber einen zentralen Unterschied: "Im Pfarrdienst gibt es einfach keine festen Arbeitszeiten."

Große Fortschritte seien in den vergangenen Jahren gemacht worden, betonen die Expertinnen. Dennoch wäre ein Kulturwandel nötig, sagt Bergmann. "Wichtig wären attraktive Rahmenbedingungen, also familienfreundliche Strukturen." Das könnte beispielsweise heißen, dass Kirchen ihren Mitarbeiterinnen Kita-Plätze garantierten.

Dembek begann ihre Arbeit im Pfarrdienst 2010. Sie war gleich für eine Kita zuständig. "Die Rolle der Chefin war mir anfangs sehr fremd. Darauf war ich im Studium und im Vikariat nicht vorbereitet worden."

Sie ist Mitglied des Bezirkskirchentags und stellvertretende Leiterin der Bezirkssynode. Aber würde sie hauptamtlich auf der mittleren Führungsebene arbeiten wollen? Es wäre ein großer Schritt, sagt sie. Sie würde sich fragen, ob sie dann genügend selbst gestalten könne. Außerdem stelle sie es sich schwierig vor, die Rolle zu gestalten. "Es herrscht immer noch die Vorstellung vor, dass ein Mann solche Ämter ausführt", sagt Dembek. "Es gibt nur wenige Vorbilder für Frauen in kirchlichen Führungsämtern."