Lutherbibel: Theologischer Berater kritisiert Kernstellen-Auswahl

 Mehr als fünf Jahre lang hatten rund 70 Theologen den Text geprüft und überarbeitet. Nun wird die Auswahl der fettgedruckten Kernstellen der Lutherbibel 2017 kritisiert vom theologischen Berater der neuen Lutherbibel-Revision, Hartmut Hövelmann.
Foto: epd-bild/Annette Zoepf
Mehr als fünf Jahre lang hatten rund 70 Theologen den Text geprüft und überarbeitet. Nun wird die Auswahl der fettgedruckten Kernstellen der Lutherbibel 2017 kritisiert vom theologischen Berater der neuen Lutherbibel-Revision, Hartmut Hövelmann.
Lutherbibel: Theologischer Berater kritisiert Kernstellen-Auswahl
Der theologische Berater der neuen Lutherbibel-Revision, Hartmut Hövelmann, hat die Auswahl der fettgedruckten Kernstellen der Lutherbibel 2017 kritisiert. "Wir sollten in unserer Bibel einfach keine Dinge optisch hervorheben, die für sich genommen theologisch falsch sind", sagte Hövelmann der "Welt am Sonntag". "Das ist in vielen Fällen mit der neuen Lutherbibel besser geworden. Aber eben nicht in allen."

Sogenannte Kernstellen sind eine Besonderheit der Lutherbibel. Dabei handelt es sich um Bibelstellen, die die Herausgeber besonders wichtig finden und deshalb fett drucken lassen. Der Nürnberger Theologe Hartmut Hövelmann hat den Lenkungsausschuss, das oberste Entscheidungsgremium der Lutherbibel-Revision, als Experte bei der Auswahl der Kernstellen beraten. Die Lutherbibel 2017 ist im Oktober 2016 erschienen.

Nach Hövelmanns Angaben ist der Lenkungsausschuss in mehr als hundert Fällen seinen Empfehlungen gefolgt, setzte sich aber in noch mehr Fällen über ihn hinweg. "Bibelverse durch selektiertes Markieren überhaupt erst zum kontextlosen goldenen Wort zu machen, ist ein unredliches und unvertretbares Verfahren", sagte er. Insgesamt handele es sich bei der neuen Revision um "eine konservative Überarbeitung", erklärte Hövelmann weiter. "Ob sie sich bewährt oder ob man da nicht doch noch einmal neu rangehen muss, wird sich zeigen."

Der Theologe und ehemalige Thüringer Landesbischof Christoph Kähler, der bei der Bibelrevision den Vorsitz des Leitungsausschusses innehatte, räumte Inkonsequenzen beim Projekt ein. Mit Blick auf die Auswahl der Kernstellen sagte er der "Welt am Sonntag": "Wir hatten klare Linien: Die Heils- und Gnadenbotschaft, die Luther so wichtig war, sollte betont, die moralischen Imperative eher zurückgenommen werden. Aber im Einzelfall gibt es natürlich immer Ermessensfragen. Bei so einem Mammutprojekt lassen sich Inkonsequenzen nie ganz vermeiden."

Kähler kündigte für den Herbst 2017 einen Abschlussband zur Revisionsarbeit an, der über das Making-Of und die Kontroversen unter den beteiligten Forschern informieren werde. "Darin werden wir unter anderem auch breiter auf die Auswahl der Kernstellen eingehen", erklärte Kähler. "Wir prüfen grundsätzlich alle kritischen Hinweise, die wir jetzt zu unserer Revision bekommen, sei es durch Rezensionen oder Zuschriften. Was uns überzeugt, wird die Deutsche Bibelgesellschaft nach Absprache mit dem Rat der EKD in einer überarbeiteten Ausgabe berücksichtigen."