EU-Gipfel auf Malta: Libyen soll Flüchtlinge aufhalten

EU-Gipfel auf Malta: Libyen soll Flüchtlinge aufhalten
In Libyen starten die meisten Flüchtlingsboote übers Mittelmeer in Richtung Europa. Die EU will daher enger mit dem nordafrikanischen Krisenland kooperieren, um die Fluchtbewegung einzudämmen. Menschenrechtler üben scharfe Kritik.

Die EU-Staaten wollen die Migration übers Mittelmeer nach Europa deutlich eindämmen und dafür enger mit dem Krisenland Libyen zusammenarbeiten. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Freitag auf einem Sondergipfel auf Malta. In einer Erklärung bekräftigten sie ihre Entschlossenheit, die Fluchtbewegung über die zentrale Mittelmeerroute zwischen Libyen und Italien zu reduzieren. Gegen Schleuser soll hart vorgegangen und der libysche Grenzschutz gestärkt werden.

Menschenrechtler übten scharfe Kritik an dem geplanten Flüchtlingspakt mit Libyen. "Der schändliche Deal, den die EU mit Libyen angepeilt hat, wird Zehntausende Menschen in einem von Konflikten zerrissenen Land einsperren, in dem sie ein hohes Risiko von Folter und Ausbeutung haben", sagte die Brüsseler Direktorin von Amnesty International, Iverna McGowan, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Europa zeige Flüchtlingen einmal mehr kaltherzig den Rücken. 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte den EU-Plan. Migrationspartnerschaften und Kooperation mit den Anrainerstaaten müssten die Antwort auf die Flüchtlingskrise im Mittelmeer sein, sagte sie auf Malta. Zugleich räumte die Regierungschefin ein, dass die libysche Einheitsregierung unter Premier Fajes al Sarradsch derzeit nicht genug Stabilität habe und nicht das ganze Land kontrolliere. Eine politische Lösung sei nötig.

Libyen muss laut Merkel in die Lage versetzt werden, die illegale Migration besser zu bekämpfen. Wichtig sei auch der Schutz der Grenze im Süden zum Niger, einem Transitland vieler Flüchtlinge. Auch soll Merkel zufolge die Situation der Migranten in Libyen in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen verbessert werden. In Libyen kämpfen seit dem Umsturz 2011 schwer bewaffnete Milizen um die Macht in dem ölreichen Land.

Im Fokus der EU-Maßnahmen gegen illegale Migration und Menschenschmuggel stehen der Erklärung von Malta zufolge das Training, die Ausrüstung und die Unterstützung der libyschen Küstenwache. Bereits laufende Programme müssten deutlich aufgestockt werden. Italien hatte bereits am Donnerstag eine Kooperation mit Al Sarradsch beim Grenzschutz vereinbart.

Im Rahmen der Operation "Sophia" gehen bereits Soldaten aus vielen EU-Ländern im Mittelmeer zwischen Italien und Libyen gegen Menschenschmuggel und Schleuser vor und retten Flüchtlinge aus Seenot. Zudem bilden sie Mitarbeiter der libyschen Küstenwache aus. Bald sollen erste Zertifikate für die durch die EU ausgebildeten Libyer vergeben werden.

90 Prozent der Mittelmeer-Flüchtlinge legen in Libyen ab

Langfristig geht es der EU auch darum, bereits in die EU gelangte Menschen leichter nach Nordafrika zurückbringen zu können. Als Vorbild gilt der EU-Türkei-Pakt, wonach die Türkei alle Migranten und Flüchtlinge, die seit dem 20. März 2016 über das Meer auf irreguläre Weise auf die griechischen Inseln gelangten, wieder zurücknehmen, sofern diese in der EU kein Asyl erhalten. Seither ist die Zahl der in Griechenland ankommenden Flüchtlingsboote deutlich zurückgegangen.

Im Jahr 2016 kamen nach EU-Angaben rund 181.000 Menschen in Booten über das zentrale Mittelmeer nach Europa. 90 Prozent von ihnen legen demnach in Libyen ab. Menschenrechtler warnen vor einem Flüchtlingspakt mit Libyen, weil Flüchtlinge und Migranten dort eingesperrt, misshandelt, ausgebeutet und ermordet werden.

"Der Libyen-Deal führt zur Doppelmauer gegen Schutzsuchende", kritisierte Günter Burkhardt, Geschäftsführer der Initiative Pro Asyl, am Freitag. Laut "Brot für die Welt" müssen Flüchtlinge müssten das Recht haben, in einem sicheren Staat Asyl zu suchen. "Die EU darf diese Verantwortung nicht in ein Land wie Libyen, das definitiv kein sicherer Drittstaat ist, auslagern", sagte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel.