Kirchliche Heirat ist nicht mehr selbstverständlich

Je jünger die Brautleute, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer kirchlichen Trauung.
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Je jünger die Brautleute, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer kirchlichen Trauung.
Kirchliche Heirat ist nicht mehr selbstverständlich
Nur noch knapp die Hälfte aller evangelischen Ehepaare heiratet auch kirchlich. Die Trauung werde damit immer mehr zu einer bewussten Entscheidung, sagt Kirchenrat Eckart Schwab von der Evangelischen Kirche im Rheinland.
26.01.2017
Themanepaket Kirchliche Trauung der Evangelischen Kirche im Rheinland
Evangelische Kirche im Rheinland

Ist kirchlich heiraten bei Paaren heute noch gefragt?

Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, kirchlich zu heiraten. 1990 lag die Trauquote in der rheinischen Kirche bei rein evangelischen Paaren bei 61,8 Prozent. Seit Ende der 1990er Jahre gab es einen deutlichen Rückgang bis auf 40,7 Prozent im Jahr 2015. 

Was sind die Gründe für diese Entwicklung?

Für viele Menschen steht die Trauung nicht mehr am Beginn einer Partnerschaft. Viele Paare leben schon eine längere Zeit zusammen, bevor sie sich für eine standesamtliche Hochzeit entscheiden. Das dämpft manchmal die Motivation, nach vielen Jahren des Zusammenlebens auch kirchlich zu heiraten. Andererseits zeigen Jugendstudien, dass traditionelle Werte und Lebensformen bei jungen Menschen wieder an Gewicht gewinnen.

Welche Paare entscheiden sich für die kirchliche Trauung?

Nach meiner Beobachtung sind es eher diejenigen, die zum ersten Mal eine Ehe schließen und die jung heiraten. Je jünger die Brautleute, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer kirchlichen Trauung. Vor allem entscheiden sich Paare für eine kirchliche Trauung, weil sie mehr oder weniger bewusst spüren, dass Menschen für die dauerhafte Gestaltung ihrer Beziehung Gottes Begleitung brauchen – auch wenn sie vielleicht keine regelmäßigen Kirchgänger sind.

Wie sieht es bei Eingetragenen Lebenspartnerschaften aus? Gibt es bei ihnen häufig den Wunsch nach einer kirchlichen Trauung?

Es sind oft sehr kirchlich verbundene Menschen, die sich eine Trauung wünschen. Statistische Zahlen dazu haben wir aber noch nicht. Ich bekomme regelmäßig Anfragen dazu aus vielen Gebieten unserer Kirche. Die Trauung wird immer mehr in Anspruch genommen - allerdings in den Städten häufiger als auf dem Land. Es gibt auch Gemeinden, die in der Vergangenheit eine kirchliche Trauung für eingetragene Partnerschaften ausdrücklich abgelehnt haben. Die Landessynode hat zugelassen, dass sie dabei bleiben.

Viele Brautleute  wünschen sich eine feierliche Zeremonie. Was gibt eine kirchliche Trauung den Eheleuten?

Für die rheinische Kirche ist entscheidend – und das wird auch in den Traupredigten zum Ausdruck gebracht – dass in der Trauung die eheliche Gemeinschaft der Brautleute gesegnet wird. Wir sagen Gottes Beistand und Schutz für das Paar und seine Gemeinschaft unter Handauflegung zu. Das ist die religiöse Dimension. Psychologisch betrachtet ist die kirchliche Trauung heute oft kein Passage-Ritus mehr, der am Anfang eines neuen Lebensabschnittes steht, sondern ein  Schritt in einem Entwicklungsprozess, den zwei Menschen miteinander gehen. Die Trauung bestärkt sie und festigt die Beziehung. Das spielt auch für die Gestaltung der Hochzeit eine große Rolle. Sie wird immer mehr zu einer Inszenierung der Eheleute für Familie und Freunde. Vielleicht findet eine kirchliche Trauung auch in einer Krisensituation statt, und das Paar verspricht sich davon die Stabilisierung einer gefährdeten Beziehung. Da es keinen gesellschaftlichen Druck mehr gibt, kirchlich zu heiraten, bietet  sich eine Chance für die kirchliche Trauung, weil sie zu einer bewussten Entscheidung wird.

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„Bis dass der Tod euch scheidet“ – Wie sieht die evangelische Kirche diese Formel des Eheversprechens?

In unserer Trauagende (Gottesdienstordnung für Trauungen) ist diese Formel weiterhin als eine Möglichkeit unter anderen vorgesehen. Die Pfarrerinnen und Pfarrer besprechen das in der Regel mit den Paaren. Grundsätzlich wird die kirchliche Trauung dann vollzogen, wenn beide Partner den ernsten Wunsch haben, bis an ihr Lebensende zusammenzuleben. Eine Trauung würde keinen Sinn haben, wenn die Partner von vorneherein die Ehe als eine Sache auf Zeit ansehen. Die kirchliche Trauung sagt Gottes Beistand zu für die gemeinsame Zeit bis zum Tod eines Partners. Das unterscheidet uns nicht von der römisch-katholischen Kirche. Was uns unterscheidet ist, dass die evangelische Kirche einen größeren Sinn dafür hat, dass diese Welt sterblich ist und auch Beziehungen sterben können. Ein Scheitern verschließt aber nicht den Weg, eine neue Beziehung vor Gott einzugehen. Die Wiederverheiratung Geschiedener ist deshalb kein Problem in unserer Kirche.

Ungewöhnliche Hochzeiten an ungewöhnlichen Orten werden immer beliebter. Wie verhält sich die rheinische Kirche beim Wunsch nach der Trauung außerhalb einer Kirche?

Die rheinische Kirche überlässt diese Entscheidung den Kirchengemeinden. Der Regelfall ist, dass die Trauung in der Kirche stattfinden soll,  „an einer öffentlich zugänglichen christlichen Gottesdienststätte“. Trauungen an anderen Orten sind nur in begründeten Ausnahmefällen und nur mit Zustimmung des Presbyteriums  zulässig. Ich beobachte eine Tendenz, immer offener und unideologischer mit solchen Wünschen umzugehen. Unabdingbar ist, dass der Ort frei zugänglich ist. Denn die Trauung ist ein Gottesdienst, der nach unserem Verständnis immer öffentlich ist. Eine Trauung im Fesselballon nur mit Brautpaar und Pfarrer ist nicht möglich.

Heutzutage wird die Hochzeit immer mehr zu einem professionell durchgestylten Event. Wie geht die rheinische Kirche damit um?

Hinter dem Wunsch nach einer perfekten Inszenierung steckt ein starkes Bedürfnis, das man ernst nehmen muss. Es ist der Versuch, durch eine möglichst perfekte Hochzeit eine Garantie dafür zu bekommen, dass auch die Ehe perfekt hält. Ich glaube nun nicht, dass die perfekte Form das erreicht. Diesen Wunsch der Menschen, eine Sicherheit zu bekommen, können wir aber aufgreifen und versuchen, ihnen behutsam eine Perspektive zu zeigen: dass es eben nicht auf die weiße Hochzeitskutsche ankommt, sondern darauf, dass man dem Partner die Liebe gibt und sie von ihm nimmt und sich darauf verlässt, dass Gott diese Liebe beschützt und die Kraft gibt, dass die Liebe hält.